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«Sie kaufen Produkte, die primär sättigen» – Millionen-Umsatz und Verkaufsrekord in verbilligten Caritas-Läden 

Das Hilfswerk Caritas betreibt Supermärkte mit verbilligten Produkten für Menschen mit schmalem Budget. Noch nie hatten sie so viele Kunden wie im vergangenen Jahr. Caritas spricht von «unhaltbaren Zuständen».

Wer in persönlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist, kann in Märkten des Hilfswerks Caritas einkaufen. In den Märkten werden Lebensmittel zu tiefen Preisen Angeboten. Die zum Einkauf notwendige Karte erhalten Betroffene von Sozialämtern, kirchlichen und privaten Sozialinstitutionen sowie von den regionalen Caritas-Organisationen.

Bezugsberechtigt sind Personen, die am oder unter dem Existenzminimum leben, Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen beziehen oder sich in einer Schuldensanierung befinden.

Nach Rekordjahr ist Situation noch einmal schlimmer geworden

Nun zeigen neue Zahlen der Caritas: Noch nie waren so viele Menschen in der Schweiz auf dieses Angebot angewiesen. «Nach dem Rekordjahr 2022 ist der Umsatz erneut um rund elf Prozent gestiegen, auf insgesamt 17,8 Millionen Franken», heisst es in einer Mitteilung der kirchlichen Hilfsorganisation.

An sämtlichen Standorten sei mehr Kundschaft ein- und ausgegangen als noch im Jahr zuvor. 3600 Einkäufe pro Tag verzeichneten die 22 Läden in der Deutsch- und Westschweiz. Insgesamt waren es 1,1 Millionen Kundenbewegungen. Das sind rund 50’000 mehr als noch im Jahr 2022. Und gemäss Caritas war dies bereits ein Rekordjahr.

Caritas führt die stark gestiegene Nachfrage auf die Inflation zurück. Weil Produkte und Dienstleistungen teurer werden, bekommt man weniger für das gleiche Geld. Am stärksten seien Grundnahrungsmittel teurer geworden. Caritas nennt ein Beispiel: «Der Preis des günstigsten Olivenöls im regulären Supermarkt ist innerhalb eines Jahres von 4,70 Franken auf 9,20 Franken pro Liter gestiegen.»

«Personen, die zu wenig Geld zum Leben haben, spüren die Teuerung am stärksten», sagt Thomas Künzler, Geschäftsleiter Genossenschaft Caritas-Markt. Als Folge kauften armutsbetroffene und armutsgefährdete Menschen häufig Produkte, «die primär sättigen». Für Künzler ist das ein unhaltbarer Zustand:

«Eine angemessene, würdevolle Ernährung, die den individuellen Bedürfnissen entspricht, ist ein Grundrecht und darf kein Luxus sein!»

Um dies zu gewährleisten sind auch frisches Gemüse und Früchte in den Gestellen der Märkte. Die Nachfrage danach ist gemäss Caritas überdurchschnittlich hoch. Während 2023 über alle Artikel betrachtet rund 14 Prozent mehr Produkte als im Vorjahr verkauft wurden, konnte bei den Frischprodukten ein Anstieg von 18 Prozent verzeichnet werden.

Auch die Caritas-Märkte seien von der Inflation betroffen. Im vergangenen Jahr hätten die Preiserhöhungen aber noch aufgefangen werden können und seien nicht vollumfänglich an die Kundschaft weitergegeben worden. Dies sei Produktspenden durch Lieferanten und der Unterstützung von Stiftungen zu verdanken.

Während die Nachfrage nach verbilligten Nahrungsmitteln steigt, ist die Zahl der Menschen, die Sozialhilfe beziehen zuletzt gesunken. Viele Armutsbetroffene verzichten auf den Bezug von Sozialhilfe: aus Scham oder aus Angst vor Konsequenzen für die eigene Aufenthaltsbewilligung.