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Die Astra-Bridge steht vor ihrem zweiten Einsatz – in Rothrist wird das Konstrukt ausgiebig getestet

Sie sollte Staus reduzieren – doch passiert ist das Gegenteil. Nun kommt die mobile Baustellenbrücke mit flacheren Rampen zurück auf die A1. Das Bundesamt für Strassen verspricht Besserung, die Bewährungsprobe steht kurz bevor.

Mit 60 Stundenkilometern fährt Daniel Dreier mit seinem Sattelschlepper auf die Astra-Bridge zu. Ganz ohne Reibungen funktioniert die Auffahrt auf die Rampe nicht, ein leichter Schlag ist in der Kabine zu spüren.

Doch was beim ersten Einsatz auf der A1 im Solothurner Wasseramt für ungeübte Chauffeure noch schwierig war, funktioniere nun ohne Probleme. «Die Überfahrt ist jetzt bequem und tadellos möglich», sagt Dreier, der das gleichnamige Transportunternehmen in Suhr in dritter Generation als Mitinhaber führt.

Daniel Dreier fährt mit 60 Stundenkilometern über die Brücke: «Bequem und bedenkenlos», sagt der Camionneur.
Bild: Bruno Kissling

Nachdem die als Weltneuheit gepriesene Astra-Bridge 2022 frühzeitig wieder abgebaut werden musste, weil es zu Staus und in den umliegenden Dörfern zu viel Ausweichverkehr kam, startet das Bundesamt für Strassen nun einen zweiten Anlauf. Ab dem 7. April wird sie auf der A1 zwischen Recherswil und Luterbach eingesetzt. Bis im August wird dort der Belag saniert.

So funktioniert die 7,3 Meter breite und 4,32 Meter hohe Astra-Bridge: Oben wird gefahren, darunter gebaut.

Anfang 2022 informiert das Bundesamt für Strassen (Astra) über eine Weltneuheit. Um auch tagsüber auf der Autobahn arbeiten zu können und dabei keine Spuren zu sperren, wurde die weltweit neuartige Astra-Bridge konzipiert. Erstmals zum Einsatz kommen soll sie auf der A1 nach der Verzweigung Luterbach.

– Am 21. Februar 2022 startet das Astra die Vorbereitungsarbeiten auf der Überholspur in Richtung Bern. Der grüne Mittelstreifen soll entfernt und der Deckbelag, der letztmals 2006 erneuert wurde, auf beiden Fahrspuren ersetzt werden. Und zwar zwischen April und Oktober und in einer zweiten Etappe im Januar 2023.

– In der Nacht vom 9. auf den 10. April wird die Brücke aufgebaut. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 60 Stundenkilometer. Bereits wenige Tage später kommt es zu Staus. Besonders Lastwagen bremsen auf 30 Stundenkilometer runter, Camionneure sprechen von einem «Schleudersitz».

– Am 21. April reagiert das Astra auf die zahlreichen Beschwerden und senkt das Tempolimit testweise auf 40 Stundenkilometer. Dadurch soll der Verkehr «ab sofort ruhiger und gleichmässiger rollen».

– Mitte Mai zieht das Astra eine Zwischenbilanz, sie fällt durchwachsen aus: Der Verkehrsfluss ist eingeschränkt, die Neigung der Auf- und Abfahrtsrampe für Lastwagenfahrer sei nicht befriedigend gelöst. Besonders im Berufsverkehr am Morgen kommt es zu Rückstaus. Die Dörfer leiden unter dem Ausweichverkehr. Dennoch will das Astra die Brücke erst im August abbauen und die Rampen anpassen.

– So weit kommt es nicht. Ende Juni zieht das Astra die Reissleine und die Brücke vorzeitig aus dem Verkehr. In der Nacht vom 25. auf den 26. Juni wird sie abgebaut.

– Im September 2022 diskutiert der Solothurner Kantonsrat intensiv über die Astra-Bridge. Baudirektorin Sandra Kolly will einen möglichen weiteren Einsatz «genau prüfen».

