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«Die russischen Bauern haben eine andere Sicht»: Zwei Aargauer Landwirte berichten über ihre Verbindung zu Russland und zur Ukraine

SVP-Grossrat Christoph Hagenbuch war mehrmals in Russland zu Ausbildungseinsätzen. Alt Einwohnerrat Ruedi Donat hat Agronomen aus der Ukraine bei sich auf dem Hof in Wohlen empfangen. Beide haben versucht, mit Leuten im Krisengebiet Kontakt aufzunehmen.

Christoph Hagenbuch, Landwirt und SVP-Grossrat aus Oberlunkhofen, war schon mehrmals in Russland, etwa in Perlevka, Oblast und Woronesch. Er hat 2008 bis 2012 verschiedene Arbeitseinsätze geleistet, unter anderem auf einem Grossbetrieb. «Angebaut wurden hauptsächlich Kartoffeln, ich habe dort Leute im Bereich Technik und Anbau ausgebildet und die Feldarbeiten geplant», beschreibt Hagenbuch seine Tätigkeit.

Er habe auch heute noch zu ein paar Landwirten in Russland Kontakt. «Ich habe gefragt, wie es ihnen gehe», erzählt Hagenbuch. Obwohl sie relativ nahe der ukrainischen Grenze seien, gehe es ihnen gut. «Sie sehen die ganze Lage etwas anders als die Leute hier im Westen. Für die Menschen auf dem Land geht das Leben weiter, Zugang zu den nötigen Produktionsmitteln wie Diesel, Dünger und Pflanzenschutzmittel haben sie zur Zeit.»

Schweiz importiert kaum Weizen aus der Ukraine

Ändert sich für die Schweiz etwas, weil die Ukraine, die Kornkammer Europas, keinen Weizen mehr exportieren kann? «In der Schweiz importieren wir fast keinen Weizen aus der Ukraine oder Russland, wir werden also diesbezüglich kein Problem haben», sagt Hagenbuch. Dies betreffe Länder im Nahen Osten und in Nordafrika viel stärker. Die Schweiz importiert Weizen hauptsächlich aus Frankreich und Deutschland.

Dementsprechend sei ihm auch nicht bekannt, dass Betriebe hierzulande ihre Produktion umstellen würden, erklärt Hagenbuch. «Schweizer Bauern machen immer das, was der Markt verlangt.» Wenn die Bevölkerung wünsche, dass die Schweiz wieder mehr selber produziere, um weniger von Importen abhängig zu sein, dann sei das durchaus möglich. «Um die Produktion zu steigern, nützt es aber wenig, wenn wir heute extensiv bewirtschaftete Flächen intensivieren», sagt Hagenbuch.

Einen grösseren Effekt hätte man seiner Meinung nach mit der Zulassung neuer Pflanzenschutzmittel sowie der Reaktivierung von Pflanzenschutzmitteln, die in den letzten Jahren ihre Zulassung verloren haben. «Das würde neben einer Steigerung der Produktion auch eine Sicherung der Produktion in agronomisch schwierigen Jahren bewirken.»

Die Gesellschaft müsse sich also zwischen mehr Umweltschutz und einer höheren Produktivität entscheiden, erklärt Hagenbuch. «Man muss dazu aber auch bedenken, dass wir jedes Kilogramm Weizen, das wir nicht selber produzieren, importieren und damit einem ärmeren Land wegkaufen.»

Die aktuellen Bestrebungen der FDP und der Umweltverbände, zusätzliche 1000 Hektaren bester Ackerböden zu extensivieren, seien nicht nachhaltig, findet Hagenbuch. «Das führt zu noch mehr Hunger auf dieser Welt und ist nicht sozial.» Er spielt auf die angekündigte Gewässer-Initiative der Umweltverbände für mehr Biodiversität und den Vorstoss der FDP an, der neue Feuchtgebiete von mindestens 1000 Hektaren im kantonalen Richtplan fordert.

Ukraine-Flagge als Zeichen der Solidarität

Ruedi Donat, Landwirt aus Wohlen und ehemaliger Gemeinderat und Grossrat für die CVP, hat ebenfalls einen persönlichen Bezugspunkt zum Kriegsgeschehen, allerdings zur Ukraine. «Wir hatten sechs Jahre lang Praktikanten von einer dortigen Hochschule», erklärt Donat, der vor seinem Hof als Zeichen der Solidarität die ukrainische Flagge gehisst hat. Es sei für ihn ein Schock gewesen, als der Krieg ausbrach. «Ich hätte nie gedacht, dass Putin sich das anmasst.»

Es sei schon länger her, seit die letzten Agronomen ihren Auslandaufenthalt auf dem Wohler Hof absolviert haben, nämlich 2008, erzählt Donat. Trotzdem habe er versucht, Kontakt aufzunehmen. «Leider war es uns aber nicht möglich.»

Donat war selbst auch in der Ukraine, er konnte jene Hochschule besuchen, die Praktikanten zu ihm in die Schweiz schickte. «Ein wunderschönes Land und sehr fruchtbar – es wird nicht umsonst die Kornkammer Europas genannt.»

Die Ukraine-Flaggen als Zeichen der Solidarität sind derzeit sehr beliebt. Auch alt Gemeinderat Bruno Breitschmied schreibt zu Donats Post, er habe sich eine solche am Fenster aufgehängt. Und die Wohler Firma Alpenfahnen wird mit entsprechenden Bestellungen eingedeckt.

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