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Millionenzustupf für Fussball-Kunstrasen: Fünf Grossratsmitglieder kritisieren Plan des Regierungsrats

4,4 Millionen Franken will der Regierungsrat für elf neue Kunstrasenfelder im Aargau ausgeben. Weil Spielflächen fehlen, stünden 1000 Kinder auf den Wartelisten der Vereine, sagt der Fussballverband. Kunstrasen seien aber weder ökologisch noch wirtschaftlich sinnvoll, finden Parlamentarierinnen und Parlamentarier von SP, Grünen, GLP und Mitte.

Kunstrasenplätze sind im Aargau rar: Während die Fussballvereine im Kanton Zürich auf 145 solche Plätze zählen können, sind es hier 15. Für den Aargauer Fussballverband (AFV) ist das Thema deshalb von hoher Dringlichkeit: Rund 1000 Kinder stünden mangels Spielfeldern auf den Wartelisten der Vereine, hiess es in einer Medienmitteilung letzte Woche.

Der Regierungsrat will den Vereinen unter die Arme greifen und hat 4,4 Millionen Franken für elf neue Kunstrasenfelder im Kanton gesprochen, finanziert über den Swisslos-Fonds. Kunstrasenprojekte, die bis Ende 2027 eine Baubewilligung erhalten, würden mit einem Beitragssatz von 25 Prozent unterstützt, höchstens 400’000 Franken pro Spielfeld.

Martin Brügger (SP, Brugg).
Bild: Severin Bigler

Um den staatlichen Zustupf zu erhalten, müssen unter anderem eine hohe Auslastung sowie hohe ökologische Standards der künftigen Anlage nachgewiesen werden. Für fünf Grossrätinnen und Grossräte greifen diese Forderungen aber zu kurz: In einer Interpellation reagieren Martin Brügger, Claudia Rohrer (beide SP), Isabelle Schmid (Grüne), Annetta Schuppisser (GLP) und Franziska Stenico-Goldschmid (Mitte) auf die Ankündigung durch den Kanton. Sie bemängeln, die Auswirkungen auf die Umwelt seien nicht zu Ende gedacht worden.

Weder wirtschaftlich noch ökologisch, sagen die Grossräte

Sie nennen dabei mehrere Punkte. Zwar seien Naturrasen-Fussballplätze «zugegebenermassen auch keine ‹Ökowiesen›», wie sie schreiben, doch immerhin seien diese nicht versiegelt. Kunstrasenfelder seien Hitzeinseln, bedürfen zusätzlicher Bewässerung, schieden Mikroplastik in Böden und Gewässer aus und müssten durch spezialisierte Maschinen gepflegt und nach einigen Jahren entsorgt werden, womit die CO2-Bilanz der Felder nicht gerade als positiv zu werten sei.

Die Grossrätinnen und Grossräte fordern deshalb vom Regierungsrat klare Antworten bezüglich diesen Punkten. «Hat der Regierungsrat die gesamtökologischen Aspekte von Kunstraseneinsätzen geprüft?», fragen sie. In der Interpellation nennen sie auch Dinge wie eine höhere Unfallgefahr bei Kunstrasen. Auch würde «eine polysportive Ergänzung des Fussballtrainings» mit Konditionstrainings oder Waldläufen den Junioren mehr dienen als nur ein freies Feld, suggerieren sie.

So wird Kunstrasen verlegt, hier im Badener Stadion Esp.
Bild: Dänu Mercier

«Echter Fussball findet auf echtem Rasen statt»

Auf Anfrage konkretisiert Martin Brügger den Vorstoss. «Ich bin zwar Fussballfan», sagt er, aber über die Nachricht zum staatlichen Zustupf für die Felder habe er sich genervt. Als in Brugg eine Mitfinanzierung von Kunstrasen zur Debatte stand, hatte er sich als Einwohnerrat umfassend informiert und in Studien eingelesen. Für ihn sei deshalb klar: Ein Kunstrasenfeld lohne sich nur, wenn es auch intensiv genutzt werde, etwa tagsüber durch Schulkinder und abends durch den FC. Ein Naturrasenfeld wäre dann tatsächlich überbeansprucht.

In grösseren Zürcher Ortschaften gehe diese Rechnung auf. Dass man aber in kleinen oder mittelgrossen Aargauer Gemeinden ein Kunstrasenfeld wirtschaftlich betreiben könne, bezweifle er. Dazu seien Kunstrasenfelder «in der heutigen Zeit eine Ökosünde». Bei Naturrasen versickere Regenwasser immerhin und im Sommer entstehe keine Hitze.

«Das Projekt ist nicht sinnvoll», ist Martin Brügger deshalb überzeugt. 4,4 Millionen Franken seien viel Geld. Wenn Gemeinden bei knappem Geld Kunstrasenfelder mitfinanzieren müssen, würden sie solche Projekte viel detaillierter prüfen als jetzt der Kanton. Echter Fussball finde zudem auf echtem Rasen statt, sagt er. «Ich bin sicher, eingefleischte FC-Aarau-Fans würden einen Kunstrasen im Brügglifeld auch nicht akzeptieren.»