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Zwei Monate mit dem Nachtsichtgerät auf der Pirsch – Abtwiler Schafzüchter Marcel Frei zieht Bilanz

Ende Januar hat ein Wolf in Unterkulm ein Schaf gerissen. Unter Schafzüchtern ging die Angst um. Marcel Frei wollte nach mehreren Zwischenfällen Gewissheit, welches Tier nachts um seine Herde schleicht. Nun erzählt er, ob die Beweissuche mitten in der Nacht erfolgreich war.

Im laufenden Jahr kam es im Aargau bisher zu einem bestätigten Wolfriss. Dieser geschah Ende Januar in Unterkulm. Zu einem weiteren Riss kam es Anfang März in Burg (Menziken). Für diesen Vorfall ist die DNA-Analyse noch nicht abgeschlossen.

Nachdem der Abtwiler Schafzüchter Marcel Frei im Frühling 2022 in Bonstetten 26 Tiere verloren hatte, blieb er 2023 bisher vor Rissen verschont. Allerdings kam es auf einem Weideplatz ausserhalb von Auw mehrfach zu Zwischenfällen. Wiederholt hat Marcel Frei dort kaputte Zäune und Pfotenabdrücke festgestellt.

Das bewog ihn zum Aufrüsten: Er platzierte nicht nur seine beiden Herdenschutzhunde in dieser Weide und stellte Kameras auf: Anfang Februar lieh er sich von der Jagd- und Fischereiverwaltung Aargau ein zusätzliches Nachtsichtgerät, um den Störenfried zu identifizieren. «Ich will endlich Klarheit, was Sache ist», sagte er damals gegenüber der AZ. Dreimal pro Nacht kontrollierte Marcel Frei fortan seine Tiere: einmal gegen 20 Uhr, einmal gegen 23 Uhr – und einmal nachts um drei Uhr.

Plötzlich wurde es ruhig

Mittlerweile sind zwei Monate vergangen. «Beweismaterial», das Frei Gewissheit verschafft hätte, liegt allerdings bis heute nicht vor, wie er am Telefon erzählt. Er und eine Begleitperson hätten zwar einmal etwas gesichtet, doch: «Um welches Tier es sich dabei handelte, weiss ich leider nicht.» Kurz darauf, sagt Frei, habe sich die Lage auf besagtem Weideplatz entspannt, keine kaputten Zäune, keine Pfotenabdrücke mehr.

«Seither blieb es ruhig», sagt er. In Aristau, wo derzeit die meisten seiner Tiere grasen, schaut nur noch ein Herdenschutzhund zum Rechten. Der andere weilt momentan bei seinem Besitzer in Elm. «Die Hunde brauchen von Zeit zu Zeit eine Pause», erklärt er.

Mit dem Einsatz von Herdenschutzhunden sieht sich Frei indes nach wie vor auf dem richtigen Weg – auch wenn er unter den Schafzüchtern in seiner Region damit eine Ausnahme ist und die Hunde auf Weiden in Siedlungsnähe nicht nur gern gesehen sind. Sein Ziel ist es, in absehbarer Zeit eigene Hunde zu besitzen, statt sie wie bis anhin von einem Bekannten leihen zu müssen. Den Halterkurs und den Ausbildungskurs für Herdenschutzhunde hat er bereits absolviert, nun belegt er den Züchterkurs, um in Zukunft auch für Drittpersonen Jungtiere züchten zu dürfen.

Unverhoffter Besuch von Pro Natura

Obwohl es im Aargau derzeit ruhig ist an der Wolfsfront, will sich Marcel Frei weiterhin für die Eindämmung des Wildtiers einsetzen. Dass ihm seine scharfen Äusserungen zuletzt das eine oder andere harsche E-Mail eingebrockt haben, schreckt ihn nicht ab.

Nach seinem Schlagabtausch mit Matthias Betsche, Geschäftsführer von Pro Natura Aargau, in der Sendung «TalkTäglich» kam es jüngst gar zu einer Art Annäherung: Wie während des Streitgesprächs abgemacht, besuchte Betsche ihn einige Zeit später auf seinem Hof. «Ich hätte nicht gedacht, dass er kommt», gesteht Frei, «doch er hat Wort gehalten und sich Zeit genommen, um meine Situation als Schäfer besser zu verstehen».