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«Es hat richtig gräblet»: Wohler Fahnenfirma erlebt Ansturm auf Ukraine-Flaggen

Noch nie wurde in der Fabrik von Alpenfahnen in Wohlen eine Flagge der Ukraine verkauft – bis am 24. Februar. Seither sind rund 250 blau-gelbe Fahnen verkauft worden. Um die Menschen dazu zu ermutigen, auf diese Weise ein Zeichen gegen den Krieg in der Ukraine zu setzen, reduziert das Unternehmen sämtliche Preise.

Nachrichten über das, was die Menschen in der Ukraine aktuell durchleben müssen, bedrückt die Gemüter auf der ganzen Welt. Das Mitgefühl mit den Betroffenen vor Ort und auf der Flucht löste eine riesige Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft aus, die auch über das Freiamt schwappte.

In der Region haben in der vergangenen Woche bereits unzählige Menschen Spenden in Form von Geld oder materiellen Gütern gesammelt. Sie beten und zünden Kerzen an, oder aber sie zeigen ihr Mitgefühl mit einem Symbol, das wohl emotional nicht aufgeladener sein könnte: Sie hissen die ukrainische Flagge.

Ein kleiner Akt für einzelne Personen, der aber eine grosse Bedeutung haben kann. Samuel Keller, Inhaber der Firma Alpenfahnen in Wohlen, sagt:

«Ein Land fällt, wenn es seine Flagge tut. Je mehr Fahnen hängen, desto mehr muss der Aggressor herunterreissen.»

Als eine von nur zwei Schweizer Produktionsstätten von Fahnen und Flaggen werden in seinem Unternehmen auch jene im ukrainischen Blau-Gelb hergestellt. Mit einer speziellen Aktion möchte Keller nun die Menschen ermutigen und dabei unterstützen, mit einem solchen Stoff-Rechteck ein Zeichen zu setzen.

Fahnen als Träger starker Emotionen

Bis in der vorvergangenen Woche die russischen Truppen in die Ukraine einmarschiert sind, wurde in Kellers Unternehmen noch nie eine Fahne in den Farben des osteuropäischen Landes gekauft. Bereits heute zählt Keller rund 250 Stück, die über seinen Onlineversand bestellt worden sind.

«Es hat am ersten Kriegstag angefangen», erzählt Samuel Keller. «Moderator und Meteorologe Jörg Kachelmann, der noch aus Militärzeiten ein Kollege von mir ist, hat bei uns eine Ukraine-Fahne bestellt. Er war schon immer ein Trendsetter», sagt er. Daraufhin hat sich der Firmeninhaber überlegt, wie er mit seinem Sortiment Solidarität ausdrücken könne. Er sagt:

«Fahnen sind starke Emotionsträger. Also habe ich mir überlegt, dass wir den Preis von unserem gesamten Ukraine-Sortiment reduzieren.»

Bereits am Wochenende des 26. und 27. Februar hätten viele Kundinnen und Kunden ein solches Produkt online erwerben wollen. «Leider hat das aufgrund eines technischen Fehlers in unserem Onlineshop nicht geklappt», sagt Keller. Doch bereits am Montag habe dieser behoben werden können. «Und daraufhin hat es gräblet.»

Bereits in der Mitte der Woche seien alle 20 Fahnenhandlungen, die es in der Schweiz gibt, ausgeschossen gewesen. «Nun ist es uns ein Anliegen, dass wir diese Geschäfte möglichst schnell wieder beliefern können», betont Keller.

Kein Geld, sondern Solidarität ist das Einnahmeziel

Hauptziel dieser Aktion sei nicht der Gewinn, denn am Verkauf der ukrainischen Flaggen – eine Flagge erhält man auf der Website von Alpenfahnen ab 20 Franken – verdiene die Firma bei diesem Preisangebot nichts. «Es geht uns hierbei nur um die Solidarität», so der Firmeninhaber.

Und diese scheint in der Region gross zu sein. «In der vergangenen Woche ist ein älterer Herr zu uns in die Fabrik gekommen, um seine Fahne abzuholen. Als ich sie ihm überreicht habe, sind bei ihm die Tränen nur so runtergekullert. Er war so gerührt und hat erzählt, wie leid ihm diese Menschen vor Ort tun», erzählt Keller.

Nebst den vielen Privatpersonen, die bei Alpenfahnen zu den Hauptkunden der Ukraineflaggen zählen, hätten auch einige Vereine ein Produkt erworben. Keller freut sich:

«Ein Quartierverein hat eine Fahne erworben und damit unsere Aktion mit einer Spendensammlung verknüpft.»

Damit alle Kundinnen und Kunden möglichst bald ihre Fahnen erhalten und auch andere Verkaufsstätten bald wieder blau-gelbe Flaggen im Angebot haben, gibt das Alpenfahnen-Team Vollgas. «In dieser Woche haben bei uns sogar am Sonntag Leute gearbeitet, damit wir schneller vorwärtskommen.»