
Selbst die Meteorologen sind verblüfft über den Rauch aus Kanada – nun kommt noch Saharastaub dazu
Kanada steht in Flammen. Im ganzen Land kämpft die Feuerwehr inzwischen gegen mehr als 200 Brände, von denen etwa die Hälfte nicht unter Kontrolle gebracht werden konnte. Die Waldbrände vernichteten insgesamt schon mehr als 3,2 Millionen Hektaren Land.
Die Rauchfahne dieser Waldbrände kommt bis zu uns – und das hat auch die Meteorologen von Meteo Schweiz «beeindruckt und verblüfft», wie Marco Stoll von Meteo Schweiz erklärt. So wurde das eigentlich sehr schöne und sonnige Wetter massiv getrübt, was uns am Ende des Tages eine herrliche rote Sonne an den Abendhimmel malte.
Die Waldbrände dauern an, weiter wird Rauch produziert
Heute Morgen hat sich der Himmel zwar wieder etwas aufgeklärt. «Aber die Waldbrände dauern an und damit auch die Emission von Russpartikeln, beziehungsweise Rauch, gutbürgerlich ausgedrückt», sagt der Meteorologe. Damit diese «Rauchwolken» auch mit signifikanten Konzentrationen bis nach Europa gelangen, muss einiges zusammenstimmen. In erster Linie natürlich die Windrichtung in die der Rauch getragen wird. Und zudem je nachdem wie sich die Luft durchmischt, verdünnt sich der Rauch auf dem Weg zu uns mehr oder weniger schnell.
Ein weiterer Faktor sind die Niederschläge: Werden die Rauchwolken in grossräumige Niederschlagssysteme eingemischt, werden die Russpartikel zügig ausgewaschen und so aus der Luft entfernt. Das war in den letzten Tagen nicht so.
«In den vergangenen fünf bis zehn Tagen haben alle diese Faktoren derart zusammengespielt, dass ein Ferntransport von Rauch der Waldbrände in Kanada nach Europa ohne Verdünnung und Auswaschung möglich war», sagt Stoll. Rechnen die Meteorologen die Wetterprognose-Modelle rückwärts, zeigt sich eindeutig, dass die Luft während unserer Phase der Trübung aus den Waldbrandgebieten Kanadas stammte.
Nun ist heute in den mittelhohen und höheren Luftschichten mit einer mässigen Westströmung bereits «saubere» Luft in den Alpenraum gedrungen. Das zeigt die Webcam der Bergbahnen Sörenberg auf dem Brienzer Rothorn momentan sehr eindrücklich. Die Kamera ist gemäss dem Meteorologen auf knapp 2300 Meter über Meer genau an der Obergrenze der immer noch stark mit Rauchpartikeln angereicherten Luftmasse gelegen. Und diese liegt immer noch über den Niederungen.
«In den Hochalpen ist diese Phase der Lufttrübung also bereits vorbei, die Prognoseunterlagen zeigen zumindest für heute weiterhin eine Zufuhr von sauberer Luft», sagt Stoll. Unterhalb von 2500 Metern sieht die Lage allerdings anders aus: Die Rauchpartikel sind hier auch heute noch gut erkennbar, die Luft ist sichtlich getrübt. Im Tagesverlauf kommt schwache Bise auf. Dabei wird von Nordosten her etwas weniger stark angereicherte Luft herangeführt. Deshalb wird sich die Konzentrationen mit der Zeit verdünnen. «Morgen Donnerstag dreht der Wind allerdings wieder zurück auf Südwest, sodass wahrscheinlich weiterhin eine leichte Trübung herrschen wird». Weniger gut sieht das für das Tessin aus, dort wird weiterhin eine leichte bis mässige Trübung herrschen.
Jetzt kommt noch der Saharastaub dazu
Als wäre der Rauch aus Kanada nicht genug, gelangt mit der Südwestströmung voraussichtlich von morgen Donnerstag, bis ungefähr am Sonntag Saharastaub in geringen Konzentrationen zum Alpenraum. Wahrscheinlich werden anfangs nur die höheren Luftschichten, im Verlauf des Freitags dann auch die Berglagen davon betroffen sein. Dort wird die Trübung somit wieder zunehmen. «Gleichzeitig formieren sich dann aber auch wieder vermehrt Gewitterherde, welche lokal die Luft auswaschen. Es ist kompliziert, wie immer beim Wetter!», sagt Stoll.
Trügt der Eindruck oder war die Trübung durch den Waldbrandrauch stärker als jeweils durch den Saharastaub? Das kann man nicht sagen. Die Trübung der Luft ist von vielen Faktoren abhängig. Zum Beispiel von der Konzentration, der Grösse und der Art der Aerosole in der Luft, also von Russ- und Staubpartikeln, Vulkanasche, anthropogenen Schadstoffen, aber auch von Salzen oder Pollen. Dann auch vom Feuchtegehalt, also feuchtem Dunst, und auch dem Einfallswinkel des Lichts. Oft wirken diese verschiedenen Faktoren zusammen, deshalb könne man nicht pauschal sagen, welcher von diesen Faktoren dominierten.