
Zum 400. Geburtstag erhält der «Bären» ein neues Kleid
Sobald das Stichwort «Bären» fällt, gerät Stephan Hess ins Schwärmen: «Für mich als gebürtiger Aarburger, der immer noch in Aarburg im Städtli lebt, war der Auftrag, die Aussenhülle des ‹Bären› aufzufrischen, eine sehr emotionale und aufregende Sache. 1982 erhielt der ‹Bären› den letzten Anstrich in Altrosa, daran kann ich mich noch genau erinnern, ich war damals 16 Jahre alt und im ersten Lehrjahr als Maler im Betrieb von Bruno Müller in Zofingen.»
Maler ist der 59-jährige Hess geblieben, «mit Leib und Seele», wie er sagt. Heute ist er Inhaber und Geschäftsleiter des Unternehmens PPP-Maler mit rund 55 Angestellten. Hess und sein Team waren bereits 2022 für die Ausführung der Malerarbeiten in der sanierten und denkmalgeschützten Badi Aarburg verantwortlich. «Einige Leute waren anfangs wohl überrascht von der Farbigkeit. Tatsache ist: So sah die Badi bei ihrer Eröffnung 1931 aus, wir haben die Farben an der Dachuntersicht entdeckt, als wir die alten Farbschichten freigelegt haben.»
Der Anstrich aus dem Jahr 1982 … – Bild: Stephan Hess … und der neue Anstrich aus dem Jahr 2025. – Bild: Stephan Hess Der dreidimensionale Schriftzug wurde neu in Oxidrot gestrichen. – Bild: Stephan Hess Die Bärenfigur wurde von der Dispersion befreit, die Sterne zum Leuchten gebracht. – Bild: Stephan Hess
Kalkfarbe ist
keine Option mehr
Beim Gasthof Bären sei man ähnlich vorgegangen, erklärt Hess: «Als Erstes mussten wir herausfinden, welche Farbschichten sich unter dem altrosa Anstrich von 1982 verbergen. Dazu braucht es auch Fachwissen, man muss wissen, welche Pigmente und Bindemittel in welcher Epoche gebräuchlich waren. Der ‹Bären› ist ja eigentlich 400 Jahre alt, brannte aber 1840 nieder und wurde gleich danach wieder aufgebaut.» Damals habe man für die Fassade Kalkfarbe verwendet. Mineralfarben wurden erst ab 1878 populär. Kalkfarbe sei heute allerdings keine Option mehr, sagt Stephan Hess. Die schwefelsaure Umgebung, namentlich durch Abgase verursacht, würde der Kalkfarbe schlecht bekommen.
Der altrosa Anstrich von 1982, dem Barock-Stil entlehnt, wie Hess vermutet, wurde auf einen mineralischen Verputz gestrichen. «Leider hat man damals Dispersion verwendet, und diese hat sich dermassen in den Untergrund verankert, dass aus Budgetgründen der Altanstrich überarbeitet werden musste. Wir entschieden uns deshalb für eine vorverkieselte Mineralfarbe für die muralen Untergründe der Fassade und der Fenstergewänder. Sämtliche hölzernen Untergründe wurden wie seit hunderten von Jahren mit Ölfarben grundiert und lackiert.»

Bild: schwe
Die endgültige Farbgebung wurde in enger Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft und der kantonalen Denkmalpflege gesucht. Insbesondere beim Holzwerk im Dreieckgiebel konnte laut Hess die ursprüngliche Fassung und Farbsättigung in verschiedenen Grautönen aus dem Jahre 1841 übernommen werden. Für die Fensterläden wählte man einen leicht petrolgrünen Anstrich.
Der dreidimensionale murale Schriftzug, den man 1982 etwas lieblos, wie Hess findet, mit schwarzer Eisenglimmerfarbe gemalt hatte, erstrahlt nun wieder original wie 1840 in einem Oxidrot, das perfekt mit dem Rot im Muster des Bärenbrunnens harmoniert.
Glamouröse Goldsterne
als Dank für den Auftrag
Bei näherer Betrachtung der Bärenfigur unter dem Giebel, die nicht einfach ein Relief an der Fassade, sondern eine massive, in die Fassade eingelassene Steinskulptur ist, stellte der Malermeister fest, dass man 1982 auch hier gesündigt hatte: «Der Bär und der darauf sitzende Jüngling waren mit mehreren Schichten Dispersion übermalt, deshalb legten wir den Stein wieder frei. Nun ist er wieder naturbelassen, wie ursprünglich.»
Stephan Hess verbrachte nach eigenen Angaben «viel Zeit in luftiger Höhe bei der Bärenfigur», wovon auch unzählige Bilder zeugen, die er dem Journalisten auf seinem Smartphone zeigt. Dabei kam ihm die Idee, als Überraschung die beiden Sterne links und rechts der Figur zu vergolden. «Ich fand, etwas Glamour dürfte es schon sein. Ich wollte die Sterne richtig zum Leuchten bringen. Also fragte ich bei der Denkmalpflege an, die grünes Licht gab.» Hess vergoldete die Sterne in einer aufwändigen, mehrstufigen Prozedur mit Goldblättchen aus 23 ¾ karätigem Rosennobel Dukatengold und brachte sie tatsächlich zum Leuchten, wie er freudestrahlend sagt. «Die goldenen Sterne waren mein Dank an die Bauherrschaft für den wunderbaren Auftrag. Entdeckt haben die Kunden sie erst beim Kaffeetrinken in der Gartenwirtschaft.»
Wie lange das neue Kleid des «Bären» halten wird, kann Hess nicht mit Bestimmtheit voraussagen, dies hänge auch vom Unterhalt ab. «Was mit Sicherheit feststeht: Die verwendeten Anstrichstoffe werden mit Würde und Charme altern und bei nachfolgenden Renovationen ideale Untergründe für weitere Behandlungen darstellen. Der weitere Vorteil dieser Anstrichstoffe ist auch ihre Nachhaltigkeit und Ökologie. Die Farbgebung erfolgte mittels naturbelassener Erdpigmente.»
Dass der «Bären» genau dieses Jahr in neuem Glanz erstrahlt, hat einen konkreten Grund: Am 19. September wird «400 Jahre Bären» mit einem festlichen Jubiläumsmenü gefeiert.