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Energiegesetz nimmt mit Ach und Krach die erste Hürde

Vor drei Jahren haben die Aargauerinnen und Aargauer ein Energiegesetz an der Urne verworfen. Einem neuen, stark abgespeckten Vorschlag hat der Grosse Rat am Dienstag in erster Lesung mit viel «Aber» zugestimmt.

Gegen Ende reichte es FDP-Fraktionschef Silvan Hilfiker. Seit zwei Stunden lief die Debatte zum Energiegesetz, eben hatte der Grosse Rat die Änderungs- und Prüfungsanträge beraten und Ratspräsident Lukas Pfisterer wollte abstimmen lassen. Da meldete sich Ralf Bucher (Mitte) mit einem Rückkommensantrag. Er hatte bei einem Paragrafen falsch abgestimmt, die Fraktion war ihm gefolgt. Man möge die Abstimmung wiederholen.

Das wollte Silvan Hilfiker nicht. Die ganze unruhige Diskussion wirke wie in einer Kommissionssitzung, meinte er: «Was denken die Leute draussen, wie wir hier arbeiten?» Dabei habe der Grosse Rat eines der wichtigsten Gesetze überhaupt zu beraten, etwas Ernsthaftigkeit wäre angebracht. Die Mehrheit des Rats stimmte Buchers Antrag trotzdem zu.

SVP und Grüne lehnten ab

Wirklich zufrieden mit dem Vorschlag des Regierungsrats zum Energiegesetz schien indes niemand. Die SVP-Fraktion sowie Teile der Grünen lehnten die Vorlage ab. «Mit diesem Gesetz werden wir die Ziele, die wir uns selber gesteckt haben, nicht erreichen», sagte für die Grünen Jonas Fricker. Er kritisierte Energiedirektor Stephan Attiger. Dieser orientiere sich an Hauseigentümerverband und FDP, also an jenen, die glaubten, der Markt und Freiwilligkeit könnten das Klimaproblem lösen.

«Aus Sicht der Grünen ist diese Haltung verantwortungslos», so Fricker. Demgegenüber fordere seine Partei unter anderem eine Heizungsersatzpflicht, eine Solarpflicht, konkrete und ambitionierte Klimaziele im Energiegesetz und Anlagen zur CO2-Speicherung.

All dies ist im neuen Energiegesetz nicht vorgesehen, der SVP geht dieses trotzdem zu weit. Dass keine Eigenstrompflicht vorgesehen ist, werde begrüsst, sagte Daniel Notter für die Fraktion. Aber der Verbannung von Öl und Gas als Energieträger stehe man skeptisch gegenüber, neuen Verboten und mehr Bürokratie sowieso.

Anders die Mitte. Sie habe lieber ein schlankes Energiegesetz als gar keines, sagte Ralf Bucher. Dennoch müsse man den Heizungsersatz etwas konkreter formulieren. Die Mitte schlug das «Basler Modell» vor: Eine neue Heizung muss mit erneuerbaren Energien betrieben werden können. Gleichzeitig gibt es eine Härtefallregelung, wo dies nicht möglich sei. Etwa bei Sanierungen in Altstädten.

Überflüssige Regulierungen lehne die FDP ab, stellte Adrian Meier klar. Kritisch sind die Freisinnigen auch überall dort, wo Unternehmen in die Pflicht genommen werden, in der Gebäudeautomation und der Betriebsoptimierung etwa. Eine Härtefallklausel aber unterstützt die FDP. Dass eine solche zur Anwendung kommt, wenn der Staat kostenpflichtige Vorschriften erlässt, sei das Mindeste.

Attiger: Jetzt möglichst mehrheitsfähig

Es sei ein Fakt, dass die Bevölkerung 2020 bereits ein Energiegesetz abgelehnt habe, sagte Energiedirektor Stephan Attiger. Er bat um Vernunft und Annahme. Man sei für ein möglichst mehrheitsfähiges Gesetz über die Bücher gegangen. Zwar sei jetzt keine Pflicht für einen Heizungsersatz vorgesehen, aber immerhin, dass bei einem Neueinbau zehn Prozent des Gesamtenergiebedarfs aus Erneuerbaren kommen müsse. Was den Linken viel zu wenig sei, habe aber eine grosse Wirkung, das sehe man dort, wo eine derartige Regelung bereits bestehe.

Mit einer Reihe von Prüfungsanträgen überwies der Grosse Rat das Gesetz schliesslich mit 79 zu 54 Stimmen.

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