
Zwischen Suff-Songs & charmanten Beleidigungen
Da ist Ski Aggu, der Samstags-Hauptact zwar schon auf Krawall gebürstet, aber fast harmlos im Vergleich. Ich sag’s mal so: Er schimpft ein wenig, bleibt aber zivilisiert genug, um nicht gleich alle Omas im Publikum zu verjagen. Aber dann kamen Mehnersmoos aus Frankfurt mit ihrem Song «Hurensohn» – und zack: «Hurensohn, Hurensohn, Hurensohn …» schallt es im Dauerloop. Ich frage: Ist das ein manisches Mantra oder ein anarchistischer Schrei nach Aufmerksamkeit? Oder vielleicht einfach die abstrakte Ausdrucksform von Alltagsfrust im Drei-Akkord-Gewand? Ich würde das so interpretieren: eine Beleidigungs-Parade, die zum kollektiven Abreagieren einlädt und keine Sekunde mit klaren Worten spart.
Nahezu genauso einprägsam: «Bir» von Mehnersmoos – «Ich mag Bier, B.I.R. Mama sagt bitte sauf weniger.» Ein Text, den man locker auf einer Bierdeckelrückseite platzieren könnte – Ohrwurmgarantie inklusive. Der pädagogische Zeigefinger gegen Suff? In diesem Fall perverse Einladung. Und dann «Zistig» von Jule X auf der Parkbühne am Freitag: «Suffä amnä Zisti, suffä amnä Zisti. Du hesch nüt verstandä, wüll du wartisch bis am Fritig» – habe ich konstant im Ohr. Reflexartig summt mein Hirn im Dialektmodus weiter. Die Botschaft ist eindeutig: Warum aufs Wochenende warten, wenn man schon am Dienstag die Korken knallen lassen kann? Wochenendtrinker sind von gestern. Aber das Heitere wäre nicht komplett ohne «Mangiare» von Mimiks, dem Rapper aus Luzern – lecker-satirischer Food-Rap, der zumindest bei mir den Magen und die Lachmuskeln trifft.
Was nehme ich also mit neben Kopfschmerzen, Ohrwürmern und leeren Bierbechern? Die Gewissheit: Es braucht nur ein paar kernige Beleidigungen und einen simplen Suff-Refrain und schon ist dein Song im kollektiven Gedächtnis verankert. Wenn du willst, dass die Leute deinen Text nicht vergessen – pack Alkohol ins Spiel und knall eine Halb- bis Dreiviertelnote Beleidigung drauf. Funktioniert offensichtlich sehr gut am Heitere Open Air. In diesem Sinne: Prost!