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Das Gesetz unterscheidet Totgeburt von Fehlgeburt: Aber auch Sternenkinder sollen im Aargau bald bestattet werden können

Kinder, die tot zur Welt kommen, können beerdigt werden. Allerdings nur, wenn sie mindestens 500 Gramm schwer sind und die Schwangerschaft mindestens 22 Wochen gedauert hat. Die EVP will nun auch die Bestattung von Sternenkindern ermöglichen. 

Es gibt für werdende Eltern nichts Schlimmeres, als während der Schwangerschaft das Kind zu verlieren. Sie freuen sich über Wochen, manchmal Monate auf ein neues Familienmitglied und müssen dann Abschied nehmen, bevor sie ihr Glück überhaupt geniessen konnten.

Aber was passiert mit totgeborenen Kindern? Die Zivilstandsverordnung unterscheidet zwischen Totgeburten und Fehlgeburten. Eine Totgeburt ist ein Kind, das nach der Geburt mindestens 500 Gramm wiegt und mindestens 22 Wochen im Bauch der Mutter war. Bei einer Fehlgeburt dauerte die Schwangerschaft weniger als 22 Wochen und das Kind ist leichter als 500 Gramm.

Die Bestattung von Totgeburten auf Aargauer Friedhöfen ist gemäss kantonaler Bestattungsverordnung zulässig. Die Bestattung von Fehlgeburten ist in der Verordnung nicht geregelt. Die EVP-Fraktion im Kantonsparlament will das ändern. An der letzten Grossratssitzung hat sie eine Motion eingereicht, mit der sie den Regierungsrat auffordert, die Verordnung anzupassen und die Bestattung von Sternenkindern, wie Fehlgeburten auch genannt werden, zu ermöglichen.

Heute sind Eltern auf Goodwill angewiesen

Der Verlust tot- oder fehlgeborener Kinder könne Eltern emotional stark herausfordern, ungeachtet des Alters und des Gewichts des Kindes, sagt EVP-Grossrat Uriel Seibert. «Eine Bestattung auf einem öffentlichen Friedhof kann den Eltern im Trauerprozess helfen.»

Das bestätigt Oksan Nanz. Sie ist Familientrauerbegleiterin in Rombach und unterstützt Eltern totgeborener Kinder. Eine Anpassung der kantonalen Verordnung, wie sie die EVP fordert, würde Nanz begrüssen. «Heute sind Eltern von Sternenkindern auf den Goodwill der Gemeinden angewiesen, wenn sie eine Bestattung wünschen», sagt sie. Oftmals fehle ihnen in dieser sowieso schon schlimmen Situation die Kraft, zu kämpfen.

Als Trauerbegleiterin übernimmt Oksan Nanz diesen Teil für sie. Aber auch für sie wäre es einfacher, wenn sie nicht jeder Gemeinde erklären müsste, was ein Sternenkind ist und weshalb den Eltern eine Bestattung wichtig ist. Sie begleite viele Eltern, die eine Fehlgeburt hatten und nie richtig Abschied nehmen konnten, sagt Nanz.

Geringer Aufwand, grosser Mehrwert

In den Kantonen Zürich, Waadt und Jura können Fehlgeburten schon heute bestattet werden. Auch im Kanton Bern hat das Parlament einen entsprechenden Vorstoss überwiesen. Uriel Seibert ist deshalb zuversichtlich, dass die Motion seiner Fraktion auch im Aargau eine Mehrheit findet. «Der Aufwand ist sehr gering, der Mehrwert für die betroffenen Familien gross.»

Oskan Nanz freut sich nur schon darüber, dass sich die Politik dank des Vorstosses mit der Bestattung von Fehlgeburten auseinandersetzen muss. Sie stellt immer wieder fest, dass es an Aufklärung mangelt und die Gesellschaft zu wenig sensibilisiert ist. Sogar in den Spitälern fehle es teilweise am nötigen Feingefühl. «Die Ausschabung der Gebärmutter nach einer Fehlgeburt mag für Ärztinnen und Ärzte Routine sein – nicht aber für die Betroffenen.»

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