– Im Januar 2023 teilt das Astra mit, dass die Brücke für 5 Millionen Franken optimiert wird und erst im Frühling 2024 wieder zum Einsatz kommt.

–     Im Frühling 2023 fordert die Solothurner SVP im Kantonsrat, die Astra-Bridge aus dem Verkehr zu ziehen. So weit will die Regierung nicht gehen, die Brücke aber «auf Bewährung» akzeptieren.

– Im Herbst 2023 fordert die SVP erneut einen Verzicht auf die Astra-Bridge, und zwar so lange, bis die Autobahn auf sechs Spuren ausgebaut ist. Davon wollen Parlament und Regierung nichts wissen. Sie fordern aber vom Astra, dass die Stausituation auf Kantonsstrassen konsequent überwacht wird. (cra)

«Habt keine Angst – die Brücke hält!»

Richard Kocherhans.
Bild: Bruno Kissling 

Die Idee hinter dem Konstrukt: Während oben der Verkehr zweispurig rollt, kann darunter tagsüber gearbeitet werden. Das sei sicherer für Verkehrsteilnehmer und Arbeiter, sagt Richard Kocherhans, Leiter der Astra-Filiale in Zofingen. Zudem entfalle die ungeliebte Nachtarbeit. Nicht zuletzt müssen auf dem Baustellen-Abschnitt weder Fahrstreifen reduziert noch Fahrzeuge auf die Gegenfahrbahn umgeleitet werden.

Bevor es so weit ist, wurde die Brücke umgebaut und auf dem Lagerplatz Rothrist, gleich bei der Ausfahrt Wiggertal, ausgiebig getestet. Insbesondere wurden die Auf- und Abfahrtsrampen um zehn Meter verlängert und etwas abgeflacht. Statt 6,1 Prozent beträgt die Steigung am Anfang und Ende nun 1,25 Prozent.

Die Astra-Bridge ist mobil und wird pro Tag mit der Baustelle um 100 Meter verschoben.
Bild: Bruno Kissling

Beim Astra ist man überzeugt: Die aufgetretenen Schläge werden dadurch massiv vermindert. Dies unterstrichen die Rückmeldungen von Vertretern aus der Transport- oder Baubranche. Sie bewerten die Astra-Bridge bezüglich Fahrkomfort nun mit der Schulnote 5. Und auch Boris Boss von der Kantonspolizei Solothurn, der am Mittwoch ebenfalls am Medientermin in Rothrist vor Ort ist, gibt grünes Licht: «Habt keine Angst, wenn ihr auf die Brücke zufährt – sie hält!»

Kanton prüft flankierende Massnahmen

Doch trotz aller Anstrengungen und Optimierungen: «Eine Baustelle bleibt eine Baustelle», sagt Richard Kocherhans. «Eine Garantie für einen ungehinderten Verkehrsfluss gibt es nicht.» Deshalb wird man den Einsatz der Astra-Bridge in den umliegenden Gemeinden genau beobachten.

Jürg Merian, Projektleiter der Astra-Bridge, unter der Brücke. Hier können Strassenbauer tagsüber den Belag auftragen.
Bild: Bruno Kissling

Mittels Anzeigen wird das Astra über die Reisezeiten auf der Autobahn, den Kantons- und Gemeindestrassen informieren. «Damit es für die Verkehrsteilnehmer interessanter bleibt, auf der Autobahn zu bleiben», sagt Kocherhans. Wenn nötig dosiere man zudem den Verkehr bei den Ausfahrten.

Parallel prüft man im Solothurner Baudepartement mögliche flankierende Massnahmen auf dem Kantonsstrassennetz. Laut Kocherhans könnten dies zum Beispiel Verkehrsdienste an kritischen Stellen oder auch der Einsatz von Ampeln sein. Im April will der Kanton über diese Massnahmen informieren.

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