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Am 12. Juni ist es vorbei: So sieht Walter Kielholz das Ende «seiner» Credit Suisse – von CEOs über Blocher bis «FDP-Filz»

Die UBS übernimmt die CS offiziell am 12. Juni. Doch faktisch ist die Credit Suisse bereits seit zweieinhalb Monaten Geschichte. Nun äussert sich Walter Kielholz erstmals zum Aus «seiner» Bank. Für den ehemaligen Präsidenten und «Mister CS» ist klar, wer Schuld trägt am Untergang der zweitgrössten Bank der Schweiz.

Er war jahrelang Präsident der Credit Suisse und noch viel länger Mitglied des Verwaltungsrats der Schweizer Grossbank. Während all die CEOs kamen und gingen, blieb Walter B. Kielholz schlicht der «Mister CS».

Doch dann musste die Nummer 2 im Frühling notfallmässig von der UBS übernommen werden – der Nummer 1 auf dem hiesigen Bankenplatz. Die CS war nicht mehr überlebensfähig, hatte das Vertrauen ihrer Kundinnen und Kunden verspielt. Natürlich kamen da auch beim «Mister CS» viele Fragen wieder hoch. Wie konnte es nur so weit kommen?

Nun spricht Walter B. Kielholz – über die Notübernahme und wie es dazu kommen konnte. Am Pfingstmontag hat er den Tamedia-Zeitungen sein erstes Interview gegeben – am Montag nun ist dieses gedruckt worden.

Hier die wichtigsten Aussagen des ehemaligen «Mister CS»:

Wie konnte die CS untergehen?

Für den Niedergang der Credit Suisse sieht der ehemalige Präsident zwei Punkte, wie er sagt: Den Abgang von António Horta-Osório nach dessen Verletzung der Corona-Quarantänebestimmungen 2022. Dabei sei der portugiesisch-britische CEO «ein hervorragender operativer Bankchef» gewesen. Doch «das Schauspiel, das die Bank da bot, fand ich auf Ebene der Reputation schlicht peinlich», sagt Kielholz.

Und dann, im vergangenen Herbst, sei von der letzten Spitze der Credit Suisse ein Rettungsplan präsentiert worden, «der nie richtig umgesetzt wurde».

Da habe die Bank Anfang Jahr in einem «perfect storm» als Folge von «operativen Fehlern gröberer Art», steigenden Zinsen und dem Kollaps zweier US-Banken keine Chance mehr gehabt. Walter Kielholz: «Da wars vorbei.»

Wer ist Schuld am Untergang der zweitgrössten Bank der Schweiz?

Zum Fakt, dass die Bank bereits in den Jahren zuvor (und auch seit dem vergangenen Herbst) teilweise Milliardenabschreiben hinnehmen musste aufgrund von Fehlentscheiden des Managements, sagt Walter Kielholz: «Natürlich hätte das nie so passieren dürfen.»

Und auch die Kultur der Bank und des Managements im Umgang mit eigenen Fehlern kritisiert der ehemalige Präsident im Rückblick heftig: «Man hat dann die entsprechenden Leute ausgewechselt. Und trotzdem kam man da nicht heraus.»

Was macht die Konkurrenz also besser?

Die Kontinuität beim Personal der grossen Banken der USA, welche sich die CS immer zum Vorbild genommen hatte, sei viel grösser. Deren Spitzenleute seien jeweils «zehn Jahre und mehr am Steuer», so Walter Kielholz. «Diese Stabilität ist extrem wichtig.»

Ist der «FDP-Filz» am Untergang der Bank Schuld?

Seit der Notübernahme wird in der Schweiz auch politisch nach Schuldigen gesucht. Noch am Abend des UBS-CS-Deals kritisierte die SVP den angeblichen «FDP-Filz» bei der Credit Suisse.

Und später doppelte alt Bundesrat und SVP-Doyen Christoph Blocher nach. Demnach hat «die Misere der CS» schon viel früher begonnen, nämlich «in den 90ern. Eigentlich unter Rainer E. Gut und seinem Nachfolger Kielholz.» Diese, so Blocher, hätten mit Urs Rohner die CEOs Brady Dougan und Tidjane Thiam eingesetzt. Es seien diese beiden Bankchefs gewesen, welche «die CS über die letzten fünfzehn Jahre in den Untergang trieben. Es ist eben der alte FDP-Filz», so Blocher.

«Herr Blocher und ich waren nie grosse Freunde», sagt dazu Walter Kielholz. Als Freisinniger hat er sich immer wieder für seine Partei und namentlich auch die Zürcher Sektion engagiert, die lange als «Zürcher Wirtschaftsfreisinn» auch national im Verruf stand. Zudem gilt der Ex-CS-Präsident als Verfechter eines EWR-Beitritts – und war bei Blochers politischem Aufstieg einer dessen Gegenspielers.

