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Secondhandladen «Überwältigend» hat einen Monat vor der Schliessung noch tausend Kleidungsstücke im Sortiment

Eveline Wälti sah vor zehn Jahren eine Marktlücke in der Region und eröffnete deshalb ihr Kleidergeschäft Überwältigend mit Damenmode ab Grösse 44. Jetzt muss sie per Ende März schliessen, denn in Teufenthal fehlt ihr die Laufkundschaft.

«Wenn ich nochmals anfangen könnte, würde ich ein Erlebnis-Brocki eröffnen», sagt Eveline Wälti mit strahlenden Augen. Ihr Secondhandladen Überwältigend erfüllte diesen Traum beinahe. Doch Ende März muss die gebürtige Gränicherin diesen schliessen. In ihrem Geschäft beim ehemaligen Injecta-Areal in Teufenthal hat Wälti zehn Jahre lang Mode aus zweiter Hand für Frauen ab Grösse 44 verkauft.

Sie sah vor zehn Jahren eine Lücke im Angebot. «Es gibt viele Secondhandläden, aber fast kein Angebot für Übergrössen», sagt Wälti. Deshalb eröffnete sie 2014 mit «Ev’s 43m2» ihr eigenes Geschäft auf 43 Quadratmetern, damals beim Eingang B des ehemaligen Injecta-Areals beim Bahnhof Teufenthal. Während der ersten Jahre war Wälti in Vollzeit als Sachbearbeiterin bei einer Arbeitslosenkasse tätig und widmete sich an den Wochenenden dem Secondhandladen.

Ein wenig später brauchte sie für ihr Geschäft mehr Platz und zog weiter zum Eingang A. In dieser Zeit entstand bei einer Runde mit Freundinnen auch der neue Name Überwältigend, Wälti hat noch immer Freude am Wortspiel mit ihrem Nachnamen.

Eveline Wälti schliesst ihren Secondhandladen für Kleider ab Grösse 44 in Teufenthal nach zehn Jahren.
Bild: Laura Koller

Während der zehn Jahre Geschäftstätigkeit hat sie ihr Sortiment laufend ausgebaut. Nun warten noch gut tausend Kleidungsstücke auf neue Besitzerinnen. Vom eleganten weissen Kleid über die warm gefütterte Winterjacke bis hin zum eleganten Blazer. Aber auch Schuhe, Taschen und Accessoires bietet Wälti an. In den letzten Wochen kann man ausserdem einige der Einrichtungsstücke kaufen. Darunter sind auch antike Sessel und sogar Wältis pastellfarbene Kaffeetassen, die sie liebevoll in kleinen Regalen gestapelt hat.

Die guten Monate können die schlechten nicht mehr decken

Obwohl Wälti die Arbeit in ihrem Geschäft geniesst und gerne Kundinnen berät, muss sie es nun schliessen. Einfach gesagt, gehe die Rechnung nicht mehr auf: «Ich habe gute und schlechte Monate. Aber die guten können die schlechten finanziell nicht mehr decken», sagt Wälti. Seit den Corona-Zeiten habe sich ihr Laden nicht mehr erholen können, und am Standort in Teufenthal fehle die Laufkundschaft. Ausserdem feierte sie im vergangenen Dezember ihren 66. Geburtstag und möchte sich nun in Pension begeben.

Wenn das Geschäft offen ist, steht die Schaufensterpuppe Luise jeweils vor dem Eingang beim Injecta-Areal. So fällt der Laden im unscheinbaren Industriegebiet besser auf.
Bild: Laura Koller

Wälti hofft, in den letzten Wochen noch viele Stücke verkaufen zu können, und überlegt, zum Abschluss einen Fashion-Apéro zu veranstalten. Aktuell hat sie den Laden vom Donnerstag bis Samstag jeweils am Morgen geöffnet, nach telefonischer Vereinbarung empfängt sie ihre Kundinnen aber jederzeit. Wenn sie das Geschäft geöffnet hat, steht jeweils Wältis «treuste Mitarbeiterin», wie sie die Schaufensterpuppe Luise nennt, vor der Türe.

Die 66-jährige Ladeninhaberin berät ihre Kundschaft sehr gerne und sagt: «Kleidung muss man probieren, man muss die Dinge anfassen können.» Bei ihr shoppen Frauen aus der Region, aber auch Leute, die aus Bern, Zürich oder Baden anreisen.

Überwältigend hat zu neunzig Prozent Markenkleider im Sortiment

Wälti verkauft Kleidung, die sie auch selbst tragen kann, und glaubt, dass sie damit einen besonders guten Zugang zu ihrer Kundschaft hat: «Es ist schön, dass die Leute keine Hemmungen haben, denn wir machen dasselbe durch.» Wälti erzählt, wie sie mit 14 Jahren bereits Schuhgrösse 42 trug und deshalb in die Herrenabteilung ausweichen musste: «Ich habe erst mit 25 meine ersten Damenschuhe kaufen können.»

In den letzten Wochen steht fast alles in den Räumen von Überwältigend zum Verkauf. Von Wältis pastellfarbenen Kaffeetassen über die Skulpturen bis zu den antiken Stühlen.
Bild: Laura Koller

Wältis Fokus liegt stets auf der Qualität: «Ich habe zu 90 Prozent Markenkleider im Sortiment.» Diese stellen ihr Frauen aus ihrem Umfeld jeweils zur Verfügung. Auch einige massgeschneiderte Stücke sind bei Überwältigend zu finden. Für die Unternehmerin steht mit ihrem Secondhandladen der Nachhaltigkeitsgedanke im Vordergrund. Wälti findet, dass zu viele Dinge entsorgt werden, die man noch gut verwenden könne. Auch ein sozialer Aspekt fliesst mit ein: «Bei mir können sich die Leute etwas leisten.» Die meisten Kleidungsstücke, die sie verkauft, kosten zwischen 10 und 100 Franken.

Sie selbst kleidet sich wenn möglich mit Dingen aus zweiter Hand, weil es ihr ermögliche, auch Einzelstücke zu kaufen, die nicht alle tragen würden. «So bin ich eigentlich immer ein Unikat», meint Wälti. Sie beschreibt ihren Stil als klassisch und zeitlos, also mit Stücken, die sie auch in zehn Jahren noch tragen könne.

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