
«20 Prozent wären bitter»: Economiesuisse-Boss reagiert auf Trumps jüngste Zolldrohung – und wirbt für EU-Abkommen
Die Schweizer Politik und Wirtschaft warten angespannt auf Nachrichten aus Washington. Für Länder wie Japan (25 Prozent), Kanada (35 Prozent) oder Brasilien (50 Prozent) hat US-Präsident Donald Trump bereits die ab 1. August geltenden Zolltarife kommuniziert. In der Schweiz herrscht noch Ungewissheit.
Am von ihm als «Liberation Day» vermarkteten 2. April hatte Trump angekündigt, Einfuhren aus der Schweiz mit 31 Prozent zu besteuern. Tags darauf sistierte er diese Anordnung. Aktuell und noch bis zum 1. August gilt für Schweizer Exporte in die USA der universelle Zollsatz von 10 Prozent, wovon Pharmaprodukte ausgenommen sind.
Der Bundesrat hat sich intensiv um einen Deal mit der US-Regierung bemüht. Wie aus Bundesbern inoffiziell zu hören ist, sind diese Verhandlungen im Prinzip abgeschlossen und das Ergebnis ist vom Bundesrat letzte Woche abgesegnet worden. Doch noch fehlt die Zustimmung Trumps.
Ob dieser einwilligt, ist völlig offen. In der Nacht auf Freitag tönte Trump in einem Interview mit ABC an, den meisten Handelspartnern pauschale Zölle in Höhe von 15 oder 20 Prozent aufbrummen zu wollen.
«Mit 10 Prozent können wir umgehen»
«20 Prozent wären bitter», sagt Christoph Mäder, Präsident des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse, gegenüber CH Media – am Rande einer gemeinsamen Medienkonferenz mit dem Arbeitgeberverband zu den neuen EU-Abkommen.
In der Schweizer Wirtschaft gehe man davon aus, dass ein «Zoll-Grundsockel» bleiben werde. Das sei zwar bedauerlich, denn Zölle seien immer schädlich. Aber mehrheitlich, wenn auch nicht ausnahmslos herrsche in der Wirtschaft die Ansicht vor: «Mit 10 Prozent werden wir umgehen können.»
Mit Blick auf die drohenden Zölle und die geopolitischen Instabilitäten hätten stabile und zukunftsgerichtete Beziehungen zur EU für Schweizer Unternehmen nochmals an Bedeutung gewonnen, hat Economiesuisse-Präsident Mäder bei seinen einleitenden Worten an der Medienkonferenz betont.
Entscheidend sei auch die relative Position von Schweizer Exportunternehmen gegenüber anderen Mitbewerbern – aus anderen Staaten wie etwa dem EU-Raum, aber auch gegenüber den in den USA beheimateten Konkurrenzfirmen. Würden Schweizer Unternehmen stark benachteiligt, werden sie das spüren, so Mäder: «Denn die Konsumenten in den USA sind sehr preissensitiv.»
Der Kündigungsschutz als Zankapfel
An einer gemeinsamen Sitzung haben die Vorstandsausschüsse von Economiesuisse und des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV) am Donnerstag «nach breiter Konsultation unter den Mitgliedern» ihre Unterstützung für die neuen EU-Abkommen beschlossen.
Der Schritt kommt wenig überraschend. Bereits beim Abschluss der Verhandlungen hatten sie Zufriedenheit signalisiert. Laut Mäder hat jede Vorlage eine Kosten- und eine Nutzenseite. In der Abwägung «überwiegen aus Sicht der Wirtschaft die Vorteile bei Weitem».
Der per Video zugeschaltete Arbeitgeberpräsident Severin Moser sagte, einen besseren Deal zur Weiterführung des bilateralen Wegs werde die Schweiz nicht erhalten. Nun gelte es, diesen in der Gesetzgebung «verhältnismässig und unternehmensfreundlich» umzusetzen.
Die Arbeitgeber unterstützten die Massnahmen zum Erhalt des Lohnschutzes, auf die man sich mit den Gewerkschaften geeinigt hat. Der Bundesrat hat eine zusätzlich Massnahme eingebracht, die einer langjährigen Forderung der Gewerkschaften entspricht: Ein besserer Kündigungsschutz für gewählte Arbeitnehmervertreter, also etwa Mitglieder von Personalkommissionen. Dieser Vorschlag greife in den liberalen Arbeitsmarkt ein: «Wir lehnen ihn klar ab», sagte Moser.
Ob hier das letzte Wort gesprochen ist? Kategorischen Widerstand kündigten die beiden Wirtschaftsverbände zumindest nicht an. Mit dem EU-Abkommen steht für die Wirtschaft viel auf dem Spiel.