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Velofahrer erleidet wegen Schäferhund Knochenbrüche – wer muss eigentlich auf wen Rücksicht nehmen?

Ein Velorennfahrer verunfallte, weil ein Hund auf die Strasse sprang und er nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte. Dass die AZ über den Fall berichtet hat, rief Reaktionen hervor – ein Hundetrainer kritisiert den Entscheid der Justiz.

Im August verunfallte ein Rennvelofahrer: Ein Schäferhund sprang auf die Strasse, weil er zurück zu seinem Frauchen wollte, der Fahrradfahrer bremste und stürzte, brach sich mehrere Knochen. Die Hundehalterin wurde gebüsst, weil sie dafür verantwortlich ist, dass ihr Hund Menschen und Tiere nicht gefährdet und nicht unbeaufsichtigt herumläuft. Die AZ berichtete am Montag über den Fall.

Roman Huber ist Hundetrainer und ehemaliger Redaktor des «Badener Tagblatts». Er ist der Meinung, die Frau habe sich nicht falsch verhalten. «Es herrscht dort keine Leinenpflicht und der Hund war beaufsichtigt – er wollte ja zu seiner Besitzerin zurück.» Huber betont, es gebe zwar viele anständige Velofahrer. «Doch leider steigt die Zahl derer, die sich rücksichtslos verhalten, unentwegt an.» Der im Artikel geschilderte Vorfall, beziehungsweise der Beamtenentscheid, «mutmasslich von einem Hunde hassenden Zweiradraser getroffen», fördere diese traurige Entwicklung.

«Dass die Hundehalterin Busse, Strafbefehlsgebühren und Polizeikosten bezahlen muss, spottet darum jeglicher Logik und Vernunft und wird hoffentlich von der Hundehalterin gerichtlich angefochten», sagt Huber. «Ich kenne vernünftige Entscheide, die ganz anders lauten – und aus denen auch der betroffene Velofahrer etwas gelernt hat.»

Huber: «Der Stärkere muss Rücksicht nehmen»

Huber fuhr selbst 50 Jahre lang mit dem Velo zur Schule und an den Arbeitsplatz und war in der Freizeit oft mit Mountain- oder Rennbike unterwegs. «Dabei nahm ich auf Igel, Hunde, Katzen und Kinder wie auf Reiter und Spaziergänger stets Rücksicht, kündigte mich von weitem an, bremste und stieg bei nervösen Pferden von hinten kommend sogar vom Rad», erzählt Huber.

«Auf dem Trottoir und auf Gehwegen entlang von Strassen gehört ein Hund an die Seite des Halters und kleine Kinder zu den Eltern», sagt der Hunde-Experte. Auf Verkehrsflächen mit Mischverkehr, auf Wegen in der Natur, Spazierrouten, gelte dagegen die eiserne Regel, dass der Stärkere und der von hinten nahende Verkehrsteilnehmer Rücksicht nehme, sich ankündige und abbremse. Auch Rennvelo- und E-Bike-Fahrer müssten sich entsprechend verhalten, erklärt Huber.

Velofahrer: «Es war ein unglücklicher Zufall»

Der verunfallte Velofahrer hat sich im Artikel erkannt und sich ebenfalls bei uns gemeldet. Er habe auch einen Strafbefehl erhalten, sei aber aufgrund der Kosten, die ihm wegen des Unfalls entstanden sind, nicht noch zusätzlich gebüsst worden. Der Unfall sei ein unglücklicher Zufall gewesen. «Es geht dort ziemlich bergab, der Hund tauchte sehr plötzlich auf, da konnte ich nicht mehr bremsen.» Er habe deswegen aber keinen Streit mit der Hundehalterin.

Auch Corina Winkler, Mediensprecherin der Kantonspolizei Aargau, betont die gegenseitige Rücksichtnahme. «Velofahrer und Hundehalter haben eine Vorsichtspflicht.» Wer strafrechtlich belangt werde, hänge vom Einzelfall ab. Wichtig sei, dass sich Velofahrer frühzeitig bemerkbar machen würden, sodass Hundehalter auch Zeit haben, um zu reagieren. Besondere Vorsicht sei geboten, wenn der Hund an einer Auszugsleine geführt werde, weil diese besonders lang und schlecht sichtbar sei.