«Als ich das gehört habe, habe ich diesen ominösen FDP-Filz gesucht, dafür braucht es wohl mindestens drei Personen. Ich habe keinen einzigen FDPler auf entscheidenden CS-Posten gefunden. Wer soll es gewesen sein?»

Überdies sei Rainer E. Gut CVPler, ergänzt Walter Kielholz. Und Urs Rohner sei «ein bekannter Anwalt und Pro-Sieben-Chef» gewesen, als er diesen mit Oswald Grübel zur CS.

Wer ist nun also wirklich Schuld am CS-Untergang?

Überhaupt, Urs Rohner. Dieser gilt in der öffentlichen Wahrnehmung in jüngerer Zeit als Hauptschuldiger am eigenen Schlamassel der CS, in welchem die Bank schliesslich unterging. Walter Kielholz nennt dies schlicht eine «steile These»: «Der Verwaltungsrat der Bank hat ihn jedes Jahr zur Wiederwahl vorgeschlagen. Und die Aktionäre haben ihn jedes Jahr wiedergewählt. Sehr viele Leute waren offensichtlich anderer Meinung.»

Der Personalentscheid für Rohner liege zwar bereits 14 Jahre zurück, so Walter Kielholz. Doch: «Ich kann meine Unterstützung aus damaliger Sicht auch heute noch rechtfertigen.»

Sieht Walter Kielholz auch eigene Fehler?

Auf mehrfaches Nachhacken sagt Walter B. Kielholz, dass er natürlich auch bei sich Fehler sieht. Wenn auch nicht entscheidende die nun zum Untergang der CS geführt haben. «Unser Fehler war, dass wir für die Boni keine Limite eingebaut hatten.»

Allerdings habe man «schlicht nicht damit gerechnet (…), dass wir so viel besser sein könnten als die anderen» und Brady Dougan am Ende einen Bonus von rund 70 Millionen zahlen müsse. Im Rückblick geht Kielholz hierzu noch einen Schritt weiter: «Man hätte einfach sagen sollen: Das bezahlen wir nicht.» Heute denke er, dass Dougan das akzeptiert hätte. «Diese Möglichkeit haben wir leider nicht genutzt.»

Wie ist Kielholz‘ Verhältnis heute zur Credit Suisse?

«Ich habe seit meinem Austritt aus dem Verwaltungsrat im Jahr 2014 keine vertraulichen Informationen mehr», sagt Walter Kielholz. Und seit seinem Ausscheiden habe er bei der Bank auch «keine Rolle mehr» – obwohl sein Name bis heute unzertrennlich mit jenem der Bank erwähnt wird.

Und so habe er sich am Sonntag, dem 19. März 2023, mit seiner Frau auch vor den Fernseher setzen müssen um zu erfahren, was mit «seiner» Grossbank geschah. Nämlich der von Bund, Nationalbank und Bankenaufsicht aufgezwungene Notverkauf an die Konkurrentin UBS.

Und weiter sagt der ehemalige «Mister CS» über diesen historischen TV-Abend: «Da habe ich dann kurz den Boden unter den Füssen verloren.»

Nach seiner Verwaltungsratskarriere bei der CS (1991 bis 2014, davon Präsident von 2003 bis 2009) wechselte Walter B. Kielholz als Präsident zum Rückversicherer Swiss Re. Dessen Verwaltungsrat präsidierte der heute 72-Jährige von 2009 bis 2021 und wurde dann zum Ehrenpräsident ernannt.

Als Kielzolz-Nachfolger bei Swiss Re ist damals übrigens Sergio Ermotti gewählt worden – der ehemalige, langjährige UBS-Chef aus dem Tessin. Dieser hat sein Präsidentenamt beim Rückversicherer inzwischen jedoch bereits wieder aufgegeben und ist als neuer CEO der fusionierten UBS-Credit-Suisse wieder ins Bankengeschäft zurückgekehrt.

UBS übernimmt Credit Suisse am 12. Juni – Aktien werden dann auch von der Börse genommen

Nun steht das Datum: Die Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS soll in einer Woche vollzogen werden. Wie die Credit Suisse am Montag in einer Mitteilung schreibt, soll auf dieses Datum hin auch der Handel mit ihren Aktien eingestellt werden. Der Übernahme-Deal wird bekanntlich mit einem Aktien-Tausch an CS-Aktionäre vollzogen. Diese erhalten für ihre Papiere UBS-Aktien.

Auch die Schweizer Börse teilte gleichentags mit, die Aktien der Credit Suisse würden am 12. Juni letztmals an der SIX gehandelt. Danach sollen die Namenaktien der Credit Suisse Group AG mit einem Nennwert von 0.04 Franken dekotiert werden. Wie die CS schreibt, sollen ihre Aktien auch auch von der New York Stock Exchange genommen werden. (sat)

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