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Braucht die Schweiz ein neues Stromgesetz? Florence Brenzikofer und Sandra Sollberger sind geteilter Meinung

Am 9. Juni stimmt die Schweiz ab über eine neue Stromversorgung: Bundesrat und Parlament möchten den Ausbau der Erneuerbaren vorantreiben, Umweltkreise haben dagegen das Referendum ergriffen. Grünen-Nationalrätin Florence Brenzikofer stimmt Ja zur Vorlage, SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger lehnt sie ab. 

PRO:Energiewende im Einklang mit der Natur

Der sogenannte «Mantelerlass» oder «Stromgesetz» wurde vom Nationalrat mit grossem Mehr gutgeheissen, der Ständerat hat es gar einstimmig angenommen.

Es ist ein gut austariertes Gesetz, welches uns bei der Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren und beim Klimaschutz einen grossen Schritt weiterbringt. Fünf zentrale Punkte stehen dabei im Zentrum:

1. Mit dem Stromgesetz sind verbindliche Ausbauziele für die Stromproduktion bis 2035 und 2050 vorgesehen. Es sichert die Winterproduktion und fördert den Ausbau der Wasser- und Solarkraft. Ein kleiner Bruchteil der Fördersummen ist für den Ausbau von Windprojekten und Energie aus Biomasse vorgesehen.

2. Das Stromgesetz stärkt die inländische Produktion langfristig und macht uns unabhängig vom Ausland. Erinnern wir uns an den vorletzten Winter: Ausgelöst durch Russlands Krieg in der Ukraine stiegen die Preise für Gas und Strom ins Unermessliche. Wir haben 22 Milliarden für fossile Energien ins Ausland geschickt! Wir werden künftig zu stabilen Preisen mit erneuerbarem Strom versorgt.

3. Dank dem Stromgesetz wird über 80 Prozent des zusätzlichen Stroms mit Solarpanels auf bestehenden Infrastrukturen produziert werden. Das Stromgesetz klärt zudem, wo der Ausbau der erneuerbaren Energien Priorität haben soll. Im Gegenzug werden ökologisch und landschaftlich wertvolle Gebiete für den Ausbau uninteressant.

4. Klima und Natur gleichzeitig zu schützen, ist die grosse Herausforderung unserer Zeit. Das neue Stromgesetz schafft die Voraussetzungen, für den Umbau auf ein klimafreundliches Energiesystem.

5. Mit dem aktuell steil anziehenden Ausbau der Solarenergie (+ 2 TWh pro Jahr) können die beiden ältesten AKW der Schweiz, Beznau I und II bis 2030 vom Netz genommen werden. Ein Weiterbetrieb der uralten Kernkraftwerke mit rissigen Reaktoren ist schlicht nicht nötig und wäre ausserdem für alle und teuer.

Lassen Sie sich nicht von den Falschinformationen der Gegnerinnen und Gegner beirren: Das Stromgesetz ermöglicht die rasche Energiewende im Einklang mit Landschaft und Umwelt. Deshalb sage ich am 9. Juni entschieden Ja zum Stromgesetz.

CONTRA:Gesetz hält nicht, was es verspricht

Sandra Sollberger, SVP BL.
Zvg / Oberbaselbieter Zeitung

Am 9. Juni stimmen wir über ein neues Stromgesetz ab. Dieses neue Stromgesetz hält nicht was es verspricht. Einmal mehr soll mit der Brechstange die grüne Wende erzwungen werden. Mit viel Geld und Aufwand sollen die sakralen Klimaziele erreicht werden. Haben wir nichts gelernt aus den letzten Jahren? Haben wir nichts gelernt aus der verfehlten Energiestrategie? Es werden Ziele gesteckt, die nicht erreicht werden können. Die Versorgungssicherheit wird weiter gefährdet. Mit diesem Vorgehen schieben wir die Probleme nur vor uns her und machen uns vom Ausland abhängig. Umweltschutz muss anders gehen!

Mit den ideologischen Zielen, die im Gesetz festgeschrieben werden, müssten rund 9000 Windturbinen oder Solaranlagen so gross wie der Bodensee errichtet werden. Die direkte Demokratie und die Gemeindeautonomie müssen hierfür ausgehebelt werden. Das ist für mich der falsche Weg. Das bringt keine sichere Stromversorgung, sondern neue Probleme. Es wird uns viel Geld kosten, das wir bekanntlich ja gar nicht haben. Es wird uns viel Landschaft kosten, die wir in der kleinen Schweiz ebenfalls nicht haben. Es wird unsere Demokratie und den Föderalismus schwächen, auf die wir besonders angewiesen sind. Denn mit der Brechstange und von oben herab wird der Unmut über die Politik zunehmen. Die Akzeptanz und die Eigeninitiative wird verloren gehen.

Gesetze müssen für mich effizient sein. Der Aufwand muss sich lohnen. Kosten und Nutzen müssen im Verhältnis stehen. Dies ist aber bei dieser Vorlage nicht gegeben. Hohe Kosten, das viele Geld und indirekte Aufwände stehen in keinem Verhältnis zum kleinen und unsicheren Nutzen. Das Gesetz ist weder ein Kompromiss, noch steht es im Gleichgewicht. Die Energiekrise, in der wir bereits stecken, wird mit dem Gesetz noch verschlimmert. Das ist für mich keine vorausschauende Politik, sondern Ideologie mit Scheuklappen. Deshalb sage ich entschieden Nein zum neuen Stromgesetz.