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Büro-Angestellte verziehen sich in die Ferienwohnung – doch Schweizer Firmen reagieren empfindlich

Arbeiten, wo man normalerweise Ferien macht: Dieser «Workation» genannte Trend setzt sich auch in der Schweiz durch, zeigen neue Zahlen. Aber die Firmen sind vorsichtig in Sachen Homeoffice.

Laptop zu und ab auf die Piste: Diesen Traum erfüllen sich in Zeiten der Homeoffice-Pflicht immer mehr Angestellte. Darauf deuten neue Zahlen des Online-Diensts E-domizil hin, die CH Media vorliegen. Er hat im vergangenen Jahr 37 Prozent mehr Reisende gezählt. Schon 2020 wurden 39 Prozent mehr Buchungen registriert als noch 2019.

WERBUNGImmer mehr Personen in der Schweiz nutzen demnach Ferienunterkünfte als Alternative fürs Home-Office. «Die Pandemie hat die Büropräsenzpflicht weggefegt. Die Trennung von Arbeits- und Freizeitwelt löst sich immer mehr auf», heisst es in einer Mitteilung.

«Vermieten Sie ihre Ferienwohnung»Seit 2019 habe sich die Zahl der Buchungen durch Alleinreisende mehr als verdoppelt. Diese reisten zudem vermehrt ausserhalb der Hauptreisezeiten. So sei die höchste Zahl von Alleinreisenden im September und Oktober auszumachen gewesen. Diese hätten vergangenes Jahr eine überdurchschnittlich lange Aufenthaltsdauer im Ferienort verbracht – und es seien «ausgesprochen viele Anfragen nach Feriendomizilen mit starkem WLAN und gut eingerichteten Arbeitsplätzen» eingegangen.

«Die hohe Nachfrage führte in Spitzenzeiten zu einer noch nie dagewesenen Angebotsknappheit», heisst es in der Mitteilung. E-Domizil-Geschäftsführer Marcel Meek ruft deshalb nicht uneigennützig Zweitwohnungsbesitzer auf, ihre Ferienwohnungen zu Leerzeiten in die Vermietung zu geben.

Schweizer Firmen sind konservativDie Vermischung von Arbeit (englisch: «Work») und Ferien («Vacation») wird auch «Workation» genannt. Der vergleichsweise junge Trend könnte allerdings schon bald wieder abflachen, wenn der Bundesrat am Mittwoch die Aufhebung der Homeoffice-Pflicht per 16. Februar beschliesst, wie es erwartet wird.

WERBUNGDenn Schweizer Firmen sind keine Fans von Homeoffice. Sie dürften ihre Mitarbeitenden wieder häufig ins Büro zurückbeordern, wenn das Homeoffice nicht mehr verpflichtend ist. Darauf deuten Daten einer Studie der OECD und der Jobseite Indeed hin.

Schweiz unter dem DurchschnittSie haben die weltweite Akzeptanz und Ausbreitung von Homeoffice in Unternehmen untersucht. Es sei ein «Trend, der offenbar die Pandemie überdauern werde». In den meisten Ländern sei der Anteil von Homeoffice deutlich in die Höhe geschnellt. Der durchschnittliche Anteil in 20 untersuchten Staaten habe sich seit Beginn der Pandemie mehr als verdreifacht.

Der durchschnittliche Anteil von Stellenanzeigen, in denen auf eine Homeoffice-Möglichkeit hingewiesen wurde, lag demnach im September 2021 bei 7,5 Prozent. In der Schweiz war er mit 7,08 Prozent deutlich tiefer (siehe Grafik).

So beliebt ist HomeofficeAnteil von Stelleninseraten mit Hinweis auf Homeoffice im September 2021 in Prozent0246810121416PolenSpanienÖsterreichKanadaDeutschlandAustralienIrlandVereinigtes KönigreichMexikoUSADurchschnittSchweizLuxemburgSchwedenNeuseelandItalienNiederlandeFrankreichIsraelBelgienJapanLandQuelle: OECD/Indeed – Grafik: ehsHäufiger auf Homeoffice setzen Firmen in Polen, Spanien, Österreich oder Deutschland. Wie die Studie zeigt, konnte die Schweiz in Sachen Homeoffice auch nicht zulegen – im Gegenteil. Das zeigt der Vergleich der Stellenanzeigen mit Homeoffice-Verweis des Jahres 2019 mit jenen während der Pandemie. In der Schweiz nahm der Anteil nur um gut 2 Prozentpunkte zu.

Damit rangiert die Schweiz in Sachen Homeoffice-Zunahme auf Platz 15 von 20. Nur in Neuseeland, Schweden, Belgien, Irland und Japan, wo Homeoffice praktisch inexistent ist, war dieser Wert tiefer. In Spanien, Irland oder Kanada nahm der Anteil in den Inseraten um über 6 Prozentpunkte zu.

Der Katalysator fehltAuf den ersten Blick erstaunt das, ist doch die Schweiz mit ihrem grossen Dienstleistungssektor prädestiniert für Arbeit ausserhalb des Büros. Der Grund könnte anderswo liegen. Laut der Studie wirkten Einschränkungen der Mobilität im Zug der Pandemie als Katalysator für Homeoffice: Erst durch Zwang setzten viele Firmen erstmals auf die Arbeit von zuhause.

In den meisten Ländern ging der Anteil dann nicht mehr gross zurück, als die Massnahmen gelockert wurden. Das könnte darauf hindeuten, dass die Arbeitgebenden und -nehmenden die Vorzüge des Arbeitens von zuhause aus schätzen gelernt haben. In der Schweiz, wo vergleichsweise milde Restriktionen herrschten und die Homeoffice-Pflicht kaum kontrolliert oder konsequent vorgelebt wird, fehlte dieser Katalysator wohl ein Stück weit – und viele Firmen kamen gar nicht erst dazu, Homeoffice ernsthaft ausprobieren zu müssen.

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