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Gewässerschutz-Streit: Aargauer Bauern segnen Kompromiss ab – was der Präsident zu Demonstrationen sagt

Der Bauernverband trifft an der GV einen wegweisenden Entscheid. Präsident Christoph Hagenbuch sprach wohlwollend über Bauern-Demonstrationen, Geschäftsführer Ralph Bucher machte eine Ankündigung zu Ammoniak-Emissionen. Und die Versammlung wählt zwei neue Vorstandsmitglieder. 

Die Gewässerinitiative ist bei den Aargauer Bäuerinnen und Bauern längst durchgefallen. Anders sieht es beim Gegenvorschlag aus. «Wir wollten in dieser Sache den Lead haben. Deshalb haben wir mit bäuerlichen Vertretungen aller Parteien und Umweltverbänden einen möglichen Gegenvorschlag ausgehandelt», sagte Vizepräsidentin Colette Basler an der Generalversammlung des Bauernverbandes Aargau (BVA) vom Mittwochabend in Endingen.

Die Umweltverbände haben bereits signalisiert, dass sie die Gewässerinitiative zurückziehen, wenn der Bauernverband den Gegenvorschlag «durchbringt», wie Basler sagte. Matthias Betsche (GLP, Pro Natura), Jonas Fricker (Grüne, WWF) und Gabi Lauper (SP, Bird Life) haben die Motion des Gegenvorschlags unterschrieben.

Diese beinhaltet dieHauptforderungen des Bauernverbandes.

Erstens:330 Hektaren Kulturland sollen innert 20 Jahren zu Feuchtgebieten werden – und nicht 1000, wie es die Gewässerinitiative vorsieht. Stattdessen sollen weitere Flächen im Wald (500 Hektaren) und im Siedlungsraum (170 Hektaren) bereitgestellt werden. «Wir finden, es müssen alle etwas zur Umwandlung der 1000 Hektaren in Feuchtgebiete beitragen», begründete dies Basler.

Zweitens:Die Finanzierung erfolgt über den jährlichen Wasserzinsertrag, den der Kanton von den Stromproduzenten an Aargauer Gewässern erhält, und nicht über das Landwirtschaftsbudget.

Drittens:Die Umsetzung erfolgt für jeden Betrieb freiwillig über das Projekt Labiola oder über das Naturschutzprogramm Wald.

Stunde der Wahrheit für den Vorstand

An diesem Abend schlug für den Vorstand des Bauernverbandes Aargau die Stunde der Wahrheit. Er wollte bei den Mitgliedern den Puls fühlen. «Kommt der Gegenvorschlag an?», titelte der Verband selbst auf seiner Website.

Die Antwort bei der Abstimmung eindeutig aus. Von den 237 Stimmberechtigten votierte niemand mit einem Nein, auch wenn es einige Enthaltungen gab. Auch meldete sich niemand auch nur mit einer Frage.

Präsident Hagenbuch lobt Demonstrationen

Christoph Hagenbuch stört sich nicht daran, wenn Bauern auf die Strasse gehen – solange es nicht zu Ausschreitungen kommt. 
Bild: Philipp Zimmermann

Verbandspräsident Christoph Hagenbuch kritisierte in seiner Rede nicht nur die wachsende Bürokratie, der die Bäuerinnen und Bauern ausgesetzt sind: «Administration ist das Einzige, das auch im Winter wächst.» Ein Dorn im Auge sind ihm auch die zu tiefen bäuerlichen Einkommen. «Die Produzentenpreise sind bei weitem nicht dort, wo sie sein müssten», sagte er. «Die gestiegenen Kosten kann unsere Branche nach wie vor nicht einmal ansatzweise weitergeben.» Die bäuerliche Arbeit werde in weiten Teilen der Verwaltung und Bevölkerung nicht wertgeschätzt. «Dafür müssten wir auf die Strasse.»

Doch bringt das etwas? Er sei davon ausgegangen, dass Demonstrieren in der Schweiz generell nicht gut ankomme. Doch nun äusserte er sich positiv zu den Sternfahrten und Mahnmärschen von Bauern während der letzten Monate im Land. Er sei stolz auf die Bäuerinnen und Bauern, dank denen es bei den Demonstrationen in der ganzen Schweiz zu keiner Ausschreitung gekommen sei, so Hagenbuch. «Die Demonstrationen helfen uns, die Probleme, mit denen sich der Bauernstand konfrontiert sieht, im Bewusstsein der Bevölkerung und unserer Marktpartner zu halten.»

Ein Bauernprotest im Kanton Luzern. 
Bild: Manuela Jans-Koch (29. Februar 2024)

Ammoniak-Emissionen sollen reduziert werden

BVA-Geschäftsführer Ralph Bucher kam auf den Ammoniak-Massnahmenplan zu sprechen, den der Regierungsrat für den Kanton Aargau in Auftrag gegeben hat. Ziel ist eine Reduktion der Emissionen aus der Tierhaltung um 15 Prozent.

Der Vorstand des Bauernverbandes sei bereit, die Ammoniak-Emissionen zu reduzieren, sagte Bucher. Der Massnahmenplan müsse aber praxistauglich sein. «Der Aufwand für die Massnahmen muss in einem gesunden Rahmen liegen.» Er sei aber zuversichtlich, dass eine Lösung möglich sei, sagte er mit Blick auf Landwirtschaftsdirektor Markus Dieth (Mitte). Der Regierungsrat hatte zuvor sein Grusswort an die Versammlung gerichtet.

Ein Musterstall in der Zentralschweiz zur Reduktion von Ammoniak-Emissionen – im Bild ein Entmistungsroboter im Einsatz. 
Bild: Patrick Huerlimann

Zwei Wechsel im Vorstand des Bauernverbandes

Die GV wählte mit Andrea Hochuli-Wipfli aus Küttigen und Patrick Huber aus Birrhard zwei neue Vorstandsmitglieder. Verpasst hat die Wahl Simon Frauchiger aus Oftringen, wobei seine Stimmenzahl auch über dem absoluten Mehr lag. Doch nach den Rücktritten von Myrtha Dössegger und Hans-Ulrich Lüscher (beide nach elf Jahren) waren nur zwei freie Plätze neu zu besetzen. Letztere wurden zu Ehrenmitgliedern gewählt. Verabschiedet hat der Verband seinen stellvertretenden Geschäftsführer Fredi Siegrist: Dieser geht Ende April in Pension.