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Ist die Schweizer Armee gerüstet? Bei den Bürgerlichen schrillen die Alarmglocken

Nach der russischen Invasion in die Ukraine fordern bürgerliche Politiker mehr Geld und Truppen für die Armee. Die Linke kritisiert die populistischen Forderungen. Für einen Schlagabtausch im Ständerat sorgte auch die Initiative gegen die Kampfjets.

Nur einige Tage nach dem Angriff von Russland auf die Ukraine, lag die Forderung im Bundeshaus auf dem Tisch: Die Schweiz muss bei der Verteidigung aufrüsten und zwar sofort. FDP und SVP verlangen, die jährlichen Ausgaben für die Armee um zwei Milliarden Franken zu erhöhen.

Am Dienstag erneuerten die bürgerlichen Sicherheitspolitiker im Ständerat ihre Forderungen. Auslöser für die Debatte war eine dringliche Interpellation von Josef Dittli (FDP/UR). «Wir sind Zeuge einer sicherheitspolitischen Zeitenwende», betonte er. Nach dem russischen Einmarsch stehe die Schweiz vor einer «total neuen Bedrohungslage». Dafür sei die Armee «zu wenig gut aufgestellt».

Längere Dienstzeit

Neben zusätzlichem Geld für die Rüstung brachte die bürgerliche Ratsseite verschiedene Ideen ins Spiel, um die Verteidigungsfähigkeit der Armee zu erhöhen. Alex Kuprecht (SVP/SZ) betonte, der «Aderlass» der Armee in den Zivildienst müsse gestoppt werden. Sein Berner Parteikollege Werner Salzmann plädierte für eine Verlängerung der Dienstzeit, um eine Schutztruppe zu schaffen. In die Pflicht nahm er auch die Wirtschaft. Diese müsse ihren Beitrag leisten und die Kaderausbildung fördern.

Daniel Jositsch (SP/ZH) warnte vor «unreflektierten», «populistischen» Forderungen. Es sei der Situation nicht würdig, aus der Krise politisch Kapital zu schlagen. Notwendig sei nun eine langfristige Strategie. Nicht umsonst sei der Ständerat die «Chambre de Réflexion». Jositsch verneinte, dass Frieden durch mehr Aufrüstung erreich werde.

In der heutigen Zeit sei es nicht möglich, einen konventionellen Krieg zu gewinnen, egal wie hoch das Armeebudget sei. Die Schweiz liesse sich nicht verteidigen, «wenn wir jedem ein Sturmgewehr in die Hand drücken». Die Ratslinke plädierte dafür, das Thema in einem grösseren Kontext zu betrachten. Eva Herzog (SP/BS) bemerkte, es könne nicht sein, die Schweiz nun «zu einer neuen Insel definieren zu wollen» und sich «in Autarkie» zu üben.

Initiative gegen F-35 polarisiert

Aufgeflammt ist im Ständerat erneut die Diskussion über die Initiative gegen die Kampfjet-Beschaffung, für die linke Kreise derzeit Unterschriften sammeln. Mehrere Redner forderten die Initianten auf, das Volksbegehren zurückzuziehen. Die Beschaffung der F-35 dürfe durch «nichts verzögert» werden, erklärte Dittli.

Bei Jositsch sorgte das für Irritationen. Gerade in einer Krise müsse der demokratische Prozess respektiert werden. Maya Graf (Grüne/BL) sekundierte: «Es ist ein politisches Recht.» Ob es ihnen passe, spiele keine Rolle. Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte/LU) konterte, das Volk habe bereits Ja gesagt zu neuen Kampfjets. Ein Instrument dürfe nicht dazu missbraucht werden, die Sicherheit der Bevölkerung zu gefährden.

Auch Bundesrat gerät unter Beschuss

Wenig schmeichelnde Worte fanden gewisse Ratsmitglieder auch für den Bundesrat. Die Antworten der Landesregierung auf die neuen Bedrohung seien «passiv, mutlos und defensiv», kritisierte Dittli. «Hier erwarte ich vom Bundesrat Leadership.» Er hätte erwartet, dass der Bundesrat von sich aus mehr Geld für die Armee fordere. Stattdessen wolle er zuerst die Situation analysieren.

«Europa reagiert, die Schweiz analysiert», brachte es Thierry Burkart (FDP/AG) auf den Punkt. Dafür hatte er wenig Verständnis. «Ich frage mich, was braucht es denn zur Analyse?» Es fehle an Mut, zu handeln. Bevor Verteidigungsministerin Viola Amherd auf die Kritik antworten konnte, sprang Parteikollegin Gmür in die Bresche. Es sei richtig, dass der Bund nun «mit kühlem Kopf» eine Analyse vornehme. Zuerst müsse klar sein, wofür die zusätzlichen Ausgaben verwendet würden.

Kampfjetkauf dürfte sich verteuern

Bundesrätin Amherd gab sich gewohnt nüchtern. Der Krieg in der Ukraine sei nicht unbedingt eine Überraschung. Sie verwies auf den letzten sicherheitspolitischen Bericht, in dem das nun eingetroffene Szenario bereits skizziert worden sei. Amherd zeigte sich offen, der Armee mehr Geld zu geben. Es sei fraglich, ob das heutige Budget genüge, um «Land und Leute zu schützen». Allerdings habe der Bundesrat noch keine Entscheide gefällt.

Deutliche Worte fand die Verteidigungsministerin für die Initiative gegen den F-35, nachdem sie bereits früher mit der Forderung nach einem Rückzug für Schlagzeilen sorgte. Wenn die Initiative nicht bis Ende März eingereicht werde, könne die Abstimmung nicht vor 2024 stattfinden. Laut Amherd ist das ein Problem, denn die verbindliche Offerte der USA ist nur gültig bis Ende 2023. Die Folge könnten höhere Kosten und eine spätere Lieferung der Flugzeuge sein.