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Warum flossen die Millionen über Libyen-Bank? Fragen über Fragen im Panzer-Deal mit Italien

Eine staatliche italienische Rüstungsagentur behauptet, beim Verkauf von 100 Leopard-Panzern an die Ruag sei alles legal gewesen. Es bleiben Fragen – auch zur Bank, über die die Gelder flossen.

In Italien wirft der Panzerdeal mit der Ruag weitere Fragen auf. Gestützt auf Berichte von Nichtregierungsorganisationen stellt der Grüne Marco Grimaldi im italienischen Parlament eine Reihe von Fragen ans Verteidigungs- und Aussenministerium. Er will etwa wissen: Stimmt es, dass der Verkauf der 100 Leopard 1A5 2016 an die Ruag ohne die benötigte Verkaufs- und Ausfuhrbewilligung erfolgte?

Diese Bewilligungen wären laut den italienischen Berichten nur dann nicht nötig gewesen, wenn es sich bei den Panzern um «Schrott» gehandelt hätte. Dem widerspricht aber, dass es 2017 laut damaligen Berichten konkrete Pläne der Ruag gab, die Panzer an Brasilien zu verkaufen. Eine brasilianische Delegation besichtigte sie sogar vor Ort in norditalienischen Villesse, wo sie heute noch stehen.

Gegen «Schrott» spricht auch, dass die Panzer beim spezialisierten Unterhaltsunternehmen Goriziane Group eingestellt und von diesem regelmässig bewegt werden, wie Satellitenbilder zeigen. Und natürlich auch, dass die Ruag die derzeit offenbar noch 96 Leopard an die deutsche Rheinmetall verkaufen wollte. Zwecks Instandstellung und Weiterlieferung an die Ukraine. Was der Bundesrat aber unterband.

Ruag zahlte über Libyen-Bank

In Italien meldete sich inzwischen die verantwortliche staatliche Rüstungsagentur Agenzia Industrie Difese. Beim Verkauf der Leopard sowie der Ersatzteile 2016 seien die rechtlichen Vorschriften eingehalten worden, teilte die Agentur in einem dürren Communiqué mit. Belege dafür lieferte sie keine.

Und keine Stellung nahm die Agentur zur eigenartigen Bankverbindung, die sie für die Überweisung der Ruag-Millionen nutzte: Die 4,5 Millionen Euro für die 100 Panzer samt Bergen von Ersatzteilen mussten auf ein Konto der Bank UBAE SpA eingezahlt werden. Diese Bank gehört zu 80 Prozent der Libyan Foreign Bank, die sich um die libyschen ÖI-exporte kümmert.

Es bleiben viele Fragen. Etwa, was mit der Unmenge von Ersatzteilen geschah, die Ruag 2016 zusammen mit den 100 Panzern erwarb. Im damaligen Vertrag ist eine Liste der mehreren hunderttausend Ersatzteile angehängt. Diese Liste umfasst gegen 5000 verschiedene Ersatzteilkategorien. Pro Kategorie waren demnach zwischen einigen Dutzend bis zu einigen zehntausend Stück vorhanden.

Frage an die Ruag: Wo befinden sich alle diese Ersatzteile heute? Sprecher Silvan Gruber teilt mit: «Gemäss interner Rücksprache befindet sich ein Grossteil der Ersatzteile nach wie vor in Italien und ist dort entsprechend eingelagert.»

Auf Nachfrage heisst es, ein Teil sei verkauft werden. Der Rest sei angeblich noch vollständig vorhanden.

Das wird sich zeigen. Unklar bleibt jedenfalls, worum es sich beim angeblichen «Schwarzlager» handelt, von dem der «Blick» gestützt auf eine Ruag-Aktennotiz schrieb. Demnach seien Getriebe nicht ordnungsgemäss verbucht, eines ohne detaillierte Dokumentation ausgetauscht worden.

Es laufen derzeit in der Schweiz diverse Untersuchungen. Eine wurde von der neuen Führung der Ruag selbst angestossen, die offenbar aufräumen will. Sie hatte bereits im August offensiv festgehalten: «Bereits in der Vergangenheit ist es zu Unstimmigkeiten bei Geschäftsaktivitäten in Zusammenhang mit den genannten Panzern gekommen. So ist derzeit ein Ermittlungsverfahren in Deutschland hängig.»

An der Arbeit ist dort die Staatsanwaltschaft in Verden in Niedersachsen. Auf Anfrage sagt Sprecher Alexander Hege: Gegenstand des Verfahrens, das sich gegen fünf Beschuldigte richte, seien «Unregelmässigkeiten im Zusammenhang mit dem Handel mit Ersatzteilen für militärisches Gerät». Ein Abschluss des «Verfahrens ist nicht konkret absehbar».

Es gilt die Unschuldsvermutung.