
Zwei Modelle fordern die Aarburger Ortsbürger zum Entscheid über den Wald heraus
Beide Varianten bringen grundlegende Änderungen – und beide haben Vor- wie Nachteile. Was sie eint: Der bestehende Forstbetrieb wird so oder so aufgelöst, da Revierförster Jörg Villiger Ende Jahr frühzeitig in Pension geht.
Beitritt zum Forstbetrieb Region Zofingen (FBRZ)
In dieser Variante würde Aarburg dem Forstbetrieb Region Zofingen FBRZ beitreten und ihre 243 Hektaren Wald einbringen. Eigentümerin der Flächen bliebe die Ortsbürgergemeinde – die operative Bewirtschaftung würde jedoch vom professionell aufgestellten FBRZ übernommen. Dieser betreibt rund 1700 Hektaren Wald, ist gut ausgerüstet, kennt die angrenzenden Aarburger Flächen bereits – und bildet Lehrlinge aus. «Das heisst, sie denken an die Zukunft», lobte Alois Spielmann, Präsident der Forstkommission Aarburg.
Auch Matthias Kläy, Leiter des FBRZ, war an der Veranstaltung anwesend. Er betonte, dass Aarburgs Wälder gut ins bestehende Einzugsgebiet passten. Ein Beitritt sichere Arbeitsplätze in der Region und werde auch vom Verband sowie den Stadt- und Gemeinderäten der Mitgliedsgemeinden ausdrücklich begrüsst. Die Ortsbürgergemeinde Aarburg bliebe dabei aktiv und könne mitgestalten.
Trotzdem bleibt Skepsis: Einige Ortsbürger äusserten die Sorge, künftig nichts mehr zu sagen zu haben. Kläy versuchte zu beruhigen: Anliegen würden «kooperativ laufen» – und man strebe eine enge Abstimmung an.
Die Vorteile dieser Variante liegen vor allem darin, dass der Wald weiterhin gepflegt und genutzt wird. Dies sichert lokale Wertschöpfung, etwa durch Holzverkäufe oder die Ausbildung von Lernenden, und erlaubt Aarburg, über den Verband weiterhin Einfluss zu nehmen – wenn auch nicht mehr direkt. Auch könnten bestehende Infrastrukturen wie der Forstwerkhof und die Parzelle Antener künftig anders genutzt oder verkauft werden.
Dem gegenüber steht ein einmaliger Einkaufsbetrag von 420’000 Franken, den die Gemeinde bei einem Beitritt leisten müsste – wobei ein Teil als Sachleistung eingebracht werden könnte. Kritisch wird zudem gesehen, dass der direkte Einfluss auf die Waldnutzung sinkt. Auch ist absehbar, dass mit dem Auslaufen des bestehenden Hackschnitzelvertrags mit der Franke Schweiz AG Einnahmen wegfallen.

Bild: Lea Fabian
Naturwaldreservat – und 50 Jahre Verzicht
Ganz anders der Ansatz der zweiten Variante: Die gesamte Waldfläche – mit Ausnahme des Borns – würde für 50 Jahre vollständig stillgelegt und in ein kantonales Naturwaldreservat überführt. Dafür zahlt der Kanton netto 1,05 Millionen Franken an die Ortsbürgergemeinde. Die hoheitlichen Aufgaben würden ebenfalls vom FBRZ übernommen.
Für diese Variante sprach sich Erwin Städler, Leiter des Kreisforstamts, mit eindringlichen Argumenten aus – unterstützt von präparierten Insekten. 50 Prozent der holzbewohnenden Käferarten seien gefährdet, sagte er. Ein Naturwaldreservat biete weitaus bessere Bedingungen für Arten wie Pilze, Käfer und Fledermäuse. Besonders eindrücklich: In einem Naturwaldreservat wurden 124 Durchflüge der stark gefährdeten Mopsfledermaus gezählt – im Wirtschaftswald waren es nur zwei.
Doch auch hier blieb das Publikum kritisch. Wie wird sich der Wald in 50 Jahren entwickeln? Welche Holzqualität wäre dann überhaupt noch vorhanden? Diese Fragen blieben offen – zu viele Unwägbarkeiten, zu lange der Zeitraum. Auch die Sorge, dass Wege nach Stürmen unpassierbar werden könnten, wurde geäussert. Zwar sei in beiden Varianten vorgesehen, wichtige Wege wenn möglich freizuräumen, doch absolute Sicherheit könne es nicht geben.
Zu den Vorteilen dieser Variante zählen insbesondere die hohe Biodiversität, die durch die konsequente Stilllegung ermöglicht wird, sowie die langfristige finanzielle Sicherheit: Die Entschädigung durch den Kanton stärkt die Gemeindefinanzen deutlich. Auch laufende Verpflichtungen aus früheren Waldprojekten entfallen. Schutzwaldflächen bringen trotz Nutzungsverzicht weiterhin jährliche Beiträge und die Nutzung des Forstwerkhofs oder der Antener-Parzelle bleibt offen.
Gleichzeitig bedeutet der Verzicht auf jegliche Holznutzung einen kompletten wirtschaftlichen Rückzug aus dem Waldgeschäft – für ganze fünf Jahrzehnte. Unklar bleibt, wie sich der Wald in dieser Zeit entwickeln wird – ökologisch wie ökonomisch. Auch die Notwendigkeit zusätzlicher Absprachen mit der Einwohnergemeinde, etwa bei gemeinwirtschaftlichen Leistungen wie Bikerouten, wird als möglicher Stolperstein gesehen.
Varianten kommen am 19. Juni zur Abstimmung
Beide Varianten werden an der Ortsbürgergemeindeversammlung vom 19. Juni zur Abstimmung gebracht. Alternativen wie eine eigene Försterstelle oder eine externe Mandatslösung wurden zuvor geprüft, aber aus finanziellen, organisatorischen und strategischen Gründen verworfen.
Zum Schluss stellte Erwin Städler eine Frage in den Raum, die die Anwesenden nachdenklich entliess: «Was für Ansprüche habt ihr an den Wald?» Eine Frage, die wohl mit darüber entscheidet, welchen Weg Aarburg einschlagen wird.