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Deutschland will Panzer mit Schweizer Kanonen an die Ukraine liefern

Nach langem Zögern hat sich Deutschland entschieden, der bedrängten Ukraine mit dem Flugabwehrpanzer Gepard schweres Kriegsgerät zu liefern. Allerdings: Wesentliche Teile dieses Panzers stammen aus der Schweiz. Das dürfte die hiesige Neutralitätsdiskussion weiter befeuern.

Am Dienstag gibt die deutsche Regierung nach langem Zögern bekannt, den ausgemusterten Flugabwehrpanzer Gepard der ukrainischen Armee zu liefern. Das Spezielle dieses Panzers ist, dass er nicht nur Ziele am Boden, sondern dank seiner aufgebauten Flugabwehrkanonen auch Bedrohungen in der Luft – etwa Kampfhelikopter, Kampfjets und Drohnen – bekämpfen kann. Derlei Fähigkeiten sind für die bedrängte ukrainische Armee derzeit von grösster Bedeutung, weil die Russen in der Luft überlegen sind und deshalb ukrainische Bodentruppen leicht angreifen können.

CH-Media-Recherchen zeigen nun, dass nicht nur die Munition für den Gepard ursprünglich aus der Schweiz kommt – die Schweiz hat Deutschland die Weitergabe der Munition gemäss Staatssekretariat für Wirtschaft Seco an die Ukraine bereits untersagt – sondern dass wesentliche Teile des Panzers von Schweizer Unternehmen konzipiert und konstruiert worden sind.

In den 1960er Jahren entwickelten die Firmen Siemens-Albis sowie Oerlikon-Contraves (heute Rheinmetall Air Defence AG) in einer Arbeitsgemeinschaft zentrale Elemente der integrierten Flugabwehr – Kanone, Feuerleit- und Radarsysteme – für den damals topmodernen Panzer. Dieser kam in der Folge mit einer Gesamtstückzahl von 570 in den Armeen Deutschlands, Belgiens und der Niederlande zum Einsatz. Vor zehn Jahren nahm ihn die Bundeswehr ausser Betrieb.

Jetzt soll dieser deutsch-schweizerische Panzer als zentrales Verteidigungselement gegen russische Luftangriffe an die Ukraine geliefert werden.

Es stellt sich daher mehr denn je die Frage, ob die Schweiz, wie bei der Munition, die Lieferung des Panzers verweigern kann? Beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) will man sich zu dieser heiklen Frage nicht äussern und verweist auf die Gesetzeslage, welche Waffenlieferungen in Kriegsgebiete grundsätzlich verbietet. Insider gehen jedoch davon aus, dass die Schweiz wohl keinen Einspruch erheben wird, weil der Panzer bereits über 50 Jahre alt ist und damals noch ganz andere Gesetze gegolten haben. Zudem gebe es im heutigen Kriegsmaterialgesetz einen Unterschied zwischen der Lieferung von Munition einerseits und von ganzen Waffensystemen, die aus Schweizer Bauteilen zusammengesetzt sind, andererseits.

Klar aber ist: Die innenpolitischen Diskussionen über die (Neu-)Interpretation der schweizerischen Neutralität dürften mit diesen Informationen weiter angeheizt werden.