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Jung und besoffen wurden sie morgens um vier Uhr kriminell – für den 80-Franken-Raub erhalten sie nun die Quittung

Ein Quartett von 17- und 18-jährigen raubte eines Nachts beim Badener Trafoplatz zwei Jugendliche aus. Die beiden Minderjährigen wurden vom Jugendgericht verurteilt, die beiden älteren mussten sich nun vor dem Bezirksgericht verantworten. 

Es ist gegen 4 Uhr morgens. Auf dem Trafoplatz in Baden sind zwei Schüler (16- und 17-jährig) unterwegs, als sie sich plötzlich von vier Burschen eingekreist sehen: Baki, Pascal – beide 17-jährig – und die ein Jahr älteren Aslan und Marco (alle Namen geändert) fordern von den Schülern die Herausgabe der Portemonnaies.

Der Eine leistet keinen Widerstand und das Quartett erbeutet 40 Euro. Als das zweite Opfer sich weigert, droht Aslan, ihm die Nase zu brechen. Das wirkt und die Täter machen sich mit zusätzlich 40 Franken aus dem Staub. Sie kommen nicht weit. Die von den Opfern avisierte Polizei kann die vier Täter wenig später festnehmen.

Zwei Täter waren minderjährig

Zugetragen hatte sich das Ganze an einem Samstagmorgen im Februar 2020. Später mussten sich Baki und Pascal, zur Tatzeit minderjährig, vor dem Jugendgericht verantworten, dessen Verhandlungen nicht öffentlich sind. Aslan und Marco sassen diese Woche, begleitet von Anwälten, in Baden vor Einzelrichterin Angela Eckert.

Beschuldigt des Raubes forderte die Staatsanwältin für Pascal eine bedingte Freiheitsstrafe von 9 Monaten und 200 Franken Busse, für Aslan – zusätzlich beschuldigt der mehrfachen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes – 10 Monate Freiheitsstrafe bedingt und 300 Franken Busse.

Beide Angeklagte, heute knapp 21-jährig, wohnen nicht im Aargau. Beide sind kräftig gebaut; insbesondere Aslan ist ein richtiger Brocken. Das schwarze, von Gel glänzende Haar trägt er im Nacken zusammengebunden. Schwarz sind auch Brille, wuchernder Bart, Shirt und Hose. Er wohnt noch zu Hause, kann nächstes Jahr eine Lehre als Logistiker beginnen und arbeitet momentan in einem Callcenter für einen Stundenlohn von 26 Franken.

Die Tat hatte Aslan von Anfang an unumwunden zugegeben. Vor Gerihct sagte er:

«Ich hatte sehr viel Alkohol und auch Kokain intus. Es war einfach nur dumm und ich bereue es natürlich.»

Der Schüler, dem er gedroht hatte, wohnte mit seiner Mutter der Verhandlung bei. «Ihm habe ich geschrieben, dass es mir leidtue, aber nichts von ihm gehört.» Die Idee zum Überfall habe Baki gehabt: «Kommt, machen wir das jetzt, hat er gesagt.»

Der Mitangeklagte Marco trägt ebenfalls Brille, das helle Haar aber im Millimeterschnitt. Als ausgebildeter Handwerker verdient er 4500 Franken; die Wohnung teilt er mit seiner Freundin. Wie Aslan gibt auch er zu Protokoll, weder Vermögen noch Schulden zu haben.

Zwar sei er dabei gewesen, als der Entschluss fiel, den Vorschlag von Baki in die Tat umzusetzen, «aber um was es ging, habe ich nur zum Teil realisiert», sagte er und fuhr fort:

«Ich war betrunken und todmüde.»

Aber, so die Richterin, er habe doch mitgemacht. «Nein, das würde ich nie. Ich war nur dabei, habe aber etwa drei Meter entfernt von den Opfern gestanden.»

Aslans Verteidiger forderte eine bedingte Geldstrafe und 200 Franken Busse. «Mein Mandant ist kein gefährlicher Straftäter. Er hat eine Jugendsünde begangen, bei der Alkohol und Kokain keine unerhebliche Rolle spielten. Aslan weiss genau, dass er ‹en Seich› gemacht hat und bereut es aufrichtig.»

Die Anwältin von Marco ihrerseits beantragte nicht nur einen Freispruch, sondern auch 200 Franken Haftentschädigung: Von 4.05 Uhr bis 17 Uhr respektive 18.30 Uhr waren Pascal und Aslan vorläufig festgenommen gewesen. «Mein Mandant war bei der Tat zwar zugegen, aber weder physisch noch mental daran beteiligt gewesen.»

Bedingte Freiheitsstrafen für beide Beschuldigte

Richterin Angela Eckert sprach Aslan schuldig gemäss Anklage: 9 Monate Freiheitsstrafe bedingt auf 2 Jahre und 300 Franken Busse, so das Verdikt. «Aslan wurde von den Opfern als Anführer der Gruppe wahrgenommen und es ist erstellt, dass er es war, der mit Nasenbruch gedroht hatte. Die Betäubungsmittelvergehen hat er eingestanden.»

Marco wurde schuldig gesprochen der Gehilfenschaft zum Raub und zu 6 Monaten Freiheitsstrafe, bedingt auf 2 Jahre, verurteilt. «Er hatte sehr wohl Kenntnisse vom Plan und ist trotzdem geblieben. Auch hat er seinen Anteil an der Beute an sich genommen», so die Richterin. Auch wenn er etwas Abstand hatte, so habe allein seine physische Präsenz am Tatort den Raub gefördert.

Beide Verurteilten müssen Untersuchungs- und Gerichtskosten sowie die Anklagegebühr berappen. Bei Aslan sind das knapp 3000 Franken, bei Marco rund 1700 Franken. Die Anwaltskosten werden vorläufig vom Staat übernommen.