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Grosser Rat diskutiert Englisch als Unterrichtssprache und lehnt die Kriminalstatistik nach Nationalität ab

Der Kanton prüft Möglichkeiten für zweisprachigen Unterricht an der Volksschule. Zudem hat der Grosse Rat die Forderung von Ad­rian Schoop, die polizeiliche Kriminalstatistik nach Nationalität und Aufenthaltsstatus aufzuschlüsseln, abgelehnt.

Die ganz grossen Geschäfte hatte der Grosse Rat in seiner zweiten Sitzung des Jahres nicht zu besprechen. Einen guten Teil des Vormittags nahm die Debatte über die Erschliessung des Sisslerfelds ein. Vor allem die Fricktalerinnen und Fricktaler im Rat hatten dort Redebedarf. Der dafür angepasste kantonale Nutzungsplan wurde schliesslich deutlich, mit 109 zu 22 Stimmen, beschlossen.

Am Nachmittag war eine Serie von Vorstössen des Bildungsdepartements an der Reihe. Diskussionslos überwiesen wurde eine Motion der FDP-Fraktion, die weniger Bürokratie für Stellvertretungen an den Schulen fordert. Ebenso ein Vorstoss von Bildungspolitikerinnen aus SP, Grünen, Mitte und GLP, der ein Gesetz für Lehrpersonen ohne anerkanntes Diplom verlangt.

Überwiesen wurde vom Grossen Rat auch ein Postulat, eingereicht als Motion, um Roland Kuster (Mitte). Es will die Möglichkeit für zweisprachigen Unterricht an der Volksschule schaffen. Hierzu gab es allerdings Diskussionen. Gegen den bilingualen Unterricht stellte sich die SVP. Man versuche, mit Tausenden von Franken die mangelnden Deutschkenntnisse von Kindern an den Aargauer Schulen zu verbessern. Dass man sie jetzt zusätzlich noch in einer anderen Sprache unterrichten will, leuchte nicht ein, sagte Tonja Burri für die Fraktion.

Gut für den Standort

Wolle der Regierungsrat den Kanton als Wirtschaftsstandort etablieren, müsse er mit der Zeit gehen, meinte hingegen Motionär Roland Kuster. Beim geforderten zweisprachigen Unterricht ist nämlich keine zweite Landessprache gemeint, sondern Englisch. Englisch habe einen bedeutenden Stellenwert, sagte Mitmotionärin Ruth Müri (Grüne), Menschen mit guten Englischkenntnissen seien im Vorteil. Am einfachsten sei es in jungen Jahren, eine Fremdsprache zu lernen – also in der Schulzeit. Hier könnte der zweisprachige Unterricht in Sachfächern helfen.

Das findet auch die GLP: Zweisprachiger Unterricht biete eine Chance, sagte Markus Lang für die Fraktion. Ein Pilotprojekt, das den zweisprachigen Unterricht vorantreiben könnte, würde die SP begrüssen. Und Titus Meier (FDP) gab zu bedenken, dass die Schülerinnen und Schüler heute durch die sozialen Medien und durchs Gamen Englisch rascher beherrschten als früher. Im zweisprachigen Unterricht werde das vor allem geübt.

Kritischer war die EVP. Englisch und Deutsch seien nicht gegeneinander auszuspielen, sagte Fraktionschef Uriel Seibert. Sachfächer würden unterrichtet, damit die Schülerinnen und Schüler in diesen Grundkompetenzen erlangten. Unterricht in einer Fremd­sprache erschwere das. Weiter sei es für die Integration von Kindern von Expats wenig förderlich, wenn sie in der Schule Englisch redeten.

Gar keinen Vorteil in zweisprachigem Unterricht sah Sander Mallien (GLP). Er erinnerte daran, dass die Schulen unter Fachkräftemangel leiden. Wolle man, dass die Lehrpersonen auch auf Englisch unterrichten, müssten sie diesbezüglich zuerst ausgebildet werden.

Hürzeler: Aufwendig, aber auch eine Chance

Bildungsdirektor Alex Hürzeler gab zu bedenken, dass zweisprachiger Unterricht für die Schulen Mehraufwand bedeuten würde. Zudem sei das Anwenden und Beherrschen der deutschen Sprache ein Grundauftrag der Schule im Aargau. Aber zweisprachiger Unterricht könne eine Chance sein, meinte er. Der Grosse Rat sah das ebenso und überwies das Postulat mit 77 Ja- zu 54 Nein-Stimmen.

Abgelehnt hat der Grosse Rat eine Motion der FDP-Fraktion für eine neue Struktur des Schuljahres. Mittels eines Pilotprojekts wollte die Partei aufzeigen, wie man den Unterricht besser verteilen kann, um Schüler und Lehrpersonen zu entlasten. Dafür gäbe es weniger Ferienwochen, was wiederum den Eltern für die Fremdbetreuung entgegenkäme.

Davon hielten die anderen Parteien aber wenig. Das Betreuungsproblem müsse in den Gemeinden und von der Wirtschaft gelöst werden, sagte Ruth Müri für die Grünen. Der Aargau würde, mit weniger Ferien, für Lehrpersonen ein unattraktiver Arbeitgeber, bemerkte Annetta Schuppisser für die GLP. Der Aargau habe schon heute weniger Sommerferien als andere Kantone, meinte Miro Barp (SVP). Ein Pilotprojekt würde nur die Auswirkung auf die Schule, nicht aber auf die Gesellschaft aufzeigen, monierte er. Der Vorstoss scheiterte mit 107 Nein- zu 25 Ja-Stimmen.

Grosser Rat lehnt Kriminalstatistik nach Nationalität ab

FDP-Grossrat Adrian Schoop wollte die polizeiliche Kriminalstatistik so anpassen lassen, dass bei ausgewählten Straftaten die Anzahl der Begehungen und die Anzahl der Täter, aufgeschlüsselt nach Nationalitäten und Aufenthaltsstatus, angegeben werden. Das erhöhe die Transparenz und erlaube es, sicherheitspolitische Instrumente zielgerechter einzusetzen, begründete Schoop seinen Vorstoss. Seien die Nationalitäten bekannt, könne man gezielt und differenziert sensibilisieren.

Der Regierungsrat aber lehnte das Begehren ab und ihm folgte die Mehrheit des Parlaments, mit 67 Nein- zu 64 Ja-Stimmen. Die Umsetzung der Motion würde keinen Mehrwert bringen, war der Tenor. «Der Vorstoss hat mit Effekthascherei zu tun», sagte Harry Lütolf (Mitte). Die Behörden hätten diese Daten bereits, man wolle sie einfach auch der Bevölkerung zur Verfügung stellen. Welche Rückschlüsse man daraus ziehen könne, sei indes schleierhaft.

«Sobald es um die geliebte Sündenbockpolitik gegen Ausländerinnen geht, ist Geld und Effizienz kein liberales Mantra mehr», sagte Lelia Hunziker (SP). Dabei verlange die FDP doch immer nach einer effizienten, schlanken Verwaltung. Wolle man Kriminalität wirklich bekämpfen, dann mit Investitionen in Integration, Bildung, Sozialwesen und Wohnungsbau.

Man wisse, dass es bei gewissen Delikten Häufungen gewisser Nationalitäten gebe, sagte Regierungsrat Dieter Egli. Um das einzuschätzen, reiche die bisherige Statistik aber aus. Ausserdem dürfe man keine Daten veröffentlichen, die Rückschlüsse auf die Person erlauben könnten. Die öffentliche Nennung der Nationalitäten sei also auch deswegen heikel.