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«Die Schweiz muss sich wehren»: Warum SVP-Ständerat Salzmann die Luftabwehr-Verspätung auch als Chance sieht

Der Entscheid der USA, die Ukraine mit Luftabwehrsystemen auszurüsten, hat Konsequenzen für die Schweiz. Der Berner SVP-Ständerat und Sicherheitspolitiker Werner Salzmann sagt, weshalb der Bund die verspätete Lieferung der Patriot-Systeme keinesfalls einfach akzeptieren darf.

Herr Salzmann, die Lieferung der Patriot-Abwehrsysteme verzögert sich, weil die USA zuerst die Ukraine ausrüsten wollen.Wie reagieren Sie auf die erneuten «bad news» aus den USA?

Werner Salzmann: Als US-Präsident Donald Trump ankündigte, der Ukraine Luftabwehrraketen zu liefern, habe ich gleich befürchtet, dass auch wir betroffen sind. Wenn man weiss, wie knapp Rüstungsgüter derzeit sind, ist der Beschluss keine Überraschung. Ich habe schon lange gewarnt, noch vor Ausbruch des Kriegs: Wir dürfen nicht zu lange warten, denn Rüstungsgüter werden knapper und teurer. Ich bedaure, dass es jetzt so gekommen ist – wobei das Ganze auch Handlungsspielraum gegenüber den USA öffnen könnte.

Inwiefern denn?

Ich denke an den Kauf des F-35-Kampfjets. Bei den Verhandlungen zum umstrittenen Fixpreis könnte argumentiert werden, dass uns die Amerikaner jetzt entgegenkommen müssen, weil uns nach der Patriot-Munition nun auch das ganze System verspätet geliefert würde.

Die Schweiz muss zugunsten der Ukraine warten. Ist das ein Problem im Hinblick auf die Schweizer Neutralität?

Nein. Es handelt sich meines Erachtens um keinen indirekten Ringtausch. Wir haben die Systeme schliesslich noch gar nicht erhalten.

Was bedeutet die Lieferverzögerung für die Sicherheit der Schweiz?

Das Patriot-System ist auch für uns zentral. Wir können nicht darauf verzichten. Ohne die Boden-Luft-Raketen kann sich die Schweiz nicht vor Angriffen aus der Luft selber schützen – und Angriffe aus der Luft gehören derzeit zu den grössten Bedrohungen. Ich hoffe nicht, dass wir das System einsetzen müssen. Wir haben primär eine Armee, um unsere potenziellen Gegner abzuschrecken und ihnen zu zeigen, dass sich ein Angriff auf die Schweiz nicht lohnt und wir uns im Ernstfall wehren könnten.

Muss die Schweiz gegen den Entscheid der USA vorgehen?

Die Schweiz muss sich aus sicherheitspolitischen Gründen auf jeden Fall gegen den Entscheid der USA wehren. Aber auch, um beim F-35 mehr in der Waagschale zu haben. Wir müssen auf der Lieferung der Systeme beharren. Die fünf bestellten Systeme reichen gerade einmal, um eine Fläche von 15’000 Quadratkilometern abzudecken – wir bräuchten eigentlich mindestens das Doppelte, um die Durchhaltefähigkeit zu gewährleisten.

Sind die USA bei Rüstungsbeschaffungen überhaupt noch ein verlässlicher Partner?

Die Frage ist: Woher nehmen wir die Ausrüstung sonst? Die USA sind das einzige Land mit Kampfjets der fünften Generation. Für die Patriot-Luftabwehr gibt es praktisch keine Konkurrenz. Ich wüsste nicht, welcher westliche Partner uns sonst fristgerecht beliefern könnte.