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«Wir sind erleichtert, aber da ist auch Enttäuschung vorhanden» – Langmatt-Bilder erzielen deutlich weniger Geld als erwartet

Das Hauptwerk «Früchte und Ingwertopf» aus der Sammlung des Museums Langmatt wurde in der Nacht auf Freitag für 33,5 Millionen US-Dollar verkauft. So haben Museumsdirektor Markus Stegmann und Stiftungsratspräsident Lukas Breunig die Auktion erlebt.

Was für ein Kunstkrimi um die Versteigerung dreier Bilder von Paul Cézanne aus der Impressionisten-Sammlung des Badener Museums Langmatt. Bis zuletzt blieb es spannend. 40 Millionen Franken setzte sich die Langmatt zum Ziel, letztlich spülte die Auktion 40,32 Millionen Franken in die marode Stiftungskasse (siehe Artikel auf Seite 11).

Bei Lukas Breunig-Hollinger, Präsident der Stiftung Langmatt, und Museumsdirektor Markus Stegmann ist die Erleichterung darüber deutlich spürbar – auch wenn das angesetzte Minimalziel nur haarscharf erreicht wurde. Die beiden sowie zwei weitere Stiftungsräte wohnten der Auktion vor Ort im New Yorker Auktionshaus Christie’s bei.

Lukas Breunig-Hollinger, Präsident Stiftung Langmatt.
Bild: zvg

«Wir haben die Reise in die USA auf eigene Kosten und nicht etwa zulasten der Stiftung finanziert», sagt Breunig. «Es war essenziell, vor Ort zu sein, weil vor der Versteigerung unter anderem wichtige Verhandlungen mit dem Auktionshaus stattfanden.» So musste das Museum etwa noch gemeinsam mit Christie’s den ausschlaggebenden Wechselkurs festlegen. Denn hätte das Hauptwerk mit seinem geschätzten Wert von 35 bis 55 Millionen US-Dollar bereits den erforderlichen Erlös erzielt, hätten die anderen beiden Werke nach Baden zurückkehren können.

Dafür hätte das Gemälde «Früchte und Ingwertopf» für 45 Millionen US-Dollar versteigert werden müssen. Mit dem Verkaufspreis von 33,5 Millionen Dollar liegt es klar darunter. Freudensprünge über das erreichte Ziel wären bei diesem Ergebnis fehl am Platz.

Markus Stegmann, Direktor des Museums Langmatt.
Bild: Chris Iseli

Trotzdem hält das Museum in einer Mitteilung fest: «Diese Punktlandung ist angesichts des angespannten Marktumfelds ein gutes Resultat und bestätigt die Richtigkeit des gewählten Wegs zur Rettung des Museums.» Und auch Direktor Stegmann sagt am Tag nach der Auktion: «Wir sind zufrieden, dass wir das kommunizierte Ziel erreicht haben und damit den Fortbestand unseres Museums sichern können.» Dass der Verkaufspreis unter dem Schätzwert läge, sei ausserhalb des eigenen Einflusses und zu akzeptieren.

Und doch: «Klar ist auch Enttäuschung vorhanden», sagt Stegmann. «Der Markt ist im Moment sehr ungünstig.» Die Vertreter der Langmatt sassen während der Auktion in der hintersten Reihe, waren mittendrin. «Die Sekunden bis zum nächsten Gebot waren jeweils sehr lang. Die Spannung war greifbar», sagt Stegmann.

Diskussion um Herkunft wirft nach wie vor Fragen auf

Der Bildverkauf wurde weltweit zum Thema – selbst internationale Zeitungen berichteten über das Badener Museum. Und dann kam auch noch heraus, dass das Hauptwerk, der «Ingwertopf», dem deutsch-jüdischen Kunsthändler Jakob Goldschmidt gehörte, der sich 1933 unter Druck des aufkommenden Nationalsozialismus zum Verkauf des Meisterwerks gezwungen sah.

Ob die Diskussionen um die Veräusserung von Werken aus der eigenen Sammlung und die problematischen Besitzverhältnisse einen Einfluss auf die Auktion hatten? Nach Einschätzungen von Dirk Boll, Vorstand für Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts bei Christie’s, nicht (siehe Artikel oben). Recherchen dieser Zeitung haben nun aber ergeben, dass die Provenienz des Bildes – also dessen Herkunft – nach wie vor Fragen offen lässt.

Das Museum Langmatt wird von 2024 bis 2026 umfassend saniert. Den Grossteil der Kosten dafür trägt die Stadt Baden.
Bild: Severin Bigler

Im Katalog des Museums Langmatt von 1990 wird in der Provenienz erwähnt, dass sich das Bild im Besitz der Berliner Galerie Goldschmidt befand, bevor es im November 1933 für 57’575 Franken über die Galerie «L’Art moderne s.a.» in Luzern durch Jenny und Sidney Brown erworben wurde. Im Katalog aus dem Jahr 2001 fehlt diese Angabe. Diese Umstände hätten doch alle Alarmglocken schrillen lassen sollen.

«Warum dieser Hinweis im einen Katalog vorkommt und im anderen nicht, können wir aus heutiger Sicht nicht mehr rekonstruieren. Das war beides lange vor unserer Zeit», sagt Direktor Stegmann. Provenienzforschung sei grundsätzlich unberechenbar. Die Lage könne sich von einem auf den anderen Tag ändern, wenn neue Dokumente auftauchen.

Fest steht: Die Besitzverhältnisse wurden mittlerweile geregelt. Das Museum und die Erben von Jakob Goldschmidt haben eine Abmachung getroffen. Die finanziellen Mittel, um diese zu erfüllen, seien vorhanden. Über Details des Vertrags wurde jedoch Stillschweigen vereinbart. Der Erlös der Auktion fliesst nun vollumfänglich in die Kasse der Stiftung.