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Die Zeit ist jetzt reif fürs «Güggelglück»: auf dem Schütz-Hof bleiben die «Bruderhähne» am Leben

Die Landwirtschaft ist im Wandel. Und in der Kritik. Auch in der Geflügel- und Eiproduktion. Barbara und Markus Schütz vom Schütz-Hof in Strengelbach gehen den Wandel an, indem sie Bruderhähne aufziehen. Das Fleisch verkaufen sie unter dem Label «Güggelglück».

«Es sind einfach coole ‹Viecher›», sagt Markus Schütz mit Blick auf den Hühnerstall, in dem sich 2000 Hähne tummeln. «Schade, dass wir sie wegen der Bestimmungen des Bundes gegen die Übertragung des Vogelgrippe-Virus im Moment nicht ins Freie lassen dürfen», bedauert Schütz – dort würden sie rumrennen und -fliegen.

Der 48-jährige Landwirt führt zusammen mit seiner Frau Barbara den Landwirtschafts­betrieb im Aeschwuhr auf Strengelbacher Boden seit 2009 in vierter Generation. Bei der Übernahme haben die beiden auf biologische Produktion umgestellt, seit 2011 sind ihre Produkte mit der Knospe zertifiziert. Ihre Produkte aus den beiden Standbeinen Gemüsebau und Hühnerhaltung setzen sie sowohl im Direktverkauf als auch über den Grosshandel ab.

Und gerade was die Hühnerhaltung anbelangt, haben Barbara und Markus Schütz in den vergangenen Jahren einiges in Bewegung gesetzt. Und aktuell biegen sie mit ihrem «Güggelglück»-Projekt auf die Zielgerade ein.

Pouletfleisch und Eier sind gefragt

Doch zuerst ein Blick auf den Poulet- und Eiermarkt Schweiz. Geflügelfleisch erfreut sich seit Jahren steigender Beliebtheit. Rund 12 Kilogramm Geflügelfleisch wurden im vergangenen Jahr pro Kopf verzehrt, wie der Website der Schweizer Geflügelproduzenten (SGP) zu entnehmen ist. Auch der Eierbedarf ist in den vergangenen zehn Jahren markant gewachsen – von 1465 Mio. Stück 2013 auf 1645 Mio. Stück im vergangenen Jahr, wie dem «Marktbericht Eier 2023» des Bundesamts für Landwirtschaft zu entnehmen ist. Die inländische Eier-Produktion wurde in diesem Zeitraum um fast 40 Prozent gesteigert. Pro Kopf wurden im vergangenen Jahr 186 Eier verbraucht, wobei Herr und Frau Schweizer vermehrt Freiland- oder Bioeier einkaufen.

Doch ein Dilemma besteht nach wie vor. Hähne legen bekanntlich keine Eier – so werden die frisch geschlüpften Hähne unverzüglich nach der Geburt «aussortiert» und zu Biomasse verarbeitet. «Ein Problem, das uns seit vielen Jahren belastet und beschäftigt», sagen Barbara und Markus Schütz gemeinsam.

Mit «Güggelglück»-Fleisch neue Wege gehen

Doch nun beschreiten die beiden mit der Aufzucht der sogenannten Bruderhähne einen Weg, «der für uns stimmt», wie sie betonen. Neben den zwei Herden mit insgesamt 4000 Legehennen ziehen Barbara und Markus Schütz auf ihrem Hof parallel 2000 Bruderhähne auf. Füttern sie wie die Legehennen mit Bio-Futter und ganzen Getreidekörnern.

«Und jetzt, wo sie nicht ins Freie dürfen, muss man die Hähne halt zusätzlich beschäftigen», betont Markus Schütz, der ihnen jeden Tag einen gepressten Strohballen in den Stall legt. «Den zerzupfen sie innert Tagesfrist», sagt er und lacht. Und natürlich haben die Hähne auch genügend Scharrfläche, die Möglichkeit zum Sandbaden oder Sitzstangen, auf denen sie sich ausruhen können. Kurz: Sie können ihr natürliches Verhalten auch im Stall ausleben.

Während «normale» Masthühner innert 30 (bei konventioneller Haltung) bis 60 Tagen (bei Bio-Haltung) aufgezogen werden, lässt die langsame Aufzucht während zwölf Wochen die Bruderhähne auf dem Schütz-Hof gut gedeihen. Doch was tun mit den Bruderhähnen? «Konsumentinnen und Konsumenten haben gefordert, dass Bruderhähne nicht mehr zu Biomasse verarbeitet werden, dann müssten sie das Fleisch der Bruderhähne jetzt auch konsumieren», hält Markus Schütz unmissverständlich fest. Ein Fleisch, das auf dem Schütz-Hof jetzt unter dem Label «Güggelglück» angeboten wird. «Es ist ein sehr schmackhaftes Fleisch, das wie handelsübliches Pouletfleisch gebraten werden kann», verrät Barbara Schütz.

Degustation am ersten Verkaufstag

Und weil die Kundschaft nicht die Katze – oder den Güggel – im Sack kaufen soll, bieten Barbara und Markus Schütz ihr «Güggelglück»-Fleisch am ersten Verkaufstag (Samstag, 6. Mai, 11 bis 16 Uhr) gleich auch zur Degustation an. Ein grosses Augen­merk wollen die beiden aber auf eine umfassende Information über den Wandel in der Geflügelfleisch- und Eiproduktion legen. «Als Landwirte stehen wir in der Verantwortung, unseren Kundinnen und Kunden zu erklären, wie wir diesen Wandel auf unserem Hof umsetzen», betonen sie. Deshalb machen die beiden am ersten Verkaufstag mit Absicht auch kein «Güggelifest». «Wir wollen informieren und verkaufen», betonen sie. Ein Fest lasse sich allenfalls auch zu einem späteren Zeitpunkt noch umsetzen.

Ob die Kundschaft mitmachen wird? Nach langem Zögern sagt Barbara Schütz: «Wir hängen völlig in der Luft, was den Absatz betrifft. Wir lassen es einfach mal auf uns zukommen!» Die Zeit sei jetzt reif für diese Veränderungen, fügt Markus Schütz an, auch wenn Bio­suisse das Töten der Bruder­hähne erst ab 1. Januar 2026 verbieten wolle. «Warum soll man jetzt noch zuwarten, wenn man die unseligen Zustände heute schon ändern kann?», fragt er rhetorisch.

Und gut zu wissen: Auch wenn am Aeschwuhrweg noch bis Juli gebaut wird, am Wochenende ist der Schütz-Hof nicht nur von Rothrister und Strengelbacher Seite her erreichbar, eine Zufahrt ist auch von der Wiggertalstrasse her möglich.

Achtsamer Umgang mit den Ressourcen

Ja, die Bauarbeiten: Mehr als die Hälfte ihrer Hofladen-Kundschaft ist wegen der lang andauernden Bauarbeiten in letzter Zeit dem Schütz-Hof ferngeblieben. Jammern mögen Barbara und Markus Schütz deswegen nicht. «Es gibt keine Probleme, es gibt nur Lösungen», sagt Barbara Schütz. So haben sie auf ihrem Hof auch zwei neue Silos erstellen lassen. «Mit dem Ziel, dass ein grosser Teil des Getreides, welches wir als Futter für unser Geflügel anbauen, nicht mehr vom Hof wegmuss», erklärt Markus Schütz. So schliesst sich ein weiterer Kreislauf auf dem Schütz-Hof. Ein Kreislauf, bei dem die Anzahl Tiere auf die Betriebsfläche abgestimmt ist, was wiederum einen nachhaltigen Kreislauf mit Futter für die Tiere einerseits und Nährstoffe für die Pflanzen anderseits garantiert. Ein Arbeiten im Einklang mit der Natur seit mehr als 100 Jahren, dem die Familie bereits in vierter Generation nachlebt.