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Auf Heldenreise zurück ins Kinderzimmer: Warum Pippi und Co. allerbester Stoff sind

Am Wochenende eröffnet das Stadtmuseum Aarau seine Heldenausstellung «geliebt, gelobt, gehypt». Ein erster Rundgang – mit KI-Begleitung in Bündnerdeutsch.

Da sieht man General Guisan, und es ist passiert: Man hat das lorbeerbekränzte Käppi vor Augen, Militärparaden und wippende Pferdeköpfe, man denkt an Widerstand, an Wehrhaftigkeit. Die «Spice Girls» – und man erinnert sich an furchterregende Plateauschuhe, an aufmüpfige «Girlpower», was für ein Wort. Und man sieht Pippi Langstrumpf mit Herrn Nielson auf der Schulter, und schon geistert dieses Lied in Endlosschleife durch den Kopf, «ich mach mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt». Hach, diese Unabhängigkeit. Diese Muskelkraft, dieser Mut.

Heldinnen, Vorbilder und Idole, sie machen etwas mit uns. Sie stehen für eine Zeit, für Werte, für eine Region. Für ganz eigene Erfahrungen und Erlebnisse, für Dankbarkeit und Peinlichkeiten, für Herzrasen und Momente geistiger Umnachtung. Kurz: Sie stehen für allerbesten Gesprächsstoff. Jeder Mensch hatte und hat Vorbilder, jeder hat eine Geschichte dazu zu erzählen. Und was so nah am Alltag ist, ist bester Stoff für ein Ausstellungsthema: «geliebt, gelobt, gehypt» – so heisst die neue Ausstellung im Stadtmuseum Aarau, eine Eigenproduktion. Am Wochenende wird sie mit einem grossen Fest eröffnet.

Braucht es heute noch Heldinnen und Idole?

Die Ausstellung nimmt die Besuchenden mit auf eine Heldenreise von der Antike bis heute, setzt sich kritisch mit dem Heldenstatus als Werkzeug und Spiegel unserer Gesellschaft auseinander, hinterfragt Gesten und Inszenierungen, das Fan-Sein und die Vermarktung. In der Ausstellung werden Fragen aufgeworfen wie die, ob es Heldinnen und Idole (und gleichwohl ihre Gegenspieler, die Bösewichte) heute überhaupt noch braucht, ob sie moralisch überhaupt noch vertretbar sind oder ob das Orientieren an heroischen Figuren gar als problematisch betrachtet werden muss. «Unsere Gesellschaft ist sehr ambivalent in diesem Helden-Thema», sagt Laura Aellig, die die Ausstellung gemeinsam mit Laura Schuppli kuratiert hat. «Irgendwie finden wir es heute alle komisch, einen Menschen auf einen Sockel zu stellen – und doch sind Heldinnen und Idole so präsent.»

Ein leerer Sockel und die Frage nach gefallenen Heldinnen und Helden.
Bild: Dlovan Shaheri

Mit der neuen Ausstellung nimmt das Stadtmuseum auch eine Pionierrolle ein: Als erstes Schweizer Museum setzt es die neue Superkraft als Ausstellungsbegleiterin ein: KI, die künstliche Intelligenz. An fünf Stationen treten die Besuchenden in einen Dialog mit KI (wahlweise sogar auf Schweizerdeutsch); ein heiterer, zwischenzeitlich etwas langfädiger Austausch von eigenen Vorlieben, Einschätzungen und Wissen.

Herantasten an die neue Superkraft

Marc Griesshammer, Leiter Stadtmuseum.
Bild: Dlovan Shaheri

Mit dem Einsatz von KI spinnt das Stadtmuseum nicht nur den Heldengeschichten-Faden in die Zukunft weiter, es deckt auch einen ihrer Kernaufträge ab: «Wir haben den Auftrag, die Entwicklung erlebbar zu machen, sie verstehen zu lernen und sie kritisch zu hinterfragen», sagt Marc Griesshammer, Leiter des Stadtmuseums. Und Laura Schuppli ergänzt: «Wir möchten hier die Basis schaffen, dass die Leute verstehen, worum es bei KI geht. Dass sie sich an diese Technologie herantasten können und wissen, wovon die Rede ist.» Unterstützt wird dies durch eine umfassende Veranstaltungsreihe – sowohl für Schulen als auch für Private.

Eine zweite Fliege schlägt das Stadtmuseum mit dem Einbezug des Ringier Bildarchivs, das es gemeinsam mit Bibliothek und Archiv Aargau vermittelt: Der Bilderschatz mit Promis und Alltagshelden ist dank der Vorliebe für Boulevard praktisch unerschöpflich. Viele dieser Bilder werden nicht nur gezeigt, ausgewählte Promis erzählen auch ihre eigenen Geschichten zu ihren Vorbildern und Heldinnen.

Die Ausstellung widmet sich auch der Fankultur. Ein Beispiel: «Cosplay», das Nachstellen von Lieblingscharakteren.
Bild: Dlovan Shaheri

Herzstück der Ausstellung ist übrigens ein überdimensionaler Setzkasten, die Heldothek: Hier ist die Bevölkerung eingeladen, eigene Fan-Objekte oder Erinnerungsstücke mitsamt dazugehöriger Heldengeschichte auszustellen. Noch sind erst ein paar Objekte gesetzt, es hat noch viel Platz. «Wir hoffen, dass sich die Heldothek im Laufe der Ausstellung bis oben füllt», sagt Griesshammer. Das wird sie bestimmt. Heldengeschichten hat schliesslich jede und jeder zu erzählen.

Eröffnungswochenende am 27. und 28. April mit öffentlichen Führungen, Eröffnungsansprache mit Apéro (Samstag, 17 Uhr), Stöbern im Schauarchiv und Silent Disco. Programm unterstadtmuseum.ch/gefeiert.Die Ausstellung läuft bis zum 27. April 2025.