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Die Spezialisten unter den Insekten verschwinden – aber auch ihre schiere Masse nimmt ab

Nicht nur unser Kulturland wird immer einheitlicher – auch die Insekten, die dort leben. Das Insektensterben findet weltweit in verschiedenen Ökosystemen statt.

Es sind Forschende aus Europa, Amerika und Australien, die in einer Sonderausgabe des Fachjournals Biology Letters auf ein immer grösser werdendes Problem aufmerksam machen: Die Anzahl der Insekten, aber auch die Insektenarten nehmen ab und werden dabei immer einheitlicher. «So wie sich Landschaften zum Beispiel im Landwirtschaftsland ähnlicher werden, gleichen sich auch die Insektengemeinschaften an», sagt Mitherausgeber der Sonderausgabe Martin Gossner von der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL in einer aktuellen Mitteilung.

Der Klimawandel ist hierbei nicht der Hauptschuldige, sondern die intensive Landnutzung. Durch die weltweite Mobilität und die Klimaerwärmung breiten sich aber auch immer mehr nicht einheimische invasive Arten aus und bedrängen die einheimischen. Dies gelingt den invasiven Arten speziell in stark genutzten Landwirtschaftsgebieten mit geschädigtem Ökosystem.

Generalisten haben mehr Chancen zu überleben

«Vor allem Spezialisten unter den Insekten sterben aus, Generalisten überleben», sagt Florian Menzel von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Es verschwänden jene Arten, die für den einen oder anderen Lebensraum typisch sind.

Der Alpenbock ist vom Aussterben bedroht.
Bild· Christoph Schmidlin

Zu den in der Sonderausgabe erwähnten Beispielen gehört, laut WSL, dass der Artenschwund bei Hummeln zu einer Abnahme von Pflanzen geführt hat, die zur Bestäubung auf bestimmte Hummelarten angewiesen sind. Schwindende Artenvielfalt mindert die Stabilität von Ökosystemen: Denn nicht nur werden so weniger Pflanzen bestäubt, Schädlinge können auch schlechter in Schach gehalten werden. Und es stehe somit weniger Nahrung für insektenfressende Vögel und andere Tiere zur Verfügung. Der Rückgang der Insekten hängt deshalb auch mit dem Rückgang gewisser Vögel zusammen.

Schutzgebiete müssen verbunden werden

Gossner vom WSL sagt, nun müsse gehandelt werden: «Es gilt, die Landschaften aufzuwerten und wieder mehr Vielfalt in die Lebensräume zu bringen.» Im Wald brauche es mehr Strukturen wie Totholz, alte Bäume mit Unterschlupfen und Bereiche mit viel Licht sowie generell mehr Vielseitigkeit in der Landschaft. Im Landwirtschaftsland seien Hecken und Gehölze ein zentrales Element für die Vielfalt von Insekten.

Schutzgebiete sollen zudem miteinander verbunden werden, nur so können Arten von einem Lebensraum zum anderen zu wandern, um zum Beispiel aus durch die Klimaerwärmung unwirtlich gewordenen Gebieten in höher oder nördlicher gelegene, kühlere Regionen zu gelangen.

Die Autoren schreiben auch, es müsse mehr darauf geachtet werden, die Ausbreitung invasiver Tierarten durch den globalen Waren- und Reiseverkehr zu verringern. So hätten beispielsweise eingeschleppte insektenfressende Fische in Brasilien zu einem starken Rückgang von Süsswasserinsekten geführt. (kus)