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Gedanken zur Auffahrt von Árpád Ferencz: «Wir haben eine Zukunft»

Gedanken zur Auffahrt von Árpád Ferencz, Pfarrer reformierte Kirche Zofingen

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Auffahrt ist ein Fest, mit dem viele der modernen Zeitgenossinnen und Zeitgenossen nichts anfangen können. Zugegeben, es ist nicht leicht, bis zum Sinn des Festes vorzudringen. In den allgemein anerkannten christlichen Glaubensbekenntnissen wird die Formulierung verwendet, dass Jesus gen Himmel aufgefahren und zur Rechten Gottes sitzt. Warum gerade diese Formulierung? Wir wollen Beziehungen auf Augenhöhe, aber sicher niemanden, der über uns stehend, uns paternalistisch von oben her betrachtet und uns belehrt. Was kann man heute aus einer Tradition gewinnen, die offensichtlich einem antiken Weltbild entstammt?

Die Himmelfahrt Christi steht in der christlichen Tradition dafür, dass der Mensch nicht allein ist, sondern bei Gott einen Fürsprecher hat. Nicht allein zu stehen, wenn die Sachen im Leben schwierig werden, wünscht sich jeder. Aber, muss diese Hilfe unbedingt von Gott kommen?  Viele würden diese Frage mit «Nein» beantworten.

Die Antwort der christlichen Tradition ist aber klar. Ja, es muss Gott sein, der uns helfen kann, schwierige Momente im Leben zu bewältigen. Weil er die umfassende Perspektive des Lebens hat. Die Himmelfahrt Christi will uns aufzeigen, dass Gott ein Gott ist, der uns nicht nur anschaut, sondern wirklich so wahrnimmt, wie wir sind. Warum und wie kommt die Himmelfahrt Christi dazu? – Dies ist die Frage, die es zu beantworten gilt.

Die Himmelfahrt Christi steht dafür, dass wir in der Person Jesu Christi einen Helfer und Fürsprecher haben, der uns hilft, die richtigen Entscheidungen im Leben zu treffen. Es geht doch darum zu sehen, dass der Mensch nur dann eine Situation im Leben richtig einschätzen kann, wenn er fähig und willens ist, eine gewisse Distanz einzunehmen. Sind wir in einer Situation drin, so sind wir meistens nicht fähig, unsere Situation korrekt und objektiv wahrzunehmen. In solchen Situationen empfiehlt es sich, einen Freund, eine Freundin oder einen Coach zu Rate zu ziehen. Dadurch, dass sie selbst nicht in der Situation sind, aber an unserer Seite stehen, können diese Menschen uns gute Ratschläge geben. Sie können nicht an unserer Stelle entscheiden. Die Probleme lösen sich nicht von selber, aber man bekommt durch diese Hilfe eine andere Perspektive auf den ganzen Problemkomplex. Damit kommt dann der gen Himmel gefahrene Menschensohn ins Bild. Kann eine Freundin, ein Freund oder ein Coach uns gute Hinweise geben, wie wir handeln könnten oder gar sollten, weil sie eine gewisse Distanz zu unseren Problemen haben, wie viel mehr gilt dies für den Gottessohn, der zugleich auch als wahrer Mensch für uns da ist.

Wollen wir die Bedeutung der Himmelfahrt begreifen, so drückt dieses räumliche Bild ganz klar aus: Gott will uns nicht fallen lassen. Er bietet uns die Chance, unser Leben anders zu sehen und neue Perspektiven wahrzunehmen. Wir haben einen Gott, der uneingeschränkt solidarisch ist mit uns, der uns die bestmöglichen Chancen im Leben aufzeigen möchte. Es muss aber auch das in aller Deutlichkeit gesagt werden: Gottes Angebot ist kein Zwang für uns. Es braucht den Menschen dazu, der bereit ist, das eigene Leben und manche Entscheidungen im Leben zu überdenken und neue Schritte zu wagen.

Der Mensch darf in jeder Lebenslage wissen, dass er einen sicheren Platz im Leben hat. Er gehört zu jemanden. Nein, nicht zu irgendjemanden, der Mensch gehört zu Gott. Dieses Wissen, dass man irgendwohin gehört, irgendwo einen festen Platz hat, ist ein Wissen, welches unserem Leben auch heute noch eine grosse Stabilität sichern kann.

Der Mensch ist nun mal so geschaffen, dass wir eine gewisse Anzahl von Fragen, Problemen und Herausforderungen im Leben aus eigenen, inneren Quellen meistern können. Irgendwann sind aber diese Quellen, ist unsere Resilienz ausgeschöpft. In dem Moment stellt sich die Frage nach dem «Wie weiter» dramatisch und lebenswichtig dar.

Gerade auf diese dramatischen und lebenswichtigen Fragen antwortet die christliche Tradition mit dem Hinweis: Gott ist anders als wir Menschen. Sofern wir dies ernst nehmen, haben wir die Chance, das Leben anders anzupacken.

Diese Formulierung ist nicht ganz korrekt, ist sogar irreführend: Nicht wir müssen anpacken, sondern wir werden dazu aufgefordert zuzulassen, dass Gottes Angebot die andere Perspektive im Leben auszeichnet. Dieser zu folgen ist dann wirklich unsere Sache und Entscheidung. Es fängt aber alles damit an, anzunehmen, dass Gottes Perspektive uns zu einem anderen Handeln animieren kann. Der gen Himmel gefahrene Gottessohn möchte auch uns diese andere Möglichkeit im Leben aufzeigen. Das Wissen, dass es Gott nicht unberührt und kalt lässt, was mit uns Menschen geschieht, gehört zu den Grundquellen der Kraft im Leben eines Christenmenschen. Das bedeutet, dass wir damit rechnen können, dass wir eine Zukunft haben. In einer Welt, in der vieles fraglich geworden ist und die Zukunftsaussichten düster erscheinen, tut es gut, auf die Verheissung Gottes zu hören. Es tut gut, sich daran zu erinnern, dass der Sohn Gottes für uns in jeder Situation eintritt, dass er gen Himmel gefahren ist, um uns die andere, lebensbejahende, kraftspendende Perspektive zu sichern, damit wir sicher sein können: Wir gehören zu ihm und haben bei ihm und mit ihm eine sichere Zukunft.

Árpád Ferencz, Pfarrer der reformierten Kirche Zofingen. 
Bild: lbr (Archiv)

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