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Parteien zum Prämienhammer: Viel Wahlkampf und wenig Einsicht

Kurz nach der deftigen Prämienrunde überbieten sich die Parteien mit Lösungsvorschlägen. Auffallend dabei: Jede Partei kocht ihr eigenes Prämien-Süppchen. Zu Kompromissen ist keine Seite bereit.

«Blamage». «Explosion». «Schock». «Prämienhammer». «Erdrückend». Die Reaktionen auf die am Dienstag verkündete Prämienrunde fallen harsch aus. Kurz vor den Wahlen überbieten sich die Parteien in Betroffenheit und versuchen ihre Lösungen als die einzig gangbaren zu verkaufen.

So weibelt die SP für ihre Prämienentlastungs-Initiative. Der im Parlament gezimmerte Gegenvorschlag sei «komplett ungenügend». Mit dem Volksbegehren würde die Prämienlast pro Haushalt auf maximal 10 Prozent des Haushaltseinkommen gedeckelt. So könnte die Kaufkraft gestützt werden, sind sich die Genossen sicher. Die Lobbyisten in den Gesundheitskommissionen würden stattdessen aber lieber «ihre eigenen Pfründe sichern».

Prämienverbilligungen erhöhen

Neben den Spitzen an die bürgerlichen Politikerinnen und Politiker verschickt die SP auch einen offenen Brief an die kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren. Der Inhalt: Die Mittel für die Prämienverbilligungen sollen erhöht und nicht – wie vielerorts – gekürzt werden.

Die Grünen sehen das System mit den Prämienverbilligungen für tiefe Einkommen dagegen bereits am Anschlag. Viel wirksamer ist für die Partei die Einführung von einkommensabhängigen Krankenkassenprämien. «Die Kopplung der Prämien an den Lohn würde eine deutlich gerechtere Verteilung der Gesundheitskosten nach wirtschaftlicher Stärke ermöglichen», sind die Grünen überzeugt. Das «unsoziale System» mit den Kopfprämien müsse «endlich» gerechter werden.

Verband überzeugt: Es braucht «Sofortmassnahmen»

Der Krankenkassenverband Santésuisse hält gemäss Mitteilung Sofortmassnahmen für «unabdingbar». Dazu zählen etwa «die Senkung der Labortarife und der Medikamentenpreise auf das Niveau des europäischen Auslands sowie die vermehrte Abgabe von Generika». Zudem brauche es einen «sofortigen Ausbaustopp beim Leistungskatalog.» Mittel- und langfristig seien in der Versorgungsplanung durch die Kantone «bei den Spitälern sowie den Ärztinnen und Ärzten deutliche Verbesserungen notwendig».

Beim FMH, dem Berufsverband der Ärzte, spricht man in einer Mitteilung davon, dass ein kleinerer Anstieg möglich gewesen wäre. Mehrere wichtige Reformen zur Kostendämpfung seien aber leider blockiert. Gemeint sind dabei die einheitliche Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen, die Medikamentenreform und der neue Arzttarif Tardoc. (mg)

Wiederum einen anderen Ansatz sieht die Mitte-Partei. Ihre Lösung ist die Kostenbremse-Initiative, die – wenig verwunderlich – aus den Reihen der Mitte-Partei kommt. Sie wäre eine «wirksame Lösung», damit «weitere Hiobsbotschaften» vermieden werden können. Dabei fordert die Mitte, dass Bund und Kantone künftig eingreifen müssen, wenn die Gesundheitskosten im Vergleich zur Lohnentwicklung zu stark steigen. Auch hier ist ein Gegenvorschlag auf dem Tisch.

Enormes Sparpotenzial

Das «Sparpotenzial» sei «riesig», schreibt die Mitte. Bereits heute könnten rund 20 Prozent oder 6 Milliarden Franken jährlich eingespart werden. Und das ohne Qualitätsverlust, ist die Mitte überzeugt. Dafür sei es aber nötig, «dass alle Akteure im Gesundheitswesen endlich ihre Verantwortung wahrnehmen, um zu einer Lösung beizutragen, und die längst bekannten Massnahmen zur Kostensenkung umsetzen.»

Keine eigene Gesundheits-Initiative hat (derzeit) die FDP. Dagegen wollen die Liberalen eine Budget-Krankenkasse beliebt machen. Dabei sollen entsprechende Modelle angeboten werden, bei denen auf gewisse Leistungen verzichtet wird, oder eine deutlich höhere Franchise gewählt werden kann. Das sei ein Modell, dass auch «von Gesundheitsökonomen gelobt» werde und es senke die Kosten, «ohne Qualität oder Solidarität zu tangieren», schreibt die FDP.

Daneben kritisieren sie auch die Arbeit von Gesundheitsminister Berset. Dieser weise in seiner Amtszeit eine «bedenkliche Bilanz» aus. «Es ist offensichtlich, dass die sozialdemokratische Gesundheitspolitik gescheitert ist und keine tauglichen Rezepte gegen den Kostenanstieg vorweisen kann», so die FDP. Alle Mitte-Links-Parteien würden untaugliche Rezepte präsentieren und «das Problem der hohen Kosten nicht anpacken.»

Berset und die Zuwanderer sind schuld

Ähnliche Töne gibt es von der SVP. Die Bilanz von Berset sei «blamabel», schreibt die Volkspartei. Seit er im Amt sei, seien die Gesundheitskosten und die Krankenkassenprämien «komplett aus dem Ruder gelaufen». Insgesamt seien die Prämien seit 2010 von durchschnittlich 236 Franken auf 334 Franken im Jahr 2022 gestiegen.

Und direkt von der Attacke gegen Berset wechselt die SVP zur Attacke gegen Zuwanderer. Diese seien ein Kostentreiber im Gesundheitswesen, für das der Mittelstand auch mitbezahlen müsse. Konkret fordert die SVP, dass es höhere Prämien für Zugewanderte geben soll und die medizinische Versorgung von Flüchtlingen «auf ein absolutes Minimum zu beschränken» sei.

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