Werner Amsler im zt Talk zur Asylunterkunft: «Wenn wir Vor- und Nachteile abwägen, müssen wir das machen»
«Es ist kein einfaches Geschäft, und mir ist bewusst, dass ich damit keinen Blumenstrauss gewinnen kann», sagt Amsler zum Projekt des Kantons, am Ackerweg eine Asylunterkunft zu bauen. Vor allem die Sorgen der Anstösser kann er nachvollziehen: «Dass die nicht Freude haben, wenn man ihnen eine kantonale Asylunterkunft vor die Nase baut, in der 120 Leute zu erwarten sind – dafür habe ich volles Verständnis.»
Aber auch Kritiker des Projekts hätte im direkten Gespräch eingestanden, dass der Gemeinderat gut verhandelt habe – und gute Konditionen herausgeholt habe. «Sogar der SVP-Präsident sagte spontan zu mir: ‹Werni, das ist eine ganz gute Sache. Es ist klar, dass wir dem zustimmen müssen.› Inzwischen hat er offenbar die Meinung geändert und gesagt, er würde sogar eine Steuererhöhung in Kauf nehmen, wenn die Unterkunft nicht kommt.»
Die Unterkunft am Ackerweg soll aus einem hochwertigen Modularbau bestehen. «Er steht heute bei Hoffmann-La Roche AG.» Das Unternehmen stelle ihn dem Kanton kostenlos zur Verfügung. «Die Unterkunft bietet Platz für 150 Personen.» Die maximale Kapazität werde aber nicht ausgeschöpft: «Man geht von 80 Prozent oder 120 Personen aus, die dort leben werden.» Seit dem Jahr 2019 sei der Aargau ein Integrationskanton. Heisst: Der Bund schicke nur Asylsuchende in den Aargau, die hier integriert werden oder bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie in der Schweiz bleiben dürfen. Sie kommen zunächst in eine kantonale Unterkunft und werden zu einem späteren Zeitpunkt auf die Gemeinden verteilt. «Eine solche Unterkunft ist in Oftringen vorgesehen.»
Mit dem Kanton hat Oftringen eine Vereinbarung getroffen, die mehrere Punkte umfasst. Dem Kanton wird ein Baurecht mit einer Frist von zehn Jahren eingeräumt. «Zu Beginn war von 15 oder 20 Jahren die Rede», so Amsler. «Nach zehn Jahren entscheidet die Gemeindeversammlung, ob die Frist verlängert wird.» Zudem übernimmt der Kanton 50 Personen aus den Asylstrukturen der Gemeinde. Ein weiterer Punkt: In der 2019 am Langernweg abgebrannten Asylunterkunft seien ausreisepflichtige Personen ohne Perspektiven untergebracht gewesen. «Die haben uns ja auch einige Probleme bereitet.» Der Kanton habe Oftringen zugesichert, dass in der geplanten Unterkunft keine solchen Personen einziehen werden. Und schliesslich: Der Kanton habe zugesichert, auf eine mögliche Notunterkunft in der Zivilschutzanlage zu verzichten, wenn am Ackerweg eine reguläre Unterkunft gebaut werden kann. Das Szenario einer Notunterkunft in der Zivilschutzanlage habe der Gemeinderat unbedingt abwenden wollen, so Amsler. «Da sehen wir viel grössere Risiken.»
Befürchtungen, eine kantonale Asylunterkunft könnte die Sicherheit in der Gemeinde beeinträchtigen, seien unbegründet, sagt Amsler. «Das ist ein wichtiger Aspekt.» Zunächst: «Asylsuchende haben wir auch, wenn die kantonale Asylunterkunft nicht kommt. Eigentlich sind es die gleichen Leute.» Ein grosser Vorteil sei die professionelle Führung der Unterkunft durch den Kanton. Die Flüchtlinge würden sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag betreut. Es bestehe ein Sicherheits- und Interventionskonzept, in das auch die Gemeinde und die Regionalpolizei involviert seien. «Nachts ist permanent ein Sicherheitsdienst im Einsatz. Es gibt eine Hotline, die immer erreichbar ist. An neuralgischen Punkten sind Videokameras angebracht.» In und um die kantonalen Asylunterkünfte sei die Sicherheit gewährleistet. «Man hat Ruhe.» Die Einbrüche, von denen man in letzter Zeit viel gelesen hat, seien von Personen begangen worden, die keine Aussicht auf Asyl hätten. «Sie sind gar nicht im Kanton Aargau wohnhaft; sie kommen von ausserhalb, manchmal sogar aus dem Ausland.» Ob Oftringen eine kantonale Asylunterkunft habe oder nicht, habe auf diese Art von Verbrechen keinen Einfluss, sagt Amsler. «Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir mit einer kantonalen Unterkunft mehr Sicherheit haben, als wenn wir als Gemeinde 120 Asylsuchende selber betreuen müssen.» Ein Sicherheitskonzept, wie es der Kanton anstrebe, könnte sich die Gemeinde gar nicht leisten.
Was sagt er zur Befürchtung, dass die Liegenschaften in der Nähe der geplanten Unterkunft an Wert einbüssen? «Man kann sicher nicht sagen, dass es eine Aufwertung gibt», so Amsler. Von der Hand zu weisen seien die Befürchtungen zwar nicht – «ich halte sie aber auch für übertrieben.» Es handle sich um eine Zone für öffentliche Bauten. Die Liegenschaftsbesitzer hätten schon immer gewusst, dass auf der besagten Parzelle etwas gebaut werden kann. Beispiele von Liegenschaften zu Schleuderpreisen, die in der Nähe einer kantonalen Asylunterkunft stehen, kenne er nicht.
Am 7. September haben nun die Stimmberechtigten das letzte Wort. Wagt Amsler eine Prognose, wie die Abstimmung ausgehen wird? «Ich habe von Anfang an gesagt, dass das kein Selbstläufer ist. Ich bin nicht blauäugig. Ich schätze die Chancen 50 zu 50 ein.» Falls die Gemeindeversammlung zustimmt, geht die Anlage schon im Herbst 2024 in Betrieb.