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«Die Gemeinden im unteren Wiggertal sind eine Stadt mit 50000 Einwohnern»

Regionalplaner Tobias Vogel spricht im zt Talk über das Wachstum in der Region Zofingen, die Skepsis der Bevölkerung gegenüber Verdichtung – und warum die Gemeinden die künftige Entwicklung unbedingt gemeinsam angehen müssen.

Die 16 Gemeinden des Regionalplanungsverbandes Zofingenregio haben ein neues Entwicklungskonzept ausgearbeitet, das im Entwurf vorliegt. Im August geht es dann ans Eingemachte: Die Vertreter der Gemeinden wollen sich auf ein Massnahmenpaket einigen, das eine gemeinsame Stossrichtung der künftigen Entwicklung definiert. Für die Umsetzung zuständig ist Regionalplaner Tobias Vogel.

Das neue Regionale Entwicklungskonzept (REK) ist sein wichtigstes Projekt. «Wir arbeiten in einem partizipativen Prozess mit allen 16 Gemeinden zusammen und lösen die Grundlagen, die teilweise älter als 15 Jahre alt sind, ab», sagt er. Der Raum Zofingen sei eine sehr dynamische Region: «Wir sind das Zentrum der Schweiz.» Das führe zu entsprechenden Herausforderungen: «Verkehr ist ein wichtiges Thema, das Bevölkerungswachstum ein anderes.» Menschen, die schon länger hier wohnen, sind mehr unterwegs als noch vor 20 Jahren – und beanspruchen mehr Wohnraum. «Wir nutzen den Raum immer intensiver. Gleichzeitig wird dieser aber nicht grösser.» Das führt zu Nutzungskonflikten. 

Zur Person

Tobias Vogel (1976) studierte Geographie an der Universität Zürich. Von 2006 bis 2010 war er Raumplaner beim Amt für Gemeinden und Raumordnung des Kantons Bern; 2010 wurde er Raumplaner und Projektleiter beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau. Seit November 2018 ist er Leiter der Raumplanung beim Verband Zofingenregio und Geschäftsführer des Vereins AareLand. Vogel lebt in Burgdorf und ist Vater von zwei erwachsenen Kindern. 

Das Wachstum beschäftige die Bevölkerung stark, sagt Vogel. «Die Skepsis ist definitiv vorhanden. Es ist deshalb unbedingt nötig, dass die Raumplanung darauf gute Antworten liefert.» Oft löse der Begriff Verdichtung Ablehnung aus. «Man hat sofort schlechte Beispiele vor Augen.» Eine wichtige Aufgabe der Regionalplanung sei, der Bevölkerung aufzuzeigen, dass Verdichtung positiv sein könne. «Ein Beispiel ist die Überbauung auf dem Gebiet Gishalde-Steinbille beim Bahnhof Aarburg-Oftringen. Sie wird demnächst auf einer nationalen Plattform als sehr gutes Beispiel erscheinen.» Verdichtung biete auch Chancen: «Beispielsweise dann, wenn es darum geht, die Taktfrequenzen des öffentlichen Verkehrs zu erhöhen. Oder, dass ein Laden langfristig betrieben werden kann.» Verdichtung meine nicht, dass überall in der Region Hochhäuser entstehen: «Es gibt Gebiete, wo das durchaus Sinn macht. Und es gibt Gebiete, wo es das Falscheste ist, was man machen kann.»

Im Entwicklungskonzept sind so genannte funktionale Räume definiert. Sie sind laut Vogel «das Gegenteil davon, dass alle Gemeinden alles für sich alleine machen». Es gehe darum, gemeinde- und kantonsübergreifend gute Lösungen zu finden. Vogel erklärt als Beispiel die urbane Struktur: «Die Gemeinde im unteren Wiggertal – Aarburg, Oftringen, Rothrist, Zofingen – sind weitgehend zusammengewachsen.» Eigentlich seien das nicht vier Gemeinden – sondern «eine Stadt mit 50’000 Einwohnern». In diesem Kontext sei es nötig, den Raum so zu entwickeln, als wäre er eine Einheit. «Und dass man sich überlegt, wo es in dieser Stadt Zentren gibt, wie diese sich ergänzen – und wie sie verkehrstechnisch miteinander verbunden sind.» Eine Überlegung sei, eine Busverbindung zu haben, die im 12-Minuten-Takt die Quartierzentren miteinander verbindet.

Wie gross ist die Gefahr, dass das Konzept ein Papiertiger bleibt? «Die Gefahr besteht meiner Meinung nach nicht», sagt Vogel. An der nächsten Konferenz mit den 16 Gemeinden im August sollen die Massnahmen verabschiedet werden. «Die Massnahmen werden priorisiert. Es gibt ein Pflichtenheft für mich als Regionalplaner, aber auch für die Gemeinden.» Das Entwicklungskonzept sei zwar kein verbindliches Planungsinstrument. «Aber Vertreter jeder Gemeinde werden es unterschreiben – mit Stempel. Es ist also nicht nichts.» Es werde seine Aufgabe als Regionalplaner sein, die Gemeinden an die Grundsätze zu erinnern, falls diese davon abweichen.

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