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Sparen für die mageren Jahre: Grosser Rat legt 116 Millionen auf die Seite

Die Staatsrechnung 2022 schloss mit einem Überschuss von 116 Millionen Franken. Das sei erfreulich, die finanziell schwierigen Zeiten kommen aber wieder, sagen die Bürgerlichen. Der Kanton müsse nachhaltig investieren, finden die Linken.

Die Staatsrechnung 2022 hat mit einem Überschuss von 116 Millionen Franken geschlossen. Viel zu diskutieren hatte der Grosse Rat angesichts dieses Ergebnisses am Dienstagvormittag nicht. Zwar hielten die Fraktionen in der Eintretensdebatte ihre grundsätzlichen Gedanken zur Finanzlage des Kantons fest. Das Jahresergebnis sei aber erfreulich, darin waren sie sich einig.

Auch in der vorberatenden Kommission Aufgabenplanung und Finanzen (Kapf) seien die grossen Debatten zur Jahresrechnung ausgeblieben, wie Kommissionspräsident Stefan Huwyler (FDP) ausführte. Anders als in Vorjahren sei der Hauptantrag weitestgehend unbestritten gewesen. Dieser sah vor, den Überschuss über 116 Millionen Franken in die Ausgleichsreserve einzulegen.

Debatten habe die Kapf erst beim Hauptantrag 4 geführt. Unter diesem Titel beantragte der Regierungsrat die Abschreibung verschiedener Vorstösse. Bei drei Postulaten empfahl die Kommission die Nichtabschreibung. Darin war sie sich allerdings ebenfalls einig.

Ein Antrag – und er wurde abgewiesen

Die Abschreibungen waren auch der einzige Punkt, der im Grossen Rat ein bisschen diskutiert wurde. Ein Antrag der Mitte-Fraktion wollte verhindern, dass ihr Postulat für die Einrichtung einer Patientenanlaufstelle abgeschrieben wird. Der Vorstoss stammt vom Mai 2019 und wurde vom Regierungsrat entgegengenommen. «Seither ist nichts mehr passiert», sagte Karin Koch Wick, die Urheberin des Vorstosses. Sie bat darum, das Postulat nicht abzuschreiben.

Man könne ja den Vorstoss noch einmal einreichen, sagte dazu Bernhard Scholl (FDP). Seine Fraktion werde dem Antrag nicht folgen, die Mitte habe es versäumt, in der Kommission diese Anpassung vorzubringen.

Das Postulat sei erfüllt, stellte Sozialdirektor Jean-Pierre Gallati klar. Es hätten entsprechende Abklärungen stattgefunden. Die Lücke, die eine solche Patientenanlaufstelle erfordert habe, sei inzwischen aber nur noch minimalst. Er bat darum, den Antrag abzulehnen.

Das tat der Grosse Rat dann auch, er beschloss die Abschreibung mit 68 zu 60 Stimmen. Den Hauptanträgen des Regierungsrats folgte er einstimmig, auch jenem, den Überschuss an die Ausgleichsreserve zuzuweisen.

Rechts mahnt zu Vorsicht, links will Nachhaltigkeit

Die Mitte habe sich bereits in der Vergangenheit immer für eine Äufnung der Ausgleichsreserve eingesetzt, sagte Ralf Bucher zuvor in der Eintretensdebatte für seine Fraktion. Der Kanton dürfe aber nicht vergessen, zu investieren. Die Budget-Disziplin sei weiterhin hochzuhalten, mahnte Matthias Betsche für die Grünliberalen.

Etwas skeptischer als die Mitteparteien waren jene an den Polen. Auf den zweiten Blick erkenne man, dass das gute Ergebnis in erster Linie durch die unerwartet hohe Ausschüttung der Schweizerischen Nationalbank sowie zu tief budgetierter Steuereinnahmen zustande gekommen sei, sagte Markus Lüthy für die SVP. Es brauche also weiterhin Zurückhaltung bei den Ausgaben.

Alles Geld in die Ausgleichsreserve zu stecken, sei risikobehaftet, sagte Robert Obrist für die Grünen. Dem Kanton würde es besser anstehen, nachhaltig zu investieren – zumal die vom Grossen Rat beschlossene Steuerstrategie mit diesem Vorgehen nicht vereinbar sei.

Das fand auch die SP. Die Steuerstrategie mache alle Bemühungen zunichte, sagte Hanspeter Hubmann für die Fraktion. Eine Wirtschaftsstrategie sei zwar erkennbar, eine für die breite Bevölkerung aber nicht. Man müsse endlich die Versäumnisse angehen.

Die Maxime eines schlanken Staates müsse unbedingt aufrechtgehalten werden, sagte hingegen Bernhard Scholl für die Freisinnigen. Die Steuerstrategie werde mithelfen, das Steuersubstrat nachhaltig zu stärken. Man müsse davon ausgehen, dass es sich mit 2022 um das letzte von sechs fetten Jahren handelte, gab Uriel Seibert (EVP) zu bedenken. Das Jahresergebnis sei mit Vorsicht zu geniessen, denn es sei vor allem durch Unvorhergesehenes zustande gekommen.

Die Ratingagentur Standard and Poorˆs bestätigt das im letzten Dezember ausgesprochene AAA-Rating und den stabilen Ausblick für den Kanton Aargau. Das teilt das Departement Finanzen und Ressourcen am Dienstag mit. Finanzdirektor Markus Dieth zeigte sich ob der Bestätigung erfreut, insbesondere weil diese im Wissen um den hohen Finanzhilfebeitrag an die Kantonsspital Aarau AG und die Entwicklung der Ausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) geschehen ist. Der stabile Ausblick spiegele die Erwartung einer weiterhin hohen Budgetdisziplin, einer vorsichtigen Budgetierung und eines zurückhaltenden Umgangs mit der Ausgleichsreserve. Die künftigen politischen Entscheidungen beeinflussten die Entwicklung des Ratings also massgeblich. Von den durch Standard and Poor’s bewerteten Kanton weisen vier ein Rating von AAA auf (BL, BS, VD, ZH und AG). Die anderen drei erhielten ein AA-Rating (GE, SO, SG). (eva)

Gutes Ranking durch Agentur bestätigt

Er sei zufrieden, sagte Finanzdirektor Markus Dieth – dies insbesondere auch, weil eben erst die Ratingagentur Standard and Poor’s das im letzten Dezember ausgesprochene AAA-Rating bestätigte (siehe Box).

Dass es vielleicht nicht immer so gut weitergeht, weiss aber auch der Finanzdirektor. Gerade mit Blick auf kommende Defizite wäre der Kanton mit seiner Ausgleichsreserve gut gerüstet, sagte Markus Dieth. Diese ist jetzt um 116 Millionen Franken grösser.