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Im Schachen weht Weihrauch statt Zuckerwattenduft: «Zu viel segnen kann man eigentlich nie»

Vor dem Auftakt der Osterchilbi im Aarauer Schachen hat Schaustellerseelsorger Adrian Bolzern neue Fahrgeschäfte gesegnet. Und eine nigelnagelneue Villa auf Rädern. 

Adrian Bolzern marschiert weihwasserspritzend über den Kiesplatz. Und an einen Wohnwagen schwappt er gleich den ganzen Rest dessen, was noch im Kessel war. «Zu viel segnen kann man eigentlich nie», sagt der Schaustellerseelsorger und die Frauen und Männer um ihn herum lachen. Dann schreiten sie zur Tat: Eine ganze Handvoll Münzen wirft jede und jeder ins Innere. So will es die Tradition.

Ein Gutsch Weihwasser für den neuen Wohnwagen von Maya Hauri.
Bild: Mathias Förster

Dieser Donnerstag ist ein spezieller Tag für die Schaustellerinnen und Schausteller im Aarauer Schachen. Nicht nur, weil am frühen Abend die grosse Osterchilbi startet, der Auftakt zu Chilbisaison. Sondern insbesondere deshalb, weil Schaustellerseelsorger Adrian Bolzern drei neue Fahrgeschäfte, einen Confiseriewagen und einen Imbissstand segnet – und einen eben angelieferten Wohnwagen gleich dazu. Die «Villa Maya», das neue Daheim der Grande Dame der Schaustellerei, von Maya Hauri aus Aarau.

Weihwasser für den neuen Spielwagen «Flutsch und weg».
Bild: Mathias Förster

Eine Segnung bringt Glück, davon sind die Schaustellenden felsenfest überzeugt. «Lass die Leute hier fröhlich sein und viel lachen», sagt Bolzern. Ja, gelacht wird auch an diesem Vormittag viel. Es wirkt auch zu komisch, wie Bolzen mit dem Weihrauchkessel durch den Spielwagen «Flutsch und weg» marschiert – die Herausforderung besteht darin, aus Distanz Klobürsten in WC-Schüsseln zu versenken – und das Weihwasser mit einer vergoldeten Klobürste verspritzt. Ein Novum für Bolzern: «Ein WC habe ich bislang tatsächlich noch nie gesegnet», ruft er lachend in die Runde.

Das Wetter bringt sie nicht aus der Fassung

Maya Hauri, seit Jahr und Tag Platzchefin im Schachen, freut sich auf die kommenden Tage. Die Coronazeit war hart für die Schaustellerbranche. Nicht arbeiten zu dürfen, sei für Menschen wie sie schwierig, sagt Maya Hauri, längst nicht nur des Geldes wegen. «Ich bin mit Leib und Seele Schaustellerin», sagt sie. Neun Monate im Jahr lebt sie im Wohnwagen, reist durchs ganze Land, seit 45 Jahren schon. Ein Leben zwischen Blinklichtern, Musik und Zuckerwatteduft – und vor allem: zwischen Menschen.

Die Grande Dame der Chilbi, Maya Hauri, mit ihrem Hund Kitty.
Bild: Mathias Förster

Doch jetzt blickt Maya Hauri nach vorne. Und in den Himmel. «Mit Ausnahme von Freitag ist das Wetter gut», sagt sie. Aus der Ruhe bringt sie das nicht. «Fürs Wetter kann ich als Platzchefin nicht auch noch verantwortlich sein.»

Am Montag um 10 Uhr steht ein spezieller Anlass auf dem Programm, der Chilbi-Gottesdienst auf Hauris Autoscooter. Speziell auch deshalb, weil dieser heuer zum 20. Mal stattfindet. «Es war mir ein Anliegen, in Aarau einen solchen Gottesdienst zu feiern, also habe ich damit angefangen», sagt Maya Hauri. «Beim ersten Mal war es so kalt, da kamen nur zehn Personen.» Inzwischen sind es jeweils über 300.

Öffnungszeiten der Osterchilbi

Die Chilbi im Schachen ist offen von Do bis Mo. Do ab 17 Uhr / Fr 14 bis 20 Uhr / Sa ab 14 Uhr / So 14 bis 20 Uhr / Mo ab 14 Uhr, der Gottesdienst ist um 10 Uhr.

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