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Nun gehen Landwirte auch in der Schweiz auf die Strasse – sie fordern bessere Preise und mehr Anerkennung

Nach den teils heftigen Bauernprotesten in Deutschland und Frankreich machen am Samstag auch in der Schweiz Bauern auf ihre Anliegen aufmerksam. Landwirtschaftsminister Guy Parmelin zeigt Verständnis – und nimmt den Detailhandel in die Pflicht.

Die Bilder aus Deutschland und wenige Tage später aus Frankreich, Belgien und Griechenland sorgten für Aufsehen: Tausende Landwirte gingen auf die Strasse, blockierten mit ihren Traktoren viel befahrene Strassen und versammelten sich vor Regierungsgebäuden, um ihrem Unmut gegenüber der Agrarpolitik Luft zu machen.

Die Ursachen für die aufgeheizte Stimmung und die tagelangen, teils aggressiven Proteste sind zwar nicht in allen Ländern exakt dieselben. Doch sie ähneln sich – und verstärken den generellen Unmut der Bauern. In Deutschland wehren sich die Landwirte gegen Sparpläne der Bundesregierung, in Frankreich klagen sie über zu tiefe Preise, zu viel Bürokratie und zu hohe Umweltvorschriften.

In der Schweiz haben die Landwirte den Protesten in den Nachbarländern bis anhin lediglich zugeschaut. Bauernverbandspräsident Markus Ritter zeigte zwar Verständnis für den «Frust der europäischen Kolleginnen und Kollegen». Doch im Unterschied zu anderen Ländern würden in der Schweiz die Anliegen der Landwirtschaft im Parlament oft Gehör finden.

Bauernproteste erreichen die Schweiz

Und dennoch: Am Samstag fanden erstmals auch an mehreren Orten in der Schweiz Protestaktionen statt – anders als in Frankreich und Deutschland verliefen die Kundgebungen allerdings friedlich. In Genf etwa versammelten sich am Samstagmorgen gemäss Angaben der Nachrichtenagentur Keystone-SDA rund 30 Bauern, begleitet von mehr als 200 Menschen, um für eine gerechte Entlöhnung ihrer Arbeit zu protestieren. In der Kritik standen vor allem die Grossverteiler und ihre Gewinnmargen. Organisiert wurde die Kundgebung von der Bauerngewerkschaft Uniterre.

«Keine Bauern, nichts zu beissen»: Der Traktorkonvoi fährt durch die Stadt Genf.
Bild: Martial Trezzini/Keystone

Am selben Tag kam es auch in der Nordwestschweiz zu Protestfahrten. Mehr als 60 Landwirte beteiligten sich an einer Fahrt vom Baselbiet via Solothurn in den Kanton Aargau – dazwischen stoppten die Beteiligten an mehreren Orten, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Wie Mitorganisator Christoph Schmutz gegenüber TeleM1 ausführt, würden sich die Bauern dafür einsetzen, dass es «nicht immer mehr Umweltauflagen» gebe, für welche die Bauern nicht bezahlt würden. Zudem brauche es «faire Preise für landwirtschaftliche Produkte und eine Anerkennung der Bevölkerung für unsere Arbeit».

Tausende fordern mehr Anerkennung und bessere Preise

Dass sich Ärger und Frust der Landwirte nicht nur in Deutschland und Frankreich erkennbar machen, zeigt auch eine Aktion des Schweizer Bauernverbands. Dieser hat am vergangenen Dienstag zusammen mit der Westschweizer Bauernorganisation Agora eine Petition lanciert, welche unterdessen bereits von über 35’000 Personen unterzeichnet wurde. Gemäss Petitionstext führt die «mangelnde Anerkennung der geleisteten Arbeit und der unternommenen Anstrengungen zu einer verständlichen Verdrossenheit der Bauernbetriebe».

Die Unterzeichnenden fordern eine bessere Anerkennung der erbrachten Leistungen, keine Sparprogramme für die Landwirtschaft und keine neuen Umweltauflagen, die nicht entschädigt sind. Zudem soll die Preisbildung auf den «effektiven Kosten» basieren – nötig sei eine Steigerung der Produzentenpreise in diesem Jahr «um mindestens 5 bis 10 Prozent».

Auch Landwirtschaftsminister Guy Parmelin äusserte zuletzt Verständnis für die Situation der Bauern. Gegenüber RTS sagte Parmelin, dass nicht nur der Kostendruck gestiegen sei, sondern auch die administrativen Aufgaben zugenommen hätten. Er wolle sich dafür einsetzen, die Agrarpolitik so stark als möglich zu vereinfachen. In der Pflicht sieht der gelernte Weinbauer auch den Detailhandel. Statt ständig auf die Produzentenpreise der Bauern zu drücken oder steigende Preise vollständig an die Konsumenten weiterzugeben, müsse sich auch «in der Mitte der Wertschöpfungskette», also beim Handel, etwas ändern.

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