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«Gehoben, aber nicht abgehoben»: Wie ein junger Wirt mit italienischen Spezialitäten erfolgreich ist – und warum er keine Gault-Millau-Punkte will

Luca Carrieri, 23, betreibt seit Herbst 2020 in Hägglingen sein eigenes Lokal: Im «Luca Ristorante» kommen authentische italienische Gerichte auf den Tisch. Wie der junge Wirt durch die Coronakrise kam, was er selber am liebsten isst und welches Restaurant für ihn das beste im Aargau ist, sagt Carrieri im Interview.

Wenn man jung ist, hat man Traumberufe – wussten Sie schon als Kind, dass Sie Koch werden wollten?

Luca Carrieri: Ich habe relativ früh gewusst, dass ich Koch werden möchte. In der Oberstufe, als es ums Schnuppern ging, war ich in vier Restaurants. Schon damals habe ich nach den besten Lokalen im Aargau gesucht, ich wollte an einem Ort arbeiten, wo auf hohem Niveau gekocht wird. Darum war ich in der Seerose Meisterschwanden, in der Krone Lenzburg, im Ochsen in Lenzburg und im Bären in Birmenstorf.

Wann kam die Idee auf, selber ein Restaurant zu eröffnen? Gastronomie ist ja eine ziemlich harte Branche.

Die Branche ist hart, aber fair: Zufriedene Gäste bleiben treu. Als ich im Sommer 2020 das Restaurant hier in Hägglingen besichtigte, habe ich mich direkt verliebt. Die Grösse, das Ambiente, alles war sehr übersichtlich, das hat für mich als junger Wirt gut gepasst. Ich hatte schon immer eine Passion für Kochen und gutes Essen. Und wenn man diesen Beruf liebt, fällt es einem auch leicht.

Sagen Sie das auch am späten Abend, wenn Sie die Küche putzen und das Lokal aufräumen müssen?

Ja, das sage ich immer, ich denke positiv und bin ein optimistischer Mensch. Ich lache viel, bin immer gut gelaunt und liebe meinen Beruf. Ich repräsentiere mit meinem Auftreten auch mein Restaurant, da ist Freundlichkeit für mich selbstverständlich, bis zur letzten Minute.

Welches Restaurant ist für Sie das beste im Aargau?

Das Luca Ristorante, also meines, natürlich (lacht). Ernsthaft: Mir gefällt das Konzept des Restaurants Fahr in Künten sehr gut. Ich war dort, bevor sie einen Michelin-Stern erhielten, und dann nochmals danach. Und ich muss sagen: Er macht das sehr gut, auch die Location ist echt schön, das hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Aber als Wirt arbeite ich oft, wenn Restaurants geöffnet sind, deshalb habe ich wohl noch nicht alle guten Lokale im Aargau besucht.

Das Restaurant Fahr hat 17 Gault-Millau-Punkte, es ist das am höchsten bewertete Lokal im Aargau. Streben Sie selber auch solche Auszeichnungen an?

Ich arbeite nach dem Motto «gehoben, aber nicht abgehoben». Zudem führe ich ein italienisches Restaurant, Gault Millau hat seinen Ursprung in Frankreich. Aus meiner Sicht wäre es komisch, wenn ich mit italienischen Spezialitäten nach französischen Standards bewertet würde. Die italienische Küche zelebriert die Einfachheit und setzt auf mediterrane Gerichte, die allen schmecken.

Sie haben im Herbst 2020 als Zwanzigjähriger Ihr Lokal eröffnet, mitten in der Coronapandemie – wie ist es seither gelaufen?

Ich spürte eine grosse Unterstützung durch meine Gäste aus Hägglingen und dem ganzen Freiamt und sogar darüber hinaus. Wegen der Einschränkungen setzte ich auf Take-away, in hoher Qualität, und das wurde sehr geschätzt. Die Gäste kamen persönlich, um ihr Essen abzuholen, sahen das Lokal und sagten: «Nach dem Lockdown komme ich wieder hierher.» Dies hat uns sehr gefreut.

War für Sie immer klar, dass Sie auf italienische Spezialitäten setzen?

Ich hatte mir kurz überlegt, ein Steakhaus zu eröffnen, aber mich dagegen entschieden, das hätte auch nicht gut zu Hägglingen gepasst. Rasch war klar, dass ich die italienische Küche anbieten wollte, aber etwas Authentisches, nicht industrielle Pasta und erneut Pizza, die man überall bekommt. Ich verwende ausschliesslich handgemachte Pasta und qualitativ hochwertige Zutaten.

Gerade nach Corona klagten viele Gastronomen über Personalmangel – wie sieht das bei Ihnen aus?

Ich habe das Glück, ein loyales Team bei mir zu haben. Zusammen sind wir durch diese einschneidende Krise gegangen. Obwohl wir als junges Unternehmen keine finanzielle Unterstützung vom Kanton erhalten haben, waren wir überwältigt von der grossen Solidarität, die wir von unseren Gästen und Partnern erfahren haben.

Ihr Lokal liegt im Dorfzentrum von Hägglingen, aber nicht an einer viel befahrenen Strasse, die Frequenz bringt. Wie bringen Sie die Gäste ins Restaurant?

Ich setze auf Qualität, habe nur wenige Gerichte auf der Speisekarte, diese sind dafür authentisch und hochstehend zubereitet. Oft höre ich, dass sich Gäste freuen, dass wir diese kulinarische Lücke – eben hochstehende italienische Küche – gefüllt haben. Dass es funktioniert, zeigt auch die Google-Bewertung, die bei 4,9 liegt.

Überlegen Sie sich, das Restaurant auch über Mittag zu öffnen?

Ja, wir werden ab September wieder unsere Gäste am Mittag verwöhnen. Unser Konzept heisst: Pinsa, Pasta & Basta. Dies ist ein Gastronomiekonzept, das sich auf die traditionelle italienische Küche konzentriert und eine Vielfalt an hausgemachten Pinsa- und Pastagerichten ohne Schnickschnack in einer gemütlichen Atmosphäre bietet.

Was ist Ihr persönliches Lieblingsessen?

Rösti mit Raclettekäse und Speck. Als Kind war ich schon ein grosser Fan von Rösti, aber als ich die Raclette-Rösti entdeckte, war ich total begeistert. Es mag vielleicht ungewöhnlich für einen Italiener klingen, aber es ist die Wahrheit

Spüren Sie den Trend hin zu vegetarischen und veganen Gerichten?

Ich bin äusserst flexibel und bereit, den steigenden Bedarf nach vegetarischen und veganen Gerichten zu erfüllen. Die meisten Gerichte, bei denen Fleisch nicht fester Bestandteil ist, kann ich auch in vegetarischer oder veganer Variante zubereiten. Ich ermutige meine Gäste dazu, meine Speisekarte wie eine Schachtel mit Legosteinen zu betrachten. Sie können die Zutaten sehen und mir mitteilen, was sie sich wünschen, und ich werde es für sie zubereiten. Es geht darum, den individuellen Geschmack und die Vorlieben meiner Gäste zu respektieren und ihnen ein massgeschneidertes kulinarisches Erlebnis zu bieten.