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Ukraine-Flüchtlinge: Kosten für Kanton fallen deutlich niedriger aus, als im Frühling angenommen

Noch im Mai rechnete der Kanton mit über 22'000 Ukraine-Flüchtlingen und Kosten von 45 Millionen Franken für Unterkunft, Betreuung und Unterstützung im laufenden Jahr. Nun zeigt eine Nachfrage der AZ: Die Zahl der Geflüchteten ist markant tiefer, einen Grossteil der Kosten zahlt der Bund.

Vor rund fünf Monaten, am 20. Mai, beantragte der Regierungsrat dem Grossen Rat beträchtliche finanzielle Mittel für die Unterbringung, Betreuung und Unterstützung der geflüchteten Menschen aus der Ukraine. Um die Kosten bis Ende des Jahres 2022 zu decken, genehmigte das Kantonsparlament am 28. Juni zwei Nachtragskredite über insgesamt 45,3 Millionen Franken. Dabei rechnete das Departement Gesundheit und Soziales für das Jahr 2022 mit täglichen Zuweisungen in den Aargau von durchschnittlich 80 Personen.

Daraus ergab sich ein Szenario mit 22’600 Ukraine-Flüchtlingen, die bis Ende Jahr im Aargau untergebracht werden müssten. Brutto hätten sich die Kosten für deren Unterbringung, Betreuung und Unterstützung auf 184,7 Millionen Franken belaufen. Der Bundesbeitrag hätte sich bei 22’600 Ukraine-Flüchtlinge auf 139,4 Millionen Franken summiert, der Kanton hätte die restlichen 45,3 Millionen übernehmen müssen.

Weniger Menschen als angenommen flüchteten in den Aargau

Doch wie sehen die Zahlen heute in Wirklichkeit aus? 4582 Personen mit Schutzstatus S leben derzeit im Aargau – damit liegt die Ukraine mit deutlichem Abstand vor Afghanistan (974 Personen), Eritrea (535) und Syrien (496) an der Spitze der Herkunftsländer von Geflüchteten im Kanton. Doch die Zahl der Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg geflüchtet sind und jetzt im Aargau wohnen, ist damit deutlich tiefer, als im Mai angenommen.

Auch wenn dem Kanton in den letzten zwei Monaten des Jahres noch mehrere hundert weitere Ukraine-Flüchtlinge zugewiesen werden: Das Szenario «hoch» mit gut 22’000 Geflüchteten dürfte nicht eintreten. Michel Hassler, Sprecher des kantonalen Gesundheits- und Sozialdepartement, teilt auf Anfrage der AZ mit:

«Der Kantonale Sozialdienst rechnet im Jahr 2022 mit Gesamtkosten von rund 50 bis 60 Millionen Franken für Unterbringung, Unterstützung und Betreuung der Schutzsuchenden aus der Ukraine.»

Dies unter der Annahme, dass keine Notlage eintritt und der Kanton auf eine unterirdische Unterbringung verzichten kann. Bei den 50 bis 60 Millionen Franken handelt es sich um einen Bruttobetrag, die Zahl muss also mit den 185 Millionen verglichen werden, die im Mai angenommen wurden. Auf die Frage nach der Nettobelastung des Kantons sagt Hassler: «Ein Grossteil dieser Aufwendungen wird durch die Globalpauschale des Bundes von 1539.30 Franken pro Person und Monat abgedeckt.»

Effektive Kosten werden sich erst später zeigen

Die Kantone haben aber keinen Anspruch auf volle Kostendeckung, wie der Sprecher erklärt. Aus der Berechnung des Departements im Mai geht hervor, dass der Bund rund 75 Prozent der Kosten übernimmt. Somit würden dem Kanton bei einem Gesamtaufwand von 50 bis 60 Millionen Franken eigene Kosten von 12,5 bis 15 Millionen bleiben.

Mit ungedeckten Kosten zu Lasten des Kantons sei insbesondere zu rechnen, «wenn teurer Wohnraum angemietet oder ein hoher Betreuungsgrad nötig ist, der so nicht in der Berechnung des Bundes vorgesehen ist». Wie viel der Kanton am Ende tatsächlich zahlen muss, werde sich erst im Jahresabschluss 2022 zeigen, teilt Michel Hassler mit. Auch hier gibt es aber eine Einschränkung, denn beim kantonalen Sozialdienst werden die Aufwendungen nicht gesondert nach Nationalitäten oder Aufenthaltsstatus ausgewertet.

7,3 Millionen Franken mehr Sozialhilfe im zweiten Quartal 2022

Deshalb ist laut Hassler auch keine konkrete Antwort auf die Frage der AZ möglich, wie viel Sozialhilfe den Ukraine-Flüchtlingen im Aargau bisher ausbezahlt wurde. Denn die für den Kanton anfallenden Kosten für Menschen mit Status S (also Ukraine-Flüchtlinge) sind pro Person grundsätzlich gleich hoch, wie dies bei Menschen mit Status N (Asylsuchende) und F (vorläufig aufgenommene Ausländer) der Fall ist.

Die Sozialhilfe für Personen ohne besondere Bedürfnisse, die in kommunalen Unterkünften oder bei Privaten untergebracht sind, wird durch die Gemeinden ausbezahlt. Der Kanton erstattet den Gemeinden quartalsweise die angefallenen Sozialhilfekosten, im ersten Quartal 2022 wurden rund 2,7 Millionen Franken ausbezahlt.

«Im zweiten Quartal sind die Beiträge an die Gemeinden auf rund zehn Millionen Franken angestiegen», sagt Hassler. Ein grosser Teil der Zunahme sei auf Zusatzaufwendungen für Schutzsuchende aus der Ukraine zurückzuführen – ab dem 14. März wies das Staatssekretariat für Migration dem Aargau die ersten Flüchtlinge zu.