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Nach dem Untergang der Credit Suisse: Karin Keller-Sutter stellt neue Regeln für Grossbanken vor

Der Bundesrat will das Regelwerk für systemrelevante Banken anpassen. Am Mittwoch präsentiert Finanzministerin Karin-Keller Sutter ein Paket aus 29 Massnahmen. Sie sollen eine erneute Krise möglichst verhindern und die Behörden im Falle einer Krise stärken.

Am Mittwoch hat der Bundesrat seinen lange erwarteten Bericht zum Thema Bankenstabilität publiziert. Er skizziert darin, wie die Regulierungen für systemrelevante Banken als Reaktion auf die per Notrecht und mit Bundesgarantien orchestrierte Übernahme der Credit Suisse durch die UBS angepasst werden sollen.

Die Landesregierung schlägt ein Paket von 29 Massnahmen vor. 22 davon sollen direkt umgesetzt werden, neun weitere sollen vertieft geprüft werden. Mit diesem Paket soll die Wahrscheinlichkeit deutlich reduziert werden, dass erneut eine systemrelevante Schweizer Bank in die Krise gerät und staatliche Notmassnahmen nötig werden.

Im Falle einer Krise soll eine ordentliche Abwicklung – auf die im Fall der Credit Suisse zugunsten einer Notfusion mit der UBS verzichtet worden ist – als «glaubwürdige Option gesichert sein». Damit will der Bundesrat die Risiken und Kosten für Staat, Volkswirtschaft und die Steuerzahlenden minimieren.

Zu den systemrelevanten Banken zählt die Schweizerische Nationalbank neben der UBS auch die Raiffeisen, die Postfinance und die Zürcher Kantonalbank (ZKB). Ein Teil der angestrebten Regeln würde nur die UBS als einzig verbleibende international tätige Grossbank, ein anderer Teil die vier genannten Institute, einzelne Regeln würden alle Banken betreffen.

Das vorgeschlagene Massnahmenpaket gliedert sich in drei Aspekte. Einerseits soll die Prävention gestärkt werden, um die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, dass eine Grossbank in eine kritische Lage gerät.

Zweitens soll die Liquidität gestärkt werden, damit eine Bank in einer Krise über ausreichend liquide Mittel verfügt oder wenn notwendig durch Nationalbank und Staat mit Liquidität versorgt werden kann.

Drittens soll das in einer Krise zur Verfügung stehende Instrumentarium verbessert werden. Dies betrifft insbesondere die Pläne für eine Abwicklung sowie die verbesserte Zusammenarbeit der Behörden im Falle einer Krise.

Für die Ausarbeitung konkret ausformulierter Vorschläge auf Verordnungs- und Gesetzesebene will der Bundesrat die Erkenntnisse aus dem Schlussbericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) abwarten. Dieser wird Ende 2024 erwartet. Im ersten Quartal 2025 soll das zuständige Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) dem Bundesrat konkrete Vorschläge unterbreiten. Bis diese in Kraft treten, dürfte es 2026 werden, bei Gesetzesänderungen kann es auch bis 2027 oder 2029 dauern.

Die drei Teile des Pakets im Detail:

Prävention stärken – Eigenkapital:Die Anforderungen für systemrelevante Banken bezüglich Eigenkapital sollen «gezielt und qualitativ gestärkt werden». Insbesondere sollen Beteiligungen an ausländischen Tochtergesellschaften mit deutlich mehr Eigenkapital unterlegt werden müssen. Die generellen Eigenkapitalanforderungen haben bereits heute eine progressive Komponente, das heisst, sie sind umso höher, je grösser eine Bank und ihr Marktanteil ist. Nach dem Zusammenschluss mit der CS hat die UBS bis 2030 Zeit, ihre Eigenkapitalquote auf rund 10 Prozent anzuheben. Ausserdem soll die Finma die für einzelne Banken spezifischen Eigenkapitalzuschläge aufgrund der Ergebnisse von Stresstests und laufender Aufsicht regelmässig neu festlegen.

Prävention stärken – Unternehmensführung:Der Bundesrat will von den systemrelevanten Grossbanken eine gute Unternehmensführung (Corporate Governance) und ein verantwortungsvolleres Risikomanagement. Dafür soll die Finanzmarktaufsicht Finma neue Kompetenzen erhalten. Unter anderem sollen mithilfe eines Senior Manager Regime die Verantwortlichkeiten eindeutig einzelnen Individuen in Geschäftsführung und Verwaltungsräten zugeordnet werden. Sie sollen bei Missmanagement zur Verantwortung gezogen werden können, etwa mit Berufsverboten. Eine Bussenkompetenz der Finma will der Bundesrat hingegen lediglich prüfen. Verzichtet werden soll auf eine Deckelung von Boni oder Gesamtlöhnen. Hingegen sollen variable Vergütungen (Boni) auf langfristigen wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet werden und bei Missmanagement gestrichen werden – und zwar auch rückwirkend, wenn sie schon ausbezahlt worden sind.

Liquidität stärken:Hier verweist der Bericht auf die bereits per 1. Januar 2024 eingeführten neuen Regeln zur Stärkung der bankeigenen Liquiditätshaltung. Diese von der Finma festgelegten institutsspezifischen Zuschläge bedeuteten eine «substanzielle Erhöhung der Liquiditätsanforderungen». Zudem soll im Rahmen eines parlamentarischen Postulats das Instrument der Liquiditätsversorgung durch die Nationalbank im Krisenfall überprüft und allenfalls präzisiert und erweitert werden. Die staatliche Liquiditätssicherung (Public Liquidity Backstop, PLB), hat der Bundesrat bei der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS per Notrecht eingesetzt. Unterdessen hat er einen Gesetzesvorschlag zur Überführung ins ordentliche Recht ans Parlament überwiesen.

Kriseninstrumentarium erweitern – Behörden stärken:Sollte eine systemrelevante Bank in eine Krise geraten, sollen die Rollen und Verantwortlichkeiten der Behörden (Finma, SNB, Finanzdepartement) geschärft und die Zusammenarbeit und Entscheidfindung verbessert werden.

Kriseninstrumentarium erweitern – Abwicklung ermöglichen:Eine ordentliche Abwicklung einer in die Krise geratenen Bank soll als glaubhafte Alternative möglich sein. Dafür sollen die zur Verfügung stehenden Optionen erweitert und auf verschiedene Krisenszenarien zugeschnitten werden. Eine Einschränkung von Geldabhebungen zum Verhindern von Liquiditätsabfluss («Bank Run») lehnt der Bundesrat ab. Dies wäre in seinen Augen ein zu starker Eingriff in die Bezugsmöglichkeiten der Bankkundschaft und ins Geschäftsmodell der Banken.