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Senior bestreitet Fahrerflucht nach Parkplatzschaden: «Ich werde nichts bezahlen, eher gehe ich in die ‹Kiste›»

Ein 79-Jähriger wehrte sich vor dem Bezirksgericht Baden gegen eine 400-Franken-Busse: Er soll auf einem öffentlichen Parkplatz ein anderes Auto touchiert haben und danach davon gefahren sein. An der Verhandlung brachte er die Partnerin des Geschädigten und deren Auto ins Spiel.

Es gehe ihm nicht gut, erklärte der Beschuldigte auf die Frage von Gerichtspräsident Christian Bolleter nach seiner Befindlichkeit. «Ich schlafe schlecht. Die 400 Franken Busse liegen mir auf dem Magen.» Zur Busse summierten sich im Strafbefehl allerdings noch Kosten von 1237 Franken. Der Strafbefehl war dem 79-jährigen Rentner ins Haus geflattert wegen pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall; mangelnder Aufmerksamkeit beim Manövrieren sowie wegen Nichtbeherrschen des Fahrzeugs.

Gemäss Staatsanwaltschaft hatte er beim Einparken auf einem öffentlichen Parkplatz mit seinem Toyota einen dort parkierten Mercedes touchiert und sich – ohne den Geschädigten zu benachrichtigen oder die Polizei zu verständigen – entfernt. Weil der Rentner Einsprache gegen den Strafbefehl erhob, landete die Angelegenheit vor dem Bezirksgericht Baden.

Er sei zu seinem Auto gekommen und habe gesehen, dass es hinten einen Kratzer aufwies, erklärte der Halter des Mercedes vor Gericht als Zeuge. Er habe daraufhin das neben seinem Wagen stehende Auto angeschaut und dort ebenfalls Kratzer festgestellt. Er habe einen Meter geholt und nachgemessen und dann einen Zettel ans Auto des Beschuldigten gehängt.

«Eigentlich handelte es sich um einen kleinen Schaden im Betrag von 840 Franken», so der Zeuge. «Ich wollte das gütlich regeln. Das war aber nicht möglich. Die Polizei hat dann den Schaden aufgenommen und mit beiden Parteien gesprochen. Weiter weiss ich nichts.»

Auf die Feststellung des Richters, dass ein Forensisches Institut zum Schluss gekommen sei, dass von einem Spurenübertrag vom Fahrzeug des Beschuldigten auf das Fahrzeug des Geschädigten auszugehen sei, meinte der Zeuge: «Es kann sich nicht anders angespielt haben.» Zudem habe seine Partnerin, die sich in ihrem Auto ebenfalls auf dem Parkplatz befunden habe, gesagt, dass jemand rassig auf den Parkplatz gefahren sei.

Rentner übergab eigene Bilder an das Gericht

«Ich stehe zu meinen Aussagen und bestreite, der Verursacher des Schadens zu sein», erklärte der Beschuldigte. Er sei nicht einverstanden mit den Aussagen des Zeugen. «Es kann nicht sein, dass es so abgelaufen ist, wie er sagt.» Er habe den Geschädigten angerufen und gesagt, dass er die Polizei kommen lassen solle. Sein Auto habe schön in der Mitte des Parkfeldes gestanden. Man könne an der fraglichen Stelle zudem gar nicht rassig fahren.

Und der Schaden an seinem Auto sei älter und habe nichts mit dem Vorfall zu tun. «Ich habe zuerst gar nicht parkieren können, weil da eine Frau mit ihrem Audi stand. Sie hatte schräg parkiert, brauchte zwei Parkplätze und bückte sich hinten zum Auto des Geschädigten hinunter. Ich habe mir dabei vorerst nichts gedacht.» Später habe er zufällig erfahren, dass es sich bei der Frau um die Partnerin des Geschädigten gehandelt habe.

Er habe den Audi der Frau, der die gleiche Farbe aufweise wie sein Toyota, angeschaut und Fotos gemacht. «Ich will kein grosses Theater machen», versicherte er und präsentierte das Mobiltelefon, worauf sich Richter und Gerichtsschreiber über das Gerät aus der Vor-Smartphone-Zeit beugten. Es gelang dann auch, die fraglichen Bilder vom Handy herunterzuladen, um sie zu den Akten zu nehmen.

«Ich möchte, dass ich freigesprochen werde», erklärte der Beschuldigte in seinem Plädoyer in eigener Sache. «Am meisten stört mich der Vorwurf, dass ich einfach weggefahren sei. Ich werde nichts bezahlen. Eher gehe ich in die ‹Kiste›. Ich weiss, dass ich nicht auf dieses Auto aufgefahren bin.»

Das Gericht sprach den Rentner von Schuld und Strafe frei. «Es gibt viele Aussagen, Fotos und den Bericht des Forensischen Instituts», so Richter Christian Bolleter. «Neu sind für uns die Fotos des Audi. Beweismässig sind wir nicht an jenem Punkt angelangt, der für einen Schuldspruch erforderlich ist. Daher der Freispruch.» Der Rentner meinte dazu erleichtert: «Jetzt kann ich wieder ruhig schlafen.»