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Volkswille ist zweitrangig: Parlament will Ausnahmen für neue Ferienwohnungen

Auch der Ständerat hat grünes Licht für eine weitere Lockerung beim Zweitwohnungsgesetz gegeben. Neu dürfen bei Sanierungen und Neubauten vermehrt auch mehr Wohnungen geschaffen werden.

Dem Zweitwohnungsgesetz wird erneut ein Zahn gezogen. Der Ständerat erledigte das am Dienstag präzis und scheinbar schmerzfrei. Mit 27 gegen 11 Stimmen entschied die kleine Kammer, dass Wohnungen, die vor der Abstimmung 2012 bereits gebaut waren, bei einer Sanierung oder einem Neubau um 30 Prozent erweitert werden dürfen – und dabei auch neue Wohnungen entstehen. Genau das ist heute in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent verboten.

Dass es sich dabei eigentlich um eine Aufweichung des Volkswillens handelte, war nur ganz am Rande Thema. Es sei ein weiteres Kapitel in der «akribischen Neutralisierung» der Zweitwohnungsinitiative, wie Mathilde Crevosier (SP/Jura) monierte. Die Linken wehrten sich gegen eine Aufweichung des Gesetzes. Allerdings war ihr Aufbegehren vergeblich ‒ wie in der Herbstsession schon im Nationalrat.

«Brandbeschleuniger für noch mehr Zweitwohnungen»

Die Befürworter betonten dagegen, dass es sich nur um eine «punktuelle Flexibilisierung» (Beat Rieder, Mitte/VS) handle. Gerade in vielen touristischen Bergorten gebe es für die lokale Bevölkerung kaum erschwinglichen Wohnraum. Auch führten die jetzigen gesetzlichen Schranken dazu, dass «dringend notwendige Investitionen in Altliegenschaften in Zweitwohnungsgemeinden nicht mehr getätigt werden».

Das Parlament ging am Ende weiter, als es der Bundesrat wollte. Auch dieser wollte, dass bei Erweiterungen neue Wohnungen geschaffen werden können, allerdings nur, wenn es sich dabei um Erstwohnungen handelt. Für diese Variante weibelten dann sogar bürgerliche Vertreter. Heidi Z’Graggen (Mitte/UR) sagte, sie habe Befürchtungen, dass «die Vorlage wie ein Brandbeschleuniger für noch mehr Zweitwohnungen und noch mehr Druck auf die einheimische Bevölkerung wirkt».

Beat Rieder sprach sich namens der Kommission gegen den bundesrätlichen Vorschlag aus. Es sei grundsätzlich an den Gemeinden, die Reglemente so anzupassen, dass es nicht zu einem neuerlichen Zweitwohnungs-Wildwuchs komme und die einheimische Bevölkerung an den Rand gedrängt werde. Viel mehr würde die Gesetzesanpassungen den Gemeinden eine Möglichkeit geben, damit die Entwicklung im Dorfkern vorangetrieben werden könne. Diese würden sich als Folge der Zweitwohnungsinitiative derzeit vielerorts «entleeren» und so unattraktiv werden, wie Rieder ausführte.

«Wir grätschen von rechts hinein»

Für Z’Graggen löst der Vorschlag die Probleme in den Dorfkernen nicht, sondern vergrössert sie sogar. Viel mehr grätsche das Parlament «von rechts hinein rein und verunmöglicht oder erschwert die Situation der Gemeinden». Sollten auch Zweitwohnungen bei Sanierungen und Neubauten zugelassen werden, handle es sich um «eine Rasenmähermethode», die zu keinem guten Ziel führe.

Die Befürworter hingegen versuchten den Ball flach zu halten, zu beruhigen und die Emotionen aus dem Spiel zu nehmen. So wie es gute Zahnärzte vor dem Zähneziehen eben machen. «Die Vorlage wird das Problem nicht lösen. Sie wird es meines Erachtens aber auch nicht verschärfen», begründete etwa Martin Schmid (FDP/GR) seine Zustimmung. Er tönte dabei auch an, dass aus seiner Sicht dem Zweitwohnungsgesetz noch weitere Zähne gezogen werden sollten.

Vorerst bleibt es aber bei diesem Zahn. Auch den bundesrätlichen Kompromiss schmetterten die Ständeräte mit 17 zu 26 Stimmen ab. Das Geschäft ist nun bereit für die Schlussabstimmung.