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Das Rätsel der verschwundenen Kirche: Was bis jetzt bekannt ist

In Aarau begleitet die Kantonsarchäologie derzeit Aushubarbeiten eines Neubauprojekts am Philosophenweg. Dabei hat sie auch Teile einer mittelalterlichen Kirche und zugehörige Gräber freigelegt. Am 15. Dezember finden nun für Interessierte Grabungsführungen statt. 

Bei Aushubarbeiten eines Neubauprojekts am Philosophenweg in Aarau kamen im November Fundamente einer bereits in den 1960er-Jahren ausgegrabenen mittelalterlichen Kirche zum Vorschein. Zudem wurden südlich der Kirche mehrere sogenannte Grabschatten dokumentiert. Die dunklen Verfärbungen zeigen an, dass sich hier Grabgruben mit Körperbestattungen im Boden befinden, wie es in einer Mitteilung heisst. Bisher legte das Grabungsteam die Überreste eines Schädels und mehrere Rippen frei.

Die mittelalterliche Kirche wurde 1936 erstmals entdeckt, als in der Flur Telli beim Bau von Einfamilienhäusern 24 beigabenlose Körpergräber und Reste eines West-Ost orientierten, rechteckigen Steingebäudes zum Vorschein kamen. Eine Sondierung der Kantonsarchäologie ermöglichte 1959, den Gebäudegrundriss als rund 13 x 27 Meter grosse, mittelalterliche Saalkirche mit eingezogenem Rechteckchor an der Ostseite zu identifizieren. Dazu wurden südlich und südwestlich der Kirche weitere neun Bestattungen freigelegt.

Nicht alle Fragen konnten bei den Ausgrabungen geklärt werden.
Bild: zvg

Ungeklärt blieb bei der Grabung, wohin die Kirche gehört. Hinweise auf eine zeitgleiche, mittelalterliche Siedlung sind in der Flur Telli nicht vorhanden. Grund für den Standort könnte die flussnahe und entsprechend hochwassergefährdete Lage sein. Die Kirche stand damals mutmasslich auf einer Aareinsel, die später verlandete. Auch die Gräber, die allesamt ohne Beigaben waren, lieferten keinen konkreten Hinweis auf die Datierung der Kirche.

Schutzkirche an der Aarefurt

Ein altes Kartenblatt aus dem 18. Jahrhundert zeigt, dass die Überquerung der Aare einst in der Telli unterhalb des Tellirains lag. Die Kirche in unmittelbarer Nähe macht also Sinn. Denn möglicherweise handelte es sich bei der Kirche um eine «Schutz- und Landkirche» im Bereich des Flussübergangs. Da die Querung eines Flusses durch eine Furt stets mit Gefahren verbunden war, sollten Kirchen und Kapellen am Ufer Sicherheit bringen. Auch die Grösse der Anlage sowie ihre Funktion als Begräbniskirche spricht für eine gewisse Bedeutung des Sakralbaus.

Öffentliche Grabungsführung

Die baubegleitende Ausgrabung erstreckt sich über den Winter 2023/2024. Im Zentrum steht die Frage nach der Datierung der Kirche und ob sich darunter vielleicht ein älterer Vorgängerbau befindet. Die derzeit freigelegten Strukturen sind an öffentlichen Grabungsführungen am Freitag, 15. Dezember, um 17.00 und 17.30 Uhr zu besichtigen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, gutes Schuhwerk ist zu empfehlen. (has)

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