
Zürich verbietet Laubbläser – und der Aargau?
Am Sonntag besiegelten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von Zürich das Ende eines jahrelang andauernden Konflikts. Mit einem Ja-Anteil von knapp 62 Prozent sprachen sie sich für ein Verbot von benzinbetriebenen Laubbläsern aus. Erlaubt bleiben elektrische Modelle, allerdings nur von Oktober bis Dezember.
Auch im Nachbarkanton Aargau sorgten die Geräte schon für Diskussionen. 2021 forderten Martin Brügger (SP) und weitere Grossratsmitglieder von GLP, Mitte, EVP und Grünen in einer Motion das «Unterbinden von unsinnigen Laubbläsereinsätzen». Ein generelles Verbot forderten sie nicht, ihre Kritik fokussierte sich auf den Einsatz im Wald und in Schutzgebieten. Es gebe Gemeinden, die sogar im Wald mit forciertem Einsatz von regelrechten «Laubbläser-Teams» im Herbst fast täglich versuchen, jedes Laubblatt von den Wegen zu blasen – dies mit viel Lärm- und CO₂-Emissionen, hiess es im Vorstoss.
Der Aargauer Forstverband liess die Kritik nicht auf sich sitzen und konterte mit einem Erklärungsversuch: Weil das Laub vermodere, bilde sich eine Humusschicht, welche die Waldwege beschädige. Damit keine solche Schicht entstehe, müssten die Blätter mit dem Laubgebläse von den Waldwegen geblasen und mit einem Bagger entfernt werden. Es sei unmöglich, die Blätter von Hand zu entfernen, sagte der Präsident des Försterverbands damals. Dies würde eine Ewigkeit dauern und zu viel kosten.
Der Regierungsrat sah keinen Handlungsbedarf. Laubbläser würden bereits zurückhaltend eingesetzt und die geltenden Gesetze reichten aus, argumentierte er. Das Kantonsparlament lehnte die Vorlage mit 75 zu 39 Stimmen ebenfalls ab. Was blieb, waren Kosten von 968 Franken für die Beantwortung.
Grünen-Grossrat möchte kein sofortiges Verbot
Martin Brüggers Vorstoss mitunterzeichnet hat damals Jonas Fricker (Grüne). Auf Anfrage sagt der Grossrat, dass er einen Wechsel von benzinbetriebenen auf elektrische Laubbläser auch im Aargau begrüssen würde. «Das hätte einen doppelten Nutzen: weniger Lärm und weniger ausgestossenes CO2», ist er überzeugt. Profitieren würden sowohl Menschen als auch Tiere.
Fricker hat jedoch keine Kenntnis von geplanten Vorstössen, welche ein Verbot à la Zürich fordern. «Ich finde es auch sinnvoller, keine neuen benzinbetriebenen Laubbläser mehr anzuschaffen, statt die Geräte sofort zu verbieten», sagt der Grünen-Politiker. Unabhängig des Modells ist ihm vor allem wichtig, dass sie zurückhaltend eingesetzt werden.
Martin Brügger, die wohl kritischste Anti-Laubbläser-Stimme des Aargaus, war für die AZ nicht erreichbar.
Bereits bestehende Lärmregelungen könnten greifen
Grundsätzlich kann jede Gemeinde benzinbetriebene Laubbläser verbieten oder einschränken. Allerdings sind dieser Zeitung keine generellen Verbote auf kommunaler Ebene bekannt. In vielen Polizeireglementen von Aargauer Gemeinden wird jedoch der Lärm allgemein geregelt. Sie erhalten etwa Verbote von lärmintensiven Tätigkeiten zu bestimmten Zeiten, was den Einsatz von Laubbläsern einschränken kann. Manchmal werden sie auch explizit erwähnt.
Doch wie oft führen Laubbläsereinsätze tatsächlich zu Konflikten? Hannes Streif ist Rechtsanwalt in Baden. Er betreibt die Website «Nachbarrecht Aargau», auf der man Wissenswertes zu Lärmstreitigkeiten findet. Ihm sei persönlich noch nie eine Nachbarschaftsstreitigkeit wegen Laubbläsern zugetragen worden, sagt Streif auf Anfrage. Auch sei ihm kein Fall aus dem Aargau bekannt, bei dem ein Gericht über den Einsatz von Laubbläsern entscheiden musste. Diesen Befund bestätigt auch eine kurze Recherche in den aargauischen Gerichts- und Verwaltungsentscheiden der vergangenen Jahre.
Laut dem Verband der Waldeigentümer kommt der motorisierte Laubbläser im Aargau seit über 40 Jahren zum Einsatz. Ob Lärm, Abgase oder Biodiversität: Letztlich gehe es um Toleranz, sagt Streif, und die könne sich in einer Gesellschaft mit den Jahren ändern. «Das Rauchen in den Beizen hat man auch jahrelang akzeptiert. Irgendwann hat sich der Zeitgeist geändert und es kam das Rauchverbot.» Der Zeitgeist wird wohl auch über die Zukunft des Laubbläsers im Aargau bestimmen.
Übrigens: Wer sich im Herbst lieber an den bunten Farben der Laubblätter erfreuen möchte, statt diese herumzublasen, kann sich mit dem Laubtracker über den aktuellen Verfärbungsgrad in der jeweiligen Region informieren.