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Der Katzhof hat ein Wassersystem für die Zukunft

Mal hatte es beim Katzhof oberhalb von Richenthal zu wenig Wasser, dann viel zuviel. Markus Schwegler hat reagiert und mit einem Pionierprojekt auf ein Wassersystem umgestellt, das nun resilienter sein sollte gegen Dürre und Hochwasser.

Der Katzhof liegt abgelegen auf 660 Metern und doch sind es nur zehn Minuten bis zur Autobahneinfahrt Reiden. Markus Schweglers Frau Claudia Meierhans ist hier aufgewachsen. Den elterlichen Hof haben sie vor zehn Jahren übernommen. Ihre beiden Kinder Mael und Anna sind 9 und 7 Jahre alt. Das NaturGut Katzhof ist heute ein Demeter- und Biobetrieb mit Gemüse, Obst, Beeren, Getreide sowie behornten Kühe und Rinder der Pro Specie Rara-Rasse Rätisches Grauvieh.

Schon bald wurde beim Katzhof das Wasser ein Thema. Die Jahre 2018 bis 2020 waren sehr heiss und trocken. Die Hofquelle sprudelte nicht mehr wie gewohnt. «Als 2021 ein sehr nasses Jahr folgte, begannen wir uns mit dem Wasser zu beschäftigen», erklärt Markus Schwegler. Gesucht war ein resilientes System gegen Dürre und Starkniederschläge. Das Projekt «WasserKultur Katzhof» wurde lanciert. Schwegler fand Inspiration bei einem australischen Bergbauingenieur, der in den 1940er-Jahren Wasser aus Gruben herausleitete, und erinnerte sich an Bergbauern, die das Wasser ebenfalls mit Gräben oder «Suonen» auf ihre Wiesen und Äcker leiteten.

Wasser speichern und Abfluss verlangsamen

Schwegler holte sich Rat bei Philipp Gerhardt und seinem Team von baumfeldwirtschaft.de. Der Deutsche Spezialist zeichnete vor vier Jahren nach einer ersten Begehung einen Plan, welcher der heutigen Realität stark ähnelt. Das zentrale Element ist ein System aus Gräben, die ungefähr den Höhenlinien folgen. «Im Grunde geht es darum, Wasserläufe zu verlangsamen, zu verteilen, versickern zu lassen und zu speichern», erklärt Schwegler das Prinzip des Keyline-Systems, das hier umgesetzt wird.

Vor vier Jahren startete das Projekt. Zuerst auf den Flächen oberhalb der Hofstelle, wo es steiler ist und erste Gräben entlang der Höhenlinien gezogen wurden. Diese sind rund 40 cm tief und haben ein leichtes Gefälle von einem halben bis einem Prozent. Auf der Fläche zwischen den Gräben wird Ackerbau betrieben. Direkt beim Hof, der ungefähr in der Mitte des fünfzehn Hektaren-Betriebes steht, wurde ein Wasserspeicherbecken angelegt, das 300 Kubikmeter fasst. Das ist etwa die Hälfte dessen, was der Hof jährlich für die Bewässerung der Gemüsekulturen benötigt. Hierhin kann das Wasser aus den oberen Gräben abfliessen und zur Bewässerung genutzt werden.

Funktionale Schönheit der Landschaft

Auch im flacheren unteren Teil des Hofes schwingen sich weitere Gräben entlang der Höhenlinie. Die Gemüsebeete folgen diesen geschwungenen Linien. Das sieht nicht nur für die Besucher schön aus, wie Markus Schwegler betont. «Wir wohnen und arbeiten hier und wenn wir die Landschaft gestalten dürfen, machen wir uns einen schönen Platz zum Arbeiten und zum Leben.» Entlang der Gräben hat er einige Dutzend Obstbäume, Kastanien und Beerensträucher gepflanzt. Sie dienen dem Boden, dem Klima – und nicht zuletzt dem landwirtschaftlichen Ertrag. Stellt man sich diese Landschaft in zehn oder zwanzig Jahren vor, dann wird sie einem lichten Wald ähneln.

Den Abschlussbericht hat Markus Schwegler vor kurzem abgeschickt. Sein Projekt hat etwas ausgelöst. Beim Start vor dreieinhalb Jahren war das Thema noch weitgehend unbekannt. Das hat sich geändert. Er hält Vorträge und hat viele Gruppen über seinen Hof geführt, vor allem Fachleute, Landwirte sowie kommunale und kantonale Behörden und Ämter. Der Katzhof ist auch Pilotbetrieb des überkantonalen Ressourcenprojekts «Slow Water».

Im Winter 2023/ 24 hat das System einen ersten «Stresstest» bestanden. Da fielen an einem einzigen Tag 70 Liter Regen pro Quadratmeter. Auf einem Foto sieht man die vollen Gräben; es ist nichts übergeschwappt.

Hochwasserschutz für abwärts liegende Gebiete

Das Projekt ist baulich fast fertig. Kleinere Korrekturen will Schwegler an den oberen Gräben noch vornehmen. Eine Wasserleitung vom Speicher zum Gemüsebeet muss noch angeschlossen werden, damit er direkt von dort bewässern kann. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 180 000 Franken, davon hat das NaturGut Katzhof 30 Prozent als Eigenleistung eingebracht. Den Rest übernahmen Stiftungen und Institutionen.

Die Frage, ob sich diese Investition lohnt und ob es dies braucht für die Landwirtschaft der Zukunft hat die Familie Schwegler für sich schon heute beantwortet. «Ja, denn wer weiss schon, wie sich das Klima in den nächsten Jahrzehnten ändert, darum zählt für uns der Mehrfachnutzen, den wir aus diesem System ziehen», argumentiert Markus Schwegler. Eines jedoch ist klar. Als einer der ersten Landwirte der Schweiz hat er ein naturverträgliches Wassersystem für die Zukunft geschaffen. Auch seine Nachbarschaft profitiert: Quasi als Nebeneffekt bietet die «WasserKultur Katzhof» einen wertvollen Hochwasserschutz für das darunterliegende Gebiet bei Richenthal.

Unser Wasser

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