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Mut im richtigen Moment: Diese Aargauerinnen und Aargauer retteten Leben

Sie zogen eine Frau im Rollstuhl vom Gleisbett und stoppten bei einem Schwerverletzten die Blutungen: Die Carnegie Stiftung zeichnet vier Menschen aus dem Aargau aus, die durch ihr mutiges und selbstloses Handeln beeindrucken.

Manchmal sind es Sekunden, die über Leben und Tod entscheiden. In solchen Momenten brauchte es sie besonders: Menschen, die nicht wegsehen, sondern handeln. Vier Aargauerinnen und Aargauerinnen haben genau das getan. Sie retteten ein Leben und brachten sich dabei selbst in Gefahr. Dafür erhalten sie nun eine Ehrenmedaille.

Die Carnegie-Stiftung mit Sitz in Bern zeichnete am Freitag 20 Menschen aus der ganzen Schweiz als Lebensretterinnen und Lebensrettern aus. «Sie zeigen, was Zivilcourage bedeutet – und erinnern uns, wie wichtig es ist, füreinander einzustehen», schreibt die Stiftung in einer Mitteilung.

Ehepaar rettete Frau im Rollstuhl vor dem Tod

Die Rettung, an der Karin und Hans Dürrenberger aus Rheinfelden beteiligt waren, grenzt an ein Wunder. Nach einem Spaziergang mit Hündin Maila wollten die beiden in Kaiseraugst wieder in den Zug steigen. Da hörten sie einen Schrei. Sie rannten los und sahen eine Frau mit ihrem Rollstuhl auf den Gleisen liegen. Ohne zu überlegen, stiegen sie zu ihr hinab.

Der Beobachter hatte das Ehepaar schon im vergangenen Herbst für den Prix Courage nominiert, woraufhin auch die AZ von der Geschichte erfuhr. Wohl wegen des Adrenalins hätten seine Frau und er gar nicht bemerkt, dass sich ein Schnellzug nähert, erzählte Hans Dürrenberger. «Achtung!», habe die Begleitperson auf dem Perron geschrien. «Ohne den Warnruf wären wir alle drei nicht mehr da.»

Das Paar konnte zwar den schweren Motor des Rollstuhls, unter dem die Frau eingeklemmt war, wegschieben – doch sie blieb liegen. Im letzten Moment retteten sich Karin und Hans Dürrenberger selbst vor dem Zug. Als er vorbeigedonnert war, habe er sich kaum getraut, auf das Gleis zu schauen, sagte der Rentner. Doch auch die verunfallte Frau handelte instinktiv richtig: «Ich habe zu mir gesagt, du musst dich ganz flach hinlegen – so wie Tom Cruise in den Filmen», sagte sie zu Blick. Dass sie sich nur den Ellenbogen und das Handgelenk gebrochen habe, sei unfassbar.

Die 70-jährige Aargauerin, die an Multipler Sklerose leidet, geriet erst in die gefährliche Lage, weil sich ihr Handschuh im Rollstuhl einklemmte, sie so die Kontrolle verlor. Karin Dürrenberger verletzte sich bei der Rettung am Bein. Heute ist deswegen ihr Mittelfuss versteift.

Zwei Armeeangehörige halten Kollegen bei Bewusstsein

Bei einem weiteren dramatischen Vorfall im Juli 2024 in Chur griffen zwei Aargauer beherzt ein, als sie dort Militärdienst leisteten. Die Kompanie war gerade in den Feierabend entlassen worden, eine Gruppe lief in Richtung Innenstadt. Plötzlich raste ein Auto auf sie zu. Der Lenker hatte zu spät bemerkt, dass ein anderes Auto vor dem Fussgänger anhielt. Er wich aufs Trottoir aus und rammte fünf Armeeangehörige.

Vor diesem Fussgängerstreifen in Chur erfasste ein Autolenker fünf Armeeangehörige auf dem Trottoir.
Bild: Stapo Chur

Einen der Männer erwischte es besonders schwer. Er flog mehrere Meter durch die Luft und blieb regungslos am Boden liegen. In diesem Moment der Krise habe sich gezeigt, wer in der Lage ist, einen kühlen Kopf zu bewahren, sagte SP-Grossrat Martin Brügger, der an der Preisverleihung die Laudatio hielt. Rekrut Timo Vögtli aus Erlinsbach reagierte als erster, Leutnant Raphael Lachat aus Aarau und Soldat Timo Vögtli eilten ihm zu Hilfe. Die drei brachten den Verletzten in die Seitenlage und stillten seine Blutungen im Gesicht.

Mut, Pflichtbewusstsein und Kameradschaft – diese Werte der Schweizer Armee hätten die drei Männer auf aussergewöhnliche Weise verkörpert, sagte Brügger. Auch zeige der Vorfall, wie wichtig Erste-Hilfe-Kenntnisse seien. Der verletzte Kollege habe immer wieder das Bewusstsein verloren, die drei hielten ihn wach, bis die Rettungskräfte eintrafen und retteten so sein Leben.

Die Carnegie-Medaille für Zivilcourage wird in elf Ländern vergeben. Sie geht auf den US-Amerikaner und Philanthropen Andrew Carnegie zurück. Beeindruckt von zwei Männern, die bei einem Minenunglück Verschüttete retten, gründete er Anfang des 20. Jahrhunderts in elf Ländern Stiftungen, die solche Heldinnen und Helden auszeichnen. Geschäftsführerin der Carnegie-Stiftung mit Sitz in Bern ist die ehemalige Aargauer Nationalrätin Yvonne Feri. Wer Menschen kennt, die in der Schweiz ein Leben gerettet haben oder den Versuch dazu unternommen haben, kann dies der Stiftung über einFormular auf der Websitemelden. Der Stiftungsrat sichtet die Rettungsfälle periodisch. Nebst der Vergabe der Medaille entscheidet er auch über eine längerfristige finanzielle Unterstützung der Lebensretterinnen und Lebensretter. (kür)