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Ein Jahr nach Aminis Tod: Irans Kurdenregionen im Ausnahmezustand

Ein Jahr nach dem Tod von Jina Mahsa Amini herrscht im Iran weiterhin keine Ruhe. Am Todestag wurde Aminis Vater festgenommen und verhört. Die Kurdenregionen im Land befinden sich derweil im Ausnahmezustand.

Mit strengen Sicherheitsvorkehrungen haben iranische Einsatzkräfte am Todestag der Protestikone Jina Mahsa Amini die Kurdenregionen in den Ausnahmezustand versetzt. Aminis Vater wurde in ihrer Heimatstadt Saghes am Samstag vorübergehend festgenommen und verhört, wie mehrere kurdische Menschenrechtsgruppen berichteten. Ihre Familie soll bereits in den vergangenen Wochen eingeschüchtert worden sein.

In Berlin, Hamburg, Frankfurt und anderen deutschen Städten zeigten Tausende Menschen ihre Solidarität. In Basel waren es mehrere Hundert Demonstrierende.

An diesem Samstag jährte sich erstmals der Tod Aminis, der im Herbst 2022 die schwersten Aufstände im Iran seit Jahrzehnten ausgelöst hatte. Islamische Sittenwächter hatten die damals 22-Jährige wegen eines angeblich nicht richtig getragenen Kopftuchs festgenommen. Was genau danach geschah, ist bis heute ungeklärt – letztlich fiel die junge Frau ins Koma und starb in einem Krankenhaus. Zu Aminis Beerdigung strömten damals Tausende Menschen. Ausgehend von den Kurdenregionen verbreiteten sich die Proteste wie ein Lauffeuer.

Vor allem die junge Generation ging in der Folge unter dem Slogan «Frau, Leben, Freiheit» gegen die repressive Politik der islamischen Führung auf die Strasse. Die Staatsmacht liess die Proteste, die das Land über Monate hinweg in Atem hielten, gewaltsam niederschlagen. Auf Geheiss der iranischen Justiz wurden sieben Männer im Zusammenhang mit den Demonstrationen hingerichtet. Als Zeichen des stillen Protests ignorieren bis heute viele Frauen die Kopftuchpflicht – in diesem Ausmass hat es das im Iran zuvor nicht gegeben.

Irans Kurdenregionen im Ausnahmezustand

Aminis Heimatort Saghes wurde vor ihrem Todestag abgeriegelt. Aus Sorge vor einem erneut gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte gab es zunächst keine Protestaufrufe. Den Todestag wollten Menschen in den Kurdengebieten dennoch würdigen, etwa durch Ladenschliessungen. Irans Geheimdienst nahm laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Tasnim mehrere Bewohner in den Kurdengebieten fest. Auch in anderen Städten herrschte mit Strassenkontrollen eine angespannte Stimmung.

Augenzeugen berichteten am Freitag, Militäreinheiten und andere Einsatzkräfte seien in Städte rund um Saghes verlegt worden. Auch viele neue Überwachungskameras seien installiert worden. Bewohner der Kurdengebiete sprachen zudem von verstärkten Kontrollen.

Deutsche Aussenministerin Baerbock setzt Zeichen

Die deutsche Bundesaussenministerin Annalena Baerbock versprach den Menschen im Iran unterdessen weitere Unterstützung gegen Unterdrückung. «Wir setzen die Schicksale der Menschen im Iran in Brüssel, New York und Genf auf die Tagesordnung», erklärte die Grünen-Politikerin, die sich derzeit in den USA aufhält. Dort traf sie am Freitag (Ortszeit) die Tochter des im Iran wegen Terrorvorwürfen zum Tode verurteilten Deutsch-Iraners Djamshid Sharmahd. Er ist einer von mehreren im Iran inhaftierten Deutschen.

Irans Funktionäre mit Sanktionen belegt

Die USA und die EU verhängten vor dem brisanten Datum neue Sanktionen im Zusammenhang mit der brutalen Niederschlagung der Proteste. In Washington wurden am Freitag Strafmassnahmen gegen 25 iranische Personen, drei vom iranischen Staat unterstützte Medien und ein iranisches Unternehmen bekannt gegeben, das Nachforschungen im Internet anstellt. US-Präsident Joe Biden hatte zuvor den Protestierenden anhaltende Unterstützung zugesichert.

Von den EU-Strafmassnahmen sind nach Angaben vom Freitag vier Personen sowie sechs Einrichtungen und Unternehmen betroffen. Dabei geht es unter anderem um zwei ranghohe Polizisten, einen Vertreter der Eliteeinheit der iranischen Streitkräfte sowie mehrere Gefängnisse und die Nachrichtenagentur Tasnim, der von der EU unter anderem vorgeworfen wird, sie veröffentliche falsche Geständnisse von Protestteilnehmern.

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