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Parteien stellen sich hinter die Richtplananpassung für das neue Abfallkraftwerk – allerdings mit einigen Aber

Von SVP bis SP: Grundsätzlich begrüssen die Aargauer Parteien den Bau eines neuen Abfallkraftwerks. Einige haben aber auch Bedenken – und eine Partei hat sich nicht an der Mitwirkung beteiligt.

Die Projektinitianten des neuen Abfallkraftwerks sind die Erzo sowie die Renergia Zentralschweiz AG. In deren Auftrag hat der Gemeinderat Oftringen eine Anpassung des kantonalen Richtplans eingegeben. Bis 4. Mai lief die Mitwirkung, respektive öffentliche Anhörung. Im Anschluss entscheidet der Regierungsrat über den Antrag an den Grossen Rat. Nach dem Grundsatzentscheid des Parlaments über den Standort erfolgt die weitere Konkretisierung des Vorhabens im Nutzungsplanungs- und im Baubewilligungsverfahren. Die Gemeindeversammlung wird der Umzonung noch zustimmen müssen.

Im Rahmen der öffentlichen Anhörung/Mitwirkung haben sich rund zwei Dutzend Mitwirkende zur Richtplananpassung geäussert, heisst es seitens Kanton. Die Mitwirkungseingaben werden zurzeit ausgewertet. Die Auswertung der Mitwirkungseingaben sei Bestandteil des Dossiers, aufgrund dessen der Grosse Rat den Beschluss zur Richtplananpassung fällt, sagt Giovanni Leardini, Leiter Kommunikation beim Departement für Bau, Verkehr und Umwelt (BVU). Die Einordnung und Beurteilung der einzelnen Aspekte aus den Mitwirkungseingaben werden Bestandteil der Botschaft des Regierungsrats an den Grossen Rat sein. «Einen Zeitplan dazu können wir noch nicht nennen», sagt Leardini.

EDU vermisst einen Gleisanschluss

Entsprechend sind aktuell lediglich die Stellungnahmen der Parteien öffentlich verfügbar. Bis auf die EDU haben alle Parteien eine eingereicht. Auf Nachfrage dieser Zeitung sagt der Rothrister EDU-Grossrat Martin Bossert: «Grundsätzlich können wir die Gründe für den Ausbau nachvollziehen. Wir sind aber gegen einen ‹Kehrichts-Tourismus›, speziell aus dem Ausland.» Dieser würde zu vielen zusätzlichen Lastwagenfahrten führen. Zudem vermisse die Partei einen Gleisanschluss.

Hinter das Vorhaben, den Richtplan anzupassen, stellen sich FDP, SVP und Grüne. Das künftige Abfallkraftwerk Erzo werde eine wichtige Rolle in der Region bezüglich Abfallentsorgung, Fernwärme, Energieversorgung und nicht zuletzt auch hinsichtlich Arbeitsplätzen spielen, hält die SVP fest. Und die FDP schreibt, dass der Ersatz der bestehenden Kehrrichtverbrennungsanlage mit einem Abfallkraftwerk sinnvoll sei.

Grüne: «Branche hat aus Umweltproblemen gelernt»

Die Grünen wiederum befürworten das Vorhaben, weil das Projekt eine Weiterentwicklung der Kehrrichtverbrennungsanlagen zu einer modernen Energieproduktionsanlage sei. «Die Branche hat aus früheren Umweltproblemen gelernt und sich in den letzten Jahren stark verbessert», schreibt die Partei. Sie verlangt aber auch, dass oberste Priorität weiterhin die Vermeidung von Abfällen, Wiederverwendung und hochwertiges Recycling seien. Besorgt zeigt sie sich über die zu erwartende Restmenge: «Auch mit dem neuen Werk fallen jährlich rund 40’000 bis 60’000 Tonnen Schlacke mit problematischen Stoffen an, die aufwendig deponiert werden müssen.» 

Vorbehalte gegenüber dem Projekt haben die Mitte, die EVP und die SP. Letztere beurteilt das Vorhaben als Chance, die Kehrichtverwertung ökologisch und energetisch zu optimieren. «Allerdings müssen zentrale Fragen in den nachgelagerten Planungsprozessen noch konkret und nachvollziehbar beantwortet werden», fordern die Sozialdemokraten. Positiv hebt die Partei nebst der Wärmeverwertung die Klärschlammtrocknung und Phosphorrückgewinnung hervor. Kritisch sieht die SP jedoch, dass «trotz künftig weiter steigender Recycling-Quoten und einer daraus resultierenden Reduktion der Kehrichtmenge pro Kopf, weiterhin mit steigenden Kehrichtmengen zu rechnen sei – dies aufgrund des geplanten und zu erwartenden Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums». Mit einer solchen Extrapolation für die Bedarfsrechnung müsse man sich kritisch auseinandersetzen, lässt sich SP-Grossrat Martin Brügger in der Stellungnahme zitieren. «Es ist davon auszugehen, dass hier Abfall importiert werden muss.» Weiter fordert die SP, dass ein Bahnanschluss ernsthaft geprüft werde. Zudem verlangt die Partei, dass der Verlust von Fruchtfolgeflächen vermieden wird.

EVP beschäftigt Verkehrssituation und Abfallimport

Der mögliche Abfallimport beschäftigt auch die EVP. Obwohl sie der Festsetzung im Richtplan zustimme, heisse das nicht, dass man auch dem vorgesehenen Bauvorhaben zustimmen würde, hält die Partei auf Nachfrage dieser Zeitung fest. Bei ständig sinkender Abfallmenge pro Person – was die EVP erfreulich findet – sei sie skeptisch, ob künftig tatsächlich so viel Kehricht nur aus der Region angeliefert werden kann. «Wenn Importe nötig werden, würden wir nicht zustimmen.» Auch die Verkehrssituation müsse geklärt werden: Die Anlieferung per Bahn sei nicht möglich «und die Zufahrtsstrasse ist abends bereits heute verstopft».

Auch die Mitte fordert, dass die Auswirkungen des Mehrverkehrs wie auch die Kompensation von Fruchtfolgeflächen sowie das Überangebot von Strom während des Sommers geprüft und entsprechend berücksichtigt werden sollen. Sie hält aber auch fest, dass die Richtplanfestsetzung «ein wichtiger Schritt für die gesamte Region sein dürfte». «Zusammenfassend wird die Vorlage als grundsätzlich sinnvoll und ausgewogen angesehen», lässt sich Grossrat Philipp Laube zitieren. 